Schattenblick → INFOPOOL → MEDIZIN → FACHMEDIZIN


DERMATOLOGIE/754: Schuppenflechte - Die Folgen für Betroffene sind oft Rückzug und Isolation (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 11/2019

Dermatologie
Die versteckte Erkrankung

von Dirk Schnack


Am 29. Oktober war Welt-Psoriasis-Tag. Aufklärung über Schuppenflechte bleibt wichtig. Versorgungsvertrag findet breite Zustimmung und überzeugt immer mehr Kostenträger.


Menschen mit Schuppenflechte führen oft ein zurückgezogenes Leben. Rückzug und Isolation sind oft Folgen für die Betroffenen. "Manche gehen gar nicht mehr vor die Haustür", berichtet der Geschäftsführer des Deutschen Psoriasis Bundes (DPB), Marius Grosser. Weitere Folgen seien Depressionen und Angststörungen, aber auch Probleme in Partnerschaft und Sexualität.

Grund für die Isolation: Die Betroffenen trauen sich wegen der sichtbaren Hauterkrankung nicht an die Öffentlichkeit. Sie vermuten, dass sie bei anderen Menschen auf Ablehnung stoßen, insbesondere wenn etwa das Gesicht betroffen ist. Andere verstecken ihre schuppige Haut unter möglichst viel Kleidung auch im Sommer und versuchen, ihre Erkrankung selbst vor engen Freunden zu verheimlichen. In Schwimmbäder gehen viele Betroffene nicht mehr; auch weil Mitbadende zum Teil eine Ansteckungsgefahr vermuten. Um solche Vorurteile abzubauen, helfen Informationen wie am Welt-Psoriasis-Tag.

Erste wichtige Schritte für den Abbau von Vorurteilen gegen Menschen mit Schuppenflechte hat es in Deutschland schon gegeben. Zum Beispiel über Jugendcamps, über die auf der Website des Welt-Psoriasistages berichtet wird. "Als häufiger Auslöser der Erkrankung gilt Stress", berichtet dort Dr. Sascha Gerdes von der Uni-Hautklinik Kiel, der den Jugendlichen während des Camps für medizinische Fragen zur Verfügung steht. "Häufig sind es einschneidende Familienerlebnisse wie die Trennung der Eltern, aber auch stressige zwischenmenschliche Beziehungen sind ernst zu nehmen. Infekte wie etwa Mandelentzündungen führen häufig zu Schüben und Medikamente wie Schmerzmittel können Auslöser sein."

Ein anderer Schritt ist das 2018 ins Leben gerufene Projekt ECHT, das Stigmatisierung frühzeitig bekämpfen bzw. ihr vorbeugen soll. Auch die Kampagne "Bitte berühren" soll dazu beitragen, dass mit mehr Wissen in der breiten Öffentlichkeit Vorurteile vermieden werden. Grosser hält die Kampagnen für wichtig, wünscht sich aber mehr Unterstützung auch vonseiten der Politik. Um eine wirklich breite Masse in bundesweiten Medien für erforderlich, und dies können nach seiner Einschätzung nur große Institutionen wie etwa die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung leisten.

Die verbreiteten Vorurteile verwundern schon deshalb, weil Psoriasis vulgaris zu den fünf häufigsten Diagnosen der vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland zählt. Rund zwei Millionen Menschen in Deutschland sind von der Schuppenflechte betroffen. Insbesondere die schweren Formen werden von Dermatologen in Praxen und Kliniken versorgt.

Damit die Versorgung abgestimmt und zielgerichtet gelingt, haben sich in vielen Bundesländern regionale Psoriasisnetze gegründet. In Schleswig-Holstein gibt es Netze in Kiel und in Lübeck, bundesweit sind es insgesamt 29. Unterstützt von der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und dem Bundesverband Deutscher Dermatologen (BVDD) sind die regionalen Netzwerke unter dem Namen PsoNet zusammengeschlossen. Mit PsoNet wollen die Dermatologen die Zusammenarbeit untereinander, zwischen Praxen und Kliniken, aber auch mit anderen Arztgruppen und eine höhere Versorgungsqualität auf dem Boden der S3-Leitlinie erreichen. Daneben wollen die Netze die Früherkennung verbessern und die Komorbiditäten stärker ins Blickfeld rücken.

Bundesweit sind rund 1.000 Dermatologen in den Netzen organisiert. "Damit haben wir eine bessere Abbildung als in den meisten anderen europäischen Ländern", sagt Prof. Matthias Augustin. Der Direktor des Instituts für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP) am UKE gibt zu bedenken, dass die Dermatologen in Deutschland, die den Netzen nicht angehören, in aller Regel andere Schwerpunkte haben. Patienten mit schweren Verläufen finden nach Beobachtung des Deutschen Psoriasis Bundes (DPB) allerdings nicht in allen Regionen einen solchen Spezialisten und müssen zum Teil weite Wege in Kauf nehmen. "Wir würden uns mehr solcher Spezialisten in den Netzen wünschen", sagt Grosser.

Einig sind sich Grosser und Augustin, dass mit dem vor einem halben Jahr in Kraft getretenen ersten "Vertrag zur besonderen Versorgung in der Indikation Psoriasis" nach § 140a des Sozialgesetzbuchs V ein Meilenstein für die Versorgung in Deutschland erreicht wurde. Vertragspartner sind die Techniker Krankenkasse (TK) und die DermaMed des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen. Die Vereinbarung erleichtert Patienten den Zugang zu innovativen Therapiemöglichkeiten und bietet zugleich den behandelnden Dermatologen mehr Schutz vor Regressen. Dafür wurde ein Ampelsystem für Arzneimittel eingeführt, das die teilnehmenden Dermatologen unkompliziert über den therapeutischen Nutzen sowie die Wirtschaftlichkeit der eingesetzten Arzneimittel informiert. Zugleich erhalten die teilnehmenden Ärzte eine bessere Vergütung als im Regelleistungsvolumen. Die Vereinbarung gilt für alle Fälle, bei denen eine Behandlung mit einem Biologikum oder mit einem PDE4-Hemmer medizinisch angezeigt ist. Neben der TK sind mittlerweile sieben weitere Krankenkassen (DAK, KKH, HEK, Novitas BKK, pronova BKK, Viactiv und IKK classic) der Vereinbarung beigetreten und rund 100 Dermatologen sind eingeschrieben.

Als Fortschritt sehen Experten wie Augustin und Patientenvertreter wie Grosser auch das PsoBest-Register. Mithilfe der hier eingehenden Daten von inzwischen 11.000 eingeschlossenen Patienten wird eine Langzeitdokumentation der systemischen Psoriasis-Therapie inklusive Biologika ermöglicht. Ziel ist es, Fragen zu Sicherheit und Wirksamkeit mit hoher methodischer Zuverlässigkeit zu klären. Das Register wurde von der WHO als vorbildlich für andere Länder bewertet.

Ein weiterhin bestehendes Problem sind die regionalen Unterschiede in der Versorgung. Auffällig ist, dass in Bayern und Baden-Württemberg deutlich weniger Biologika verordnet werden als im Norden und Osten. Augustin gibt den Unterschied mit dem Faktor acht an: "Ein Armutszeugnis, das nicht zu rechtfertigen ist", sagte Augustin. Potenzial sieht er auch noch in der Kommunikation über die Versorgungsstärken der Spezialisten. Hausärzte und Patientenverbände könnten noch stärker dazu beitragen, dass die Betroffenen den Weg zu den Spezialisten finden.


Info

Die Erkenntnis, dass zu erreichen, hält er Anzeigen und Spots es sich bei Psoriasis um eine Systemerkrankung handelt und Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes durch Entzündungen entstehen bzw. sich verschlechtern können, stellt neue Herausforderungen sowohl für die Patienten als auch für die Ärzte dar.

11.000 Daten von 11.000 Patienten sind im Pso-Best-Register enthalten.

100 Dermatologen sind im Vertrag zur besonderen Versorgung von Psoriasis-Patienten nach § 140a SGB V eingeschrieben.

8 Krankenkassen sind Vertragspartner: TK, DAK, KKH, HEK, Novitas BKK, pronova BKK, Viactiv und IKK classic.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Rund zwei Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Psoriasis Vulgaris. Die Erkrankung zählt zu den fünf häufigsten Diagnosen in der vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland - dennoch gibt es noch immer zahlreiche Vorurteile. Helfern soll der jährliche Welt-Psoriasis-Tag.


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 11/2019 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2019/201911/h19114a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

*

Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
72. Jahrgang, November 2019, Seite 18 - 19
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der Kassenärztlichen Vereinigung
Schleswig-Holstein
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
Telefon: 04551/803-272, -273, -274,
E-Mail: aerzteblatt@aeksh.de
www.aeksh.de
www.arztfindex.de
www.aerzteblatt-sh.de
 
Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2019

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang