Schattenblick → INFOPOOL → MEDIEN → FAKTEN


INTERNATIONAL/162: Burundi - Übergriffe auf die Medien nach misslungenem Putsch (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. Mai 2015

Burundi: Übergriffe auf die Medien nach misslungenem Putsch

von Lisa Vives


Bild: © UN

UN-Mitarbeiter beim Empfang von burundischen Flüchtlingen in Tansania
Bild: © UN

NEW YORK (IPS) - Seit es dem burundischen Staatschef Pierre Nkuruziza mit knapper Not gelungen ist, seine Absetzung zu vereiteln, sind Medien, die ausführlich über den Putschversuch und die bürgerlichen Proteste gegen eine dritte Amtszeit des Präsidenten berichtet hatten, zur Zielscheibe von Gewalt und Drohungen geworden.

Nkuruziza hatte in Tansania an einem Treffen ostafrikanischer Führer teilgenommen, als er von seiner unmittelbar bevorstehenden Absetzung und der Flucht tausender Burundier erfuhr. Nach seiner Rückkehr nach Burundi am 14. Mai konnte er die Macht systematisch zurückerlangen und die für den Putschversuch verantwortlichen Militärs zur Aufgabe zwingen.

Seither sind kritische Medien ins Visier gewalttätiger Übergriffe geraten, wie das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) berichtet. "In den letzten Tagen wurden im Zuge der Gewalt, die mit dem versuchten Staatsstreich in der Hauptstadt Bujumbura zusammenhängt, fünf Radiostationen angegriffen", so das CPJ in einer Mitteilung. Zudem hätten Drohungen eine Zeitung zu einem Veröffentlichungsstopp gezwungen.

Am 14. Mai hatten Unbekannte die Privatsender 'Bonesha FM', 'Renaissance Radio and Television', 'Radio Isanganiro' und 'African Public Radio' mit Handgranaten attackiert. Am gleichen Tag brannten die Räume von 'African Public Radio' nach einem Granateneinschlag aus.

Die Koordinatorin des CPJ-Afrika-Programms, Sue Valentine, forderte die Behörden und Bürger Burundis auf, die wichtige Rolle von Journalisten und Medien anzuerkennen und zu respektieren. Ein ununterbrochener Informationsfluss sei gerade in schwierigen Zeiten unverzichtbar. "Medienorgane anzugreifen, ist nie eine Lösung. Dies gilt umso mehr, als dass die Bürger wissen müssen, was um sie herum geschieht. Und die Machthabenden sollten genau zuhören, was ihnen die Bürger zu sagen haben."


Radios sind wichtigste Informationsquelle

In Burundi, wo nach Angaben der Internationalen Fernmeldeunion im Jahr 2013 gerade einmal 1,3 Prozent der Bevölkerung Zugang zum Internet hatten, ist das Radio die wichtigste Informationsquelle.

Inzwischen wurden die für den 26. Mai anberaumten Wahlen auf internationalen Druck hin um eine Woche auf den 2. Juni verschoben. Der Urnengang soll dem Staatpräsidenten eine dritte - und verfassungswidrige - Amtszeit sichern. Nkuruzizas Ankündigung seiner dritten Kandidatur hatte die Proteste im April erst ausgelöst. Seither sind mehr als 20 Menschen getötet und 50.000 in die Flucht getrieben worden.

Vor dem Putschversuch hatte die ostafrikanische Menschenrechtsorganisation 'Human Rights Defenders Working in the Context of Elections' in einem Bericht mit dem Titel '2015: Burundi at a Turning Point', gewarnt, dass das Land erneut an einem Scheideweg zwischen Krieg und Frieden angelangt sein könnte. Menschenrechtsaktivisten würden im Vorfeld der Wahlen schikaniert, eingeschüchtert und bedroht, hieß es. Zudem nähmen Übergriffe auf Oppositionelle zu, die Versammlungsfreiheit sei abgeschafft. Selbst das Joggen in Gruppen, eine beliebte Freizeitbeschäftigung der Burundier, sei aus Angst, die Läufer könnten den Aufstand proben, verboten.


Rückfall in die Repression befürchtet

Schwere Menschenrechtsverletzungen in den 1980er und 1990er Jahren hatten Burundi den Ruf eines Polizeistaats eingebracht. Mehr als zehn Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs 2003 ist die Sorge groß, dass das ostafrikanische Land erneut Gefahr läuft, in Gewalt und Repression zu versinken. Der mehr als zehnjährige Konflikt zwischen Tutsi-dominierter Armee und Hutu-Rebellen, der nach dem Tod des ersten demokratisch gewählten Präsidenten im Jahre 1993 seinen Anfang nahm, kostete 300.000 Menschen das Leben.

Präsident Nkuruziza, ein ehemaliger Hutu-Rebellenführer, hat derweil in seiner ersten öffentlichen Ansprache nach dem Scheitern des Staatsstreichs die Demonstranten vor einer Fortsetzung ihrer Proteste gegen seine dritte Kandidatur gewarnt. "Ich rufe alle Burundier auf, die Ruhe zu bewahren", schrieb er in einem Twitter-Eintrag. "Die Lage ist unter Kontrolle." (Ende/IPS/kb/21.05.2015)


Links:

http://www.ipsnews.net/2015/05/burundi-leader-stifling-attempted-coup-cracks-down-on-media/
http://www.news.ipsnews.de/index.php/2-news/159-burundi-rueckfall-in-die-repression

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 21. Mai 2015
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang