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PREIS/1953: Wissenschaft prämiert Afrika-Journalismus - BIGSAS Journalistenpreis 2013 (idw)


Universität Bayreuth - 18.07.2013

Wissenschaft prämiert Afrika-Journalismus: Verleihung des BIGSAS Journalistenpreises 2013



Hervorragende journalistische Beiträge zu würdigen, die der Öffentlichkeit den kulturellen Reichtum und die großen Potenziale des afrikanischen Kontinents ohne Rückgriff auf altbekannte Stereotype näherbringen - dies ist das Ziel des Journalistenpreises der Bayreuth International Graduate School of African Studies (BIGSAS). Am 10. Juli 2013 wurde der Preis zum zweiten Mal im Rahmen einer Festveranstaltung auf dem Campus der Universität Bayreuth feierlich verliehen. Preisträger ist in diesem Jahr der Journalist Philipp Hedemann, der für eine in der "WOZ - Die Wochenzeitung" veröffentlichte Reportage mit dem Titel "Die früheren Kolonialherren sind zurück" ausgezeichnet wurde.

In seinem preisgekrönten Beitrag beschreibt Philipp Hedemann die Spannungen, die heute in Mozambique - der ehemaligen portugiesischen Kolonie - durch eine verstärkte Einwanderung aus Portugal entstanden sind. Eine besondere Anerkennung erhielt Charlotte Wiedemann für ihren Artikel "Bilals Frömmigkeit", der in "Le monde diplomatique" erschien und sich mit dem ostafrikanischen Sklavenhandel im Kontext des Islam und der arabischen Kultur auseinandersetzt.

Der Pressesprecher der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Marco Finetti, der als Jurymitglied an der Auswahl der Preisträger beteiligt war, betonte die Besonderheit des BIGSAS Journalistenpreises. Im Unterschied zu zahlreichen Preisen für Wissenschaftskommunikation werde diese Auszeichnung nicht an wissenschaftliche Einrichtungen oder an einzelne Persönlichkeiten aus der Wissenschaft, sondern an Journalistinnen und Journalisten vergeben. Damit schlage der Preis eine Brücke zwischen wissenschaftlicher und journalistischer Qualität. Die BIGSAS fördere so auf uneigennützige Weise die Kommunikation über den afrikanischen Kontinent und berücksichtige dabei, dass Medien und Wissenschaft durchaus auch in einem kritischen Verhältnis zueinander stehen können. Eine Besonderheit des BIGSAS Journalistenpreises liege nicht zuletzt darin, dass er aus einer Initiative der Doktorandinnen und Doktoranden der Bayreuther Graduiertenschule für Afrikastudien hervorgegangen sei.

Prof. Dr. Dymitr Ibriszimow, der Sprecher der BIGSAS, unterstrich in seinem Grußwort drei wesentliche Merkmale der Graduiertenschule für Afrikastudien: Individualität, Internationalität und eine Vielfalt der Disziplinen, die häufig zu Interdisziplinarität führe. Die Doktorandinnen und Doktoranden der BIGSAS erhielten eine gezielte individuelle Förderung der eigenen Talente; denn nur als selbständige Menschen, als Individualisten, seien sie in der Lage, als junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Realität neu zu denken. Die Internationalität zeige sich insbesondere in der sehr engen Kooperation mit sechs Universitäten in Afrika. Gemeinsam mit diesen Partnern arbeite die BIGSAS an der wechselseitigen Förderung von Wissen und Know-how sowie an gemeinsamen und individuellen Nachhaltigkeitskonzepten. Dadurch entstehe ein einmaliges europäisch-afrikanisches, aber auch innerafrikanisches Netzwerk. 17 Kernfächer im Bereich der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften seien derzeit an der BIGSAS beteiligt: Dieses Miteinander der Disziplinen entspreche der Idee der Weisheit: "über den Tellerrand schauen, andere Sichtweisen ausprobieren, die Realität aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten".

Der Präsident der Universität Bayreuth, Prof. Dr. Stefan Leible, hob die herausragende wissenschaftliche Bedeutung der Bayreuther Afrikastudien und insbesondere der BIGSAS hervor, die seit fünf Jahren aus der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder bis 2017 gefördert werde. Im Afrikaschwerpunkt der Universität Bayreuth würden mittlerweile Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus allen sechs Fakultäten mitarbeiten. Ein künftiges Bayerisches Forschungsinstitut für Afrikastudien, das derzeit in der konzeptionellen Planungsphase sei, werde die Sichtbarkeit der Bayreuther Afrikastudien weiter stärken und dazu beitragen, dass afrikabezogene Expertise gezielt über die Wissenschaft hinaus zur Verfügung gestellt werde - bis hin zur Beratung der politischen Akteure.

Die Festrede zur Preisverleihung hielt Dipl.-Inf. Veye Tatah, die Gründerin der Zeitschrift "Africa Positive". Sie erinnerte an den Gründungsimpuls, aus dem ihre Initiative hervorgegangen sei: das einseitige, von schlechten Nachrichten über Krisen und Katastrophen geprägte Bild Afrikas in den Medien aufzubrechen und über den afrikanischen Kontinent in der breiten Vielfalt seiner Potenziale zu berichten. Eurozentrische Sichtweisen müssten dabei aufgegeben werden, und auch eine kritische Distanz zu Nichtregierungsorganisationen sei nötig, insofern diese ein Eigeninteresse daran hätten, das Bild von Afrika als eines rückständigen und hoffnungslosen Kontinents aufrecht zu erhalten. Erforderlich sei stattdessen eine ausgewogene Berichterstattung, die Probleme nicht beschönigt, aber ihre Ursachen benennt, Lösungen vorschlägt und dabei die afrikanischen Akteure in den Mittelpunkt stellt. Eine Zusammenarbeit europäischer Medien mit Partnern in Afrika könne diesen Perspektivwechsel fördern. Der Bayreuther Swahili-Chor umrahmte die Festrede und begeisterte das Publikum mit rhythmischen Liedern in dieser weitverbreiteten ostafrikanischen Sprache.

Der Vorsitzende der Jury, der frühere Bayreuther Universitätspräsident Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Ruppert, würdigte in seiner Laudatio die besonderen Vorzüge des Beitrags von Philipp Hedemann, der sich in einem längeren anspruchsvollen Auswahlverfahren als Gewinner des BIGSAS-Journalistenpreises 2013 durchsetzen konnte. Am Beispiel von Mozambique verdeutliche der Preisträger die Spannungssituationen, die heute in vielen afrikansichen Staaten gegeben seien. In einer differenzierten Weise beschreibe er soziale und ökonomische Aspekte des Aufeinandertreffens von 'portugiesischen Wirtschaftsflüchtlingen' und der Bevölkerung Mozambiques. Hedemann sei es dabei in hervorragender Weise gelungen, die breite Öffentlichkeit anzusprechen und die Leser zum Nachdenken anzuregen. Insgesamt vermittele sein Beitrag ein durchaus hoffnungsvolles Bild von der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Afrikas.

Den Beitrag von Charlotte Wiedemann, die mit einer besonderen Anerkennung ausgezeichnet wurde, bezeichnete Prof. Ruppert als eine ideale Verbindung von Journalismus und Wissenschaft. Sie zeige die vielen Facetten des arabischen Sklavenhandels und lasse dabei erkennbar werden, wie differenziert das Verhältnis von Islam, arabischer Kultur und Sklavenhaltung in Afrika gesehen werden müsse: Ihr Artikel eröffne damit neue Blicke in einen historisch-ethischen Prozess, dessen Bewertung bis heute je nach politisch-religiöser Position unterschiedlich bewertet werde. Er solle daher Anlass sein für eine weitergehende wissenschaftliche und politische Auseinandersetzung mit einer oft verdrängten Thematik.


Zur Person:

Philipp Hedemann arbeitete von März 2010 bis Juni 2013 als Mitglied des Korrespondenten-Netzwerks weltreporter.net in der äthiopischen Hauptstadt Addis Ababa. Zuvor war er unter anderem als Polizeireporter in Nürnberg, als Redakteur in der Bundesnachrichtenredaktion in Hamburg und als Korrespondent in London für die BILD-Zeitung tätig. Als freier Afrika-Korrespondent berichtete er dann insbesondere für DIE ZEIT, die FAZ/FAS, DIE WELT, die NZZ, Cicero und Spiegel online aus mehr als 20 Ländern des subsaharischen Afrika. Für eine Reportage über Tourismus in Somaliland erhielt er 2011 den zweiten Preis des Meridian-Journalistenpreises. Seit 2013 lebt und arbeitet Philipp Hedemann als freier Journalist in Berlin.

Charlotte Wiedemann ist seit 30 Jahren als politische Journalistin tätig. Sie lebte einige Jahre in Südostasien und schreibt als freie Autorin über islamische Lebenswelten auf verschiedenen Kontinenten. Ihre Recherchereise, unter anderem für DIE ZEIT und GEO, führten sie in verschiedene Länder Asiens und Afrikas. Für die deutsche Ausgabe von LE MONDE diplomatique schreibt sie Essays über Islam, Demokratie und Geschichte im afrikanischen Kontext. In ihrem jüngsten Buch "Vom Versuch nicht weiß zu schreiben" befasst sie sich mit eurozentrischer Wahrnehmung im Auslandsjournalismus.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution4

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Bayreuth, Christian Wißler, 18.07.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juli 2013