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INTERNATIONAL/121: Myanmar - Nach Reformen droht wieder Pressezensur (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. August 2013

Myanmar: Nach Reformen droht wieder Pressezensur - Regierung will Kontrollen verschärfen

von Roger Hamilton-Martin



New York, 29. August (IPS) - Ein Jahr nach der Abschaffung von Gesetzen, die den Medien in Myanmar einen Maulkorb angelegt hatten, droht eine geplante Neuregelung der Zensur wieder Vorschub zu leisten.

Als die Partei 'Union, Solidarität und Entwicklung' von Staatschef Thein Sein die letzten Pressezensurmaßnahmen im August 2012 aufhob, freuten sich viele Menschen in dem südostasiatischen Land auf eine neue Ära freier Meinungsäußerung. Mehr als ein halbes Jahrhundert lang waren die Journalisten im ehemaligen Burma in ihrer Arbeit erheblich eingeschränkt worden.

Viele Berichterstatter wollen auch jetzt noch nicht an eine durchgreifende Medienreform glauben. Die Skepsis scheint angebracht, denn das bereits in der unteren Parlamentskammer verabschiedete Gesetz gäbe laut seinen Kritikern dem Informationsministerium weitreichende Vollmachten, um Publikationsgenehmigungen zu widerrufen.

Das Journalisten-Netzwerk in Myanmar (MJN) setzt sich vehement gegen die Gesetzespläne zur Wehr. Sein Vorsitzender Myint Kyaw erklärte, besonders umstritten sei der Plan, die Medienlizenzen über einen von dem Ministerium beauftragten Beamten erteilen zu lassen. Damit verbliebe die Kontrolle allein in der Hand der Regierung, die die Presse früher dadurch unter Druck setzte, dass sie jederzeit die Lizenzen zurückziehen konnte.


Gefahr der Selbstzensur

Eine solche Möglichkeit führe zusammen mit der Androhung von Haft und Gewalt zur Selbstzensur, vor allem dann, wenn es um das Militär oder die Bestechlichkeit früherer Diktatoren und ihrer Familien gehe, meinte Myint Kyaw. Stattdessen wäre ein Gesetz vonnöten, das den freien Zugang zu Informationen regele und Reportern in Konfliktgebieten Schutz zusichere. Anfang August hatte das Netzwerk in der früheren Hauptstadt Yangon Tausende Unterschriften für eine Petition gegen die Gesetzespläne gesammelt.

Viele Menschenrechtsgruppen bleiben bei ihrer Kritik an der Haltung der politischen Führung in Myanmar zu den Medien. Erst im Juni hatte die Regierung die Verbreitung einer Nummer des US-amerikanischen 'Time Magazine' verboten, nachdem dort ein Bericht über die radikale Bewegung 'Buddha 969' erschienen war.

"Die Entscheidung, das Heft zu verbieten, ist skandalös und zeigt, dass die offizielle Zensur im Land wieder auf dem Vormarsch ist", sagte David Mathieson von 'Human Rights Watch'. "Das ist überhaupt keine Überraschung, weil die Regierung größtenteils aus den selben Personen besteht, die bereits vor 2011 an der Macht waren", erklärte Benjamin Ismaïl von 'Reporter ohne Grenzen'.

Die Weltkulturorganisation UNESCO legte hingegen keinen Protest gegen diese Form der Zensur ein. Man wolle zwar die Entwicklung unabhängiger Medien fördern, hieß es, doch beschränke man sich auf Aktivitäten, die auf den Schutz der Journalisten abzielten.

Der Übergangs-Presserat in Myanmar, der von der Regierung eingesetzt wurde, hat einen eigenen Gesetzentwurf in das Parlament eingebracht. 17 Empfehlungen, die dort aufgeführt werden, wurden aber vom Informationsministerium angefochten.

Obwohl in Myanmar die Pressefreiheit in der Verfassung verankert ist, sah die Realität bisher anders aus. Seit dem Staatsstreich von Ne Win 1962 wurde bis August 2012 eine strenge Kontrolle ausgeübt. Die Zensur nahm in diesen 50 Jahren solche Ausmaße an, dass viele Zeitungen im Land nicht über Myanmar berichten konnten und daher in andere Staaten umziehen mussten.


Unabhängige Medien im Exil gegründet

Exilanten gründeten zudem Titel im Ausland. Die Demokratische Stimme Burmas (DVB) wurde 1992 in Norwegen ins Leben gerufen, um der "einseitigen Propaganda" der Militärregierung entgegenzuwirken, wie Chefredakteur Aye Chan Naing erklärte. "Alle Publikationen, private Zeitungen und Magazine, Kunst, Musik, Film und Fernsehprogramme werden heftig von der Regierung zensiert. Wir wollen gegensteuern, indem wir unabhängige Nachrichten verbreiten."

In Myanmar kann es gefährlich werden, eine eigene Meinung zu äußern. Zwischen 2007 und Anfang 2012 wurden 17 Reporter der Demokratischen Stimme Burmas inhaftiert. Als sich das Land auf Reformkurs begab, bemühte sich DVB um eine Rückkehr. Inzwischen ist die Demokratische Stimme offiziell als Medium in Myanmar registriert und hat ein Büro im Land. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://english.dvb.no/
http://www.ipsnews.net/2013/08/censorship-threatens-to-re-emerge-in-myanmar/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 29. August 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. August 2013