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ORTHOPÄDIE/323: Werden Knochenbrüche bei Kindern zu oft operiert? (idw)


Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
Medizin / Kommunikation - 12.09.2013

Werden Knochenbrüche bei Kindern zu oft operiert?



Düsseldorf/Berlin - Jeder dritte Knochenbruch bei Kindern ist eine Fraktur des Unterarms nahe am Handgelenk. Ist ein Knick sichtbar, wird in der Regel operiert. Doch dies scheint nicht immer notwendig zu sein: Der Bruch, so haben Kinderchirurgen beobachtet, heilt nahezu immer gut von allein. Dies ist vor allem bei kleinen Patienten der Fall, die noch in der Wachstumsphase sind. Experten diskutieren dies auf der 51. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH), die vom 12. bis 15. September 2013 in Düsseldorf stattfindet. Eine neue Studie geht dem nun außerdem wissenschaftlich nach.

Es ereignet sich täglich hunderte Male: Jemand stürzt, will sich abfangen - und bricht sich dabei den Arm dicht über dem Handgelenk. Diese sogenannte distale Unterarmfraktur tritt häufig bei Kindern auf, die beim Spielen oder Toben hinfallen. In etwa der Hälfte der Fälle verschieben sich die verletzten Knochen oder sie knicken ab; die Fehlstellung ist deutlich sichtbar. Dann wird meist operiert: Der Arzt richtet den Bruch, fixiert die Knochen mit einem Metallstift und stellt den Arm mit einem Gips ruhig. Bei Kindern bis zwölf Jahren sei jedoch auch ohne Operation eine Spontankorrektur zu beobachten, sagt DGKCH-Vorstandsmitglied Professor Dr. med. Lucas Wessel, Direktor der Kinderchirurgischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim. Diese Korrektur sei innerhalb von zwei Jahren nach dem Unfall zuverlässig zu verzeichnen. Denn die Knochen der jungen Patienten wüchsen noch und könnten verbliebene Fehlstellungen komplett korrigieren.

Ob es tatsächlich ausreicht, bei betroffenen Kindern den Arm nur ruhigzustellen, soll nun eine von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Untersuchung ergeben. "Vielen Betroffenen kann künftig womöglich eine Operation erspart bleiben", sagt Studienleiter Wessel, der die Arbeit am 13. September 2013 in Düsseldorf auf einer Pressekonferenz während der 51. Herbsttagung der DGKCH vorstellen wird.

Die Forscher vergleichen dafür in den nächsten zwei Jahren die Daten von 742 Kindern zwischen fünf und zwölf Jahren, die sich den Unterarm nahe der Hand gebrochen haben. Die Hälfte der Kinder wird operiert, bei der anderen Hälfte wird der Bruch eingegipst und der Spontanheilung überlassen. Den Heilungsverlauf kontrollieren die Ärzte wie üblich durch Röntgen. "Finden wir bei den Kontrollen über das Maß der Spontankorrektur hinausgehende Fehlstellungen, schwenken wir - wie auch sonst üblich - auf das operative Verfahren um", betont Wessel. "Das Komplikationsrisiko wird auf nahezu null geschätzt." Um die Zufriedenheit der jeweiligen Behandlung evaluieren zu können, werden die Familien hierzu befragt.

Die Studie startet im Anschluss an die DGKCH-Herbsttagung. Bestätige sich die These, dass Eingipsen in vielen Fällen ausreicht, würden nicht nur viele Operationen überflüssig, sondern auch Kosten gespart werden, betont Wessel. "Kinder werden in der Chirurgie viel zu häufig wie Erwachsene therapiert", sagt er. "Dabei stellen sie deutlich davon abweichende Anforderungen an die Chirurgie."


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dgkch.de
http://www.dgkj2013.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution76

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
Medizin - Kommunikation, 12.09.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. September 2013