Helmholtz Zentrum München / Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt - 30.10.2015
Bisher umfangreichste Liste von Alterungsgenen veröffentlicht
Neuherberg, 30. Oktober 2015. Eine aktuelle Studie im Wissenschaftsmagazin "Nature Communications" zeigt die wohl bislang umfassendste Auflistung von Genen, die am Alterungsprozess beteiligt sind. Insgesamt notierte das Wissenschaftlerteam, an dem auch Forscher des Helmholtz Zentrums München und der Technischen Universität München beteiligt sind, knapp 1.500 Gene, deren Aktivität sich im Laufe des Älterwerdens signifikant verändert. Die Daten bestätigen teilweise bisherige Hypothesen, deuten aber auch auf bislang unbekannte Mechanismen des Alterns hin.
Für Ihre Untersuchungen trugen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Daten von knapp 15.000 europäischen Probanden zusammen. Diese waren zum Zeitpunkt der Studie zwischen 40 und 70 Jahre alt und hatten für die Untersuchung eine Blutprobe abgegeben, die hinsichtlich ihrer Genexpression untersucht wurde. "Die Genexpression, also die Aktivität der einzelnen Gene, ändert sich im Laufe des Alterns und reagiert auch auf veränderte Umweltbedingungen", so Dr. Holger Prokisch, Forschungsgruppenleiter am Institut für Humangenetik des Helmholtz Zentrums München und der TU München. "Bisherige Studien hatten lediglich die Unterschiede der Gene an sich betrachtet, die aber im Laufe der Alterung relativ statisch sind."
Manche der Gene, deren Aktivität sich altersbedingt ändert, waren bereits vorher bekannt, etwa solche aus dem Bereich der Immunregulation und der DNA-Reparatur. Wiederum andere tauchten das erste Mal im Zusammenhang mit Alterungsprozessen auf und bieten sich daher für weiterführende Studien an. Darunter finden sich Kandidaten aus verschiedensten Funktionsbereichen wie Zelloberflächenstrukturen (Glykosaminoglykane), Wundheilungsfaktoren oder Gene aus der Nervenentwicklung und dem Energiestoffwechsel. Viele davon scheinen im Alter an Aktivität nachzulassen, so die Forscher.
Um die Übertragbarkeit Ihrer Ergebnisse zu überprüfen, verglichen die Wissenschaftler die Daten aus der europäischen Versuchsgruppe mit denen aus bereits bestehenden Datenbanken. Dabei stellte sich heraus, dass die Ergebnisse zwischen verschiedenen genetischen Hintergründen nur bedingt vergleichbar sind. Bei Hispanoamerikanern waren nur etwa 70 Prozent der Gene ähnlich reguliert wie bei den Europäern, bei Afroamerikanern waren es lediglich 27 Prozent. Dies deutet auf genetisch bedingte Unterschiede in den Mechanismen der Alterung hin.
Künftig wollen die Forscher an die erzielten Ergebnisse anknüpfen und den Mechanismen des Alterns nachgehen. "Die Liste an Genen ist sicherlich noch nicht vollständig. Die neuen biologischen Hypothesen sollen aber als Wegweiser für weitere Studien dienen, die die Ergebnisse in Behandlungsstrategien für altersassoziierte Erkrankungen übersetzen", so Prokisch.
Weitere Informationen
Original-Publikation:
Peters, M. et al. (2015). The transcriptional landscape of age in human
peripheral blood, Nature Communications, DOI: 10.1038/ncomms9570.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26490707
• Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum
für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose,
Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes
mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das
Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des
Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum
München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der
Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und
medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten
angehören.
http://www.helmholtz-muenchen.de
Die Technische Universität München (TUM) ist mit mehr als 500
Professorinnen und Professoren, rund 10.000 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern und 38.500 Studierenden eine der forschungsstärksten
Technischen Universitäten Europas. Ihre Schwerpunkte sind die
Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften und
Medizin, ergänzt um Wirtschafts- und Bildungswissenschaften. Die TUM
handelt als unternehmerische Universität, die Talente fördert und Mehrwert
für die Gesellschaft schafft. Dabei profitiert sie von starken Partnern in
Wissenschaft und Wirtschaft. Weltweit ist sie mit einem Campus in Singapur
sowie Verbindungsbüros in Brüssel, Kairo, Mumbai, Peking, San Francisco
und Sào Paulo vertreten. An der TUM haben Nobelpreisträger und Erfinder
wie Rudolf Diesel, Carl von Linde und Rudolf Mößbauer geforscht. 2006 und
2012 wurde sie als Exzellenzuniversität ausgezeichnet. In internationalen
Rankings gehört sie regelmäßig zu den besten Universitäten Deutschlands.
www.tum.de
Am Institut für Humangenetik (IHG) stehen die Identifizierung und
funktionelle Charakterisierung von Genen, die Krankheiten verursachen, im
Mittelpunkt der Forschung. Dabei werden Genmutationen, Genvarianten und
die Gen-assoziierten Signalwege untersucht. Inhaltliche Schwerpunkte
bilden Endokrinopathien, Herzrhythmusstörungen, neurologische Störungen
sowie Mitochondropathien. Durch die Kenntnis krankheitsverursachender
Genvarianten lassen sich Konzepte für neue Therapieansätze entwickeln.
http://www.helmholtz-muenchen.de/ihg/index.html
Das Institut für Epidemiologie II (EPI II) erforscht die Zusammenhänge
von Umwelt, Lebensstil und Genetik bei der Entstehung von Diabetes,
Erkrankungen des Herzens und der Erhaltung der Gesundheit im Alter. Die
Forschung stützt sich auf die einzigartigen bevölkerungsbasierten
KORA-Ressourcen (Kohorte, Herzinfarktregister, Aerosol-Messstation).
Folgestudien innerhalb der Kohorte ermöglichen die Untersuchung von
Frühformen und Komplikationen ausgewählter chronischer Erkrankungen und
deren Verbreitung in der Bevölkerung.
http://www.helmholtz-muenchen.de/epi2/index.html
Die selbstständige Abteilung Molekulare Epidemiologie (AME) analysiert
populationsbasierte Kohorten und Fallstudien für bestimmte Krankheiten mit
Hilfe von Genomik, Epigenomik, Transkriptomik, Proteomik, Metabolomik und
funktionellen Analysen. Ziel ist, die molekularen Mechanismen komplexer
Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes oder Adipositas aufzuklären. Die Abteilung
führt die Bioprobenbank der Epidemiologie und übernimmt die
Probenverwaltung und -lagerung für nationale und internationale Projekte.
http://www.helmholtz-muenchen.de/ame/index.html
Fachlicher Ansprechpartner
Dr. Holger Prokisch, Helmholtz Zentrum München -
Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH)
Institut für Humangenetik, Forschungsgruppe Genetik von Mitochondriopathien
Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg
E-Mail: prokisch@helmholtz-muenchen.de
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution44
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, Helmholtz Zentrum München, 30.10.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 3. November 2015
Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang