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ZAHN/203: Bedeutung der Zahntechnik für die Umwelt-ZahnMedizin (umg)


umwelt · medizin · gesellschaft - 2/2011
Humanökologie - soziale Verantwortung - globales Überleben

Bedeutung der Zahntechnik für die Umwelt-Zahnmedizin

Von Ruprecht Bauer


Für die Eigenschaften von Zahnersatz ist nicht nur die Qualität des einzelnen Werkstoffs von Bedeutung, sondern in starkem Maße auch seine Verarbeitung. Je einfacher er zu verarbeiten ist, desto größer die Wahrscheinlichkeit die vom Hersteller vorgesehenen chemischen und physikalischen Eigenschaften auch zu erreichen. Der Zahnarzt muss berücksichtigen, dass ein und dasselbe Ausgangsprodukt von verschiedenen Zahntechnikern hergestellt völlig unterschiedliche Eigenschaften haben kann. Natürlich trifft das auch auf die von ihm und seinen Kollegen verarbeiteten Materialien zu. Die richtige Diagnose und Behandlung bei belasteten Patienten setzt enorme Kenntnisse der chemischen und physikalischen Eigenschaften, Herstellungsverfahren und möglichen Wechselwirkungen im Biotop "Mundhöhle" voraus.

Dabei trägt nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) der jeweilige Arzt oder Therapeut die volle Verantwortung für die Auswirkungen seiner Behandlung.

Gerade auch die Digitalisierung, die erheblich größere Materialkenntnisse und abstraktes Denken voraussetzt, sowie die Digitalisierung der einzelnen Verfahren und deren Datenverknüpfung, die rasante Entwicklung neuer technischer Möglichkeiten, der Sparzwang im Gesundheitssystem und die teilweise "Entmündigung" der Praxisinhaber machen es erforderlich in Zukunft im Netzwerk von Spezialisten zu arbeiten, die einzelnen Verfahren exakt zu dokumentieren und auf Rückverfolgbarkeit der Behandlungsabläufe zu achten. Alleine schon aus juristischen Gründen macht die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems (QMS) sowie die Zusammenarbeit mit entsprechend geschulten und möglichst zertifizierten Dentallaboren Sinn.


Was bedeutet Qualität beim Zahnersatz?

Die Qualität z.B. einer Kunststoff-Füllung, einer Brücke oder Prothese hängt nicht alleine vom Ausgangsprodukt ab, sondern auch von der sachgemäßen Verarbeitung. Werden z.B. am Kronenrand in situ blaue Verfärbungen im Zahnfleisch festgestellt, kann es sich um einen Verarbeitungsfehler handeln, denn hier werden aus dem Metall Ionen abgegeben. Klagt ein Patient nach dem Einsetzen einer Prothese über Zungenbrennen, kann es sich ebenfalls um Verarbeitungsfehler handeln.

Gerade in der Zahntechnik für die Umwelt-ZahnMedizin spielt die Verarbeitung von Materialien eine besondere Rolle. Kein anderer Arzt als der Zahnarzt bringt derartig viele verschiedene Materialien in den menschlichen Körper ein und sollte deshalb umfangreiche Kenntnisse der physikalischen und chemischen Eigenschaften dieser Materialien haben.

Die Kenntnisse beeinflussen die Entscheidungen für eine Therapie, für die Wahl der Materialien, deren Kombinationsmöglichkeiten sowie für die funktionelle Gestaltung in starkem Maße.

Die Anzahl der Allergiker in Deutschland hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt (1), das Risiko, dass der Patient einer Zahnarztpraxis nach Inkorporation des Zahnersatzes Reaktionen zeigt, wird zunehmend größer.

Nur werden die Beschwerden der Patienten zunächst häufig nicht auf den Zahnersatz zurückgeführt, es sei denn, es handelt sich um spontane und heftige Reaktionen kurz nach der Inkorporation, z.B. Rötung der Schleimhaut im Bereich des Kunststoffes, Zungenbrennen, Metallgeschmack etc. Als viel schlimmer zu bewerten sind die schleichend auftretenden Beschwerden, wie z.B. Gelenkschmerzen, Kreuzschmerzen, Migräne, Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche etc., weil diese meistens erst mit großer Verzögerung auftreten. Dadurch wird der Bezug zum seinerzeit eingesetzten Zahnersatz oftmals nicht mehr gesehen. Für den Patienten beginnt dann möglicherweise eine meistens lange Odyssee durch viele Praxen unterschiedlicher Disziplinen, wobei nahezu jeder Arzt in der Lage sein wird, ein Symptom zu diagnostizieren und zu behandeln - häufig mit geringem bzw. nicht dauerhaftem Erfolg. Nicht selten werden die verschriebenen Medikamente bei Dauereinnahme aufgrund ihrer Wechselwirkungen weitere zusätzliche Medikamente erfordern.


Die Auswirkungen des Sparzwangs im Gesundheitssystem

Gerade auch der Materialmix im Zusammenhang mit den Sparbemühungen im Gesundheitssystem hat zu Kombinationen geführt, die schlichtweg nicht zusammenpassen. Es wurden Materialien auf den Markt gebracht, die zum Teil äußerst schwierig in der Verarbeitung waren (z.B. Sparlegierungen und deren keramische Verblendung, Verblendkunststoffe wie Targis und Vectris usw.). Je schwieriger Materialien zu verarbeiten sind, desto schwerer sind die vom Hersteller vorgesehenen Eigenschaften zu erreichen und desto problematischer verhält sich der Zahnersatz in situ.

So gesehen haben die teilweise unsinnigen Sparbemühungen im Gesundheitswesen und die Unkenntnis der Verantwortlichen genau das Gegenteil der guten Absicht erreicht. Es könnte sein, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Kopfschmerzen "Allergien", Verspannungen, Gelenkprobleme etc. durch Wechselwirkungen von Zahnersatzmaterialien mit dem Umfeld der Mundhöhle verursacht wird.

Neben permanenter Fortbildung soll jeder Arzt neue Behandlungsmethoden erlernen, seinen Master of Science in diesem und jenem medizinischen/chirurgischen Gebiet machen, Unternehmer sein, Personal führen und ein Qualitätsmanagementsystem aufbauen und aufrecht erhalten. Ferner ist es für den Zahnarzt ratsam, umfangreiche betriebswirtschaftliche Kenntnisse, und Führungsqualitäten zu besitzen und ein Kommunikationskünstler zu sein, der in der Lage ist, den zum Teil gesundheitspolitischen Schwachsinn vor dem Patienten als wertvoll zu verkaufen. Gut wären auch umfangreiche Kenntnisse in Diplomatie, im Verbandsrecht, im Berufsrecht, im Aktienrecht, Banken(un)wesen, Psychologie, Vertragsrecht, Versicherungswesen, Verbraucherschutz usw. usf. Auch Statistiken sollte er lesen und interpretieren können.

Im Ernst - die Funktionen, die heute ein Praxisinhaber bekleiden muss, sind so vielfältig, dass bei allem Respekt der Zahnarzt nicht mehr in der Lage ist, sämtliche Felder optimal abzudecken bzw. zu beherrschen. Auch die Inhaber geführte Zahnarztpraxis wird zukünftig starke Partner benötigen, auf die sich der Zahnarzt unbedingt verlassen können muss. Die Frage ist dabei, welchen Bereich kann eine Praxis an Kompetenz abgeben, um gleichzeitig vor dem Patienten mit noch größerer Kompetenz dazustehen.

Da bietet sich zumindest im Bereich des Zahnersatzes, seiner Verarbeitungsverfahren im Bezug auf die vielfältigen Materialien und den entsprechenden Einsatzmöglichkeiten, die partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit dem zahntechnischen Labor an.

Gerade Labore mit mehreren Mitarbeitern haben schon alleine aufgrund der "Manpower" und der Investitionskraft Vorteile bei der Bereitstellung von Geräten und Ressourcen mit speziellen Kenntnissen der in der Zahnmedizin und Zahntechnik zum Einsatz kommenden Materialien bzw. neuer Verfahren. Es versteht sich von selbst, dass auch der Zahntechniker die Wechselwirkungen der Materialien im Biotop Mundhöhle kennen muss.

Das Labor als Teil des Kompetenznetzwerks unterstützt den im Netzwerk tätigen Zahnarzt und hat häufig auch sehr gute Möglichkeiten interdisziplinäre Verknüpfungen zu organisieren und effektiv zu lenken. In Zukunft werden zumindest die Einzelpraxen nur noch in einem Netzwerk effizient arbeiten können. Denn es entstehen viele neue sog. medizinische Zentren bzw. Gemeinschaftspraxen, die mit ihren straff organisierten Betrieben betriebswirtschaftlichen und medizinischen Nutzen kombinieren werden. Zudem wird auch die zunehmende Digitalisierung der Herstellung von Zahnersatz und auch der Behandlungsmethoden enormes Fachwissen voraussetzen, welches der einzelne Arzt nicht mehr bewältigen kann. Deshalb sieht ja gerade die Politik ihr Heil in medizinischen Zentren, in denen sämtliche Kapazitäten gebündelt sind. Bleibt da nicht die "Humanmedizin" auf der Strecke?

Die Kostenträger unseres Gesundheitssystems müssen in Zukunft noch mehr sparen, das verlangen alleine schon die demographische Entwicklung und die Entwicklung zum Niedriglohnland. Andererseits sind zumindest aus jetziger Sicht aufgrund der Komplexität der Krankheitsbilder und des immensen Zeitdrucks immer weniger Ärzte und Zahnärzte in der Lage, die Ursache von Erkrankungen zu diagnostizieren. Für ausführliche Anamnesen ist in der aktuellen Praxislandschaft keine Zeit.


Komplexität der Umwelt-Zahntechnik

Im Sinne des Medizinproduktegesetzes (MPG) verordnet/verschreibt der Zahnarzt zwar den Zahnersatz, hergestellt wird dieser jedoch von Zahntechnikern, die nahezu jedes Material umformen oder transformieren, verändern und neu kombinieren, so dass technische Daten der Hersteller nach der Umformung keine oder nur noch bedingte Aussagekraft haben, da sich die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Materialien herstellungs- und einsatzbedingt zum Teil komplett verändert haben. Was nützt da die vom Gesetzgeber verlangte Zertifizierung, bzw. das CE-Zeichen? CE bedeutet ja auch keine besonders hohe Qualität, sondern zunächst nur, dass das Produkt unter immer gleichen strengen Vorgaben in der immer gleichen möglichst rückverfolgbaren Art und Weise hergestellt wird und somit immer die gleiche Qualität hat. Das frisch vom Legierungshersteller besorgte mit CE-Kennzeichnung versehene Legierungsplättchen wird vom Zahntechniker vergossen - und was ist es dann??

Folgende Beispiele zeigen ein wenig von der grundsätzlichen Problematik:

1. die Herstellung einer Metallverblendkrone

In Abb. 1 werden die Arbeitsschritte zur Herstellung einer "Alltagskrone" dargestellt. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten Verarbeitungsfehler einzubauen. Das häufig zu hörende Argument, deshalb lassen wir ja fräsen oder verwenden nur noch Zirkonoxid, ändert an der Tatsache nicht allzuviel. Gießen wird durch Fräsen ersetzt, Modellieren mit Wachs wird zum digitalen modellieren - und der Rest bleibt!


Entstehung einer Metallverblendkrone

33 Möglichkeiten Verarbeitungsfehler zu machen
und das Objekt möglicherweise zu kontaminieren

Präparation
Abdrucknahme
Provisorische Versorgung
Transport ins Labor
Modell aus Gips
Einstellen in Artikulator
Isolierung
Modellation mit Wachs
Anstiften
Einbetten
Vorwärmen
Gießen
Ausbetten
Abtrennen
Ausarbeiten
Abstrahlen
Oxidieren

Benetzungsbrand
Grundmassenbrand
1. Dentinbrand
Ausarbeiten, Einschleifen
2. Dentinbrand
Ausarbeiten und Einschleifen
Glanzbrand
Ausarbeiten und Politur
Säubern, Abdampfen
Einprobe
Einschleifen, Anpassen
Politur durch ZA
ODER
Erneute Nacharbeit im Labor
Glanzbrand
Ausarbeiten und Politur
Säubern, Abdampfen

Abb. 1: UmweltZahntechnik: Entstehung einer Metallverblendkrone


Viele der Herstellungsfehler basieren auf "Missverständnissen".
Das beginnt mit der irrigen Annahme, dass die Verwendung von z.B. einer hochwertigen Biolegierung an und für sich schon Qualität darstellt. Was hat aber das CE-zertifizierte Produkt nach der Umwandlung durch den Zahntechniker noch tatsächlich mit dem Ausgangsprodukt zu tun? Hat es nach dem Guss, nach der Verblendung noch genau die gleiche Qualität wie das Ausgangsmaterial? Es gibt nachweislich schon völlig unterschiedliche Ergebnisse durch das Ansteuern der Vorwärmetemperatur zum Gießen, der Art und Weise des Ausarbeitens, der Konditionierung für die Verblendung und das Beschichten der Krone mit Keramik usw. usf. Auch CAM (Computer Aided Manufacturing) - gefräste Werkstücke werden manuell nachgearbeitet oder müssen für weitere Arbeitsschritte konditioniert werden. Bio-Legierung und Löten? Geht gar nicht, passende Lote seitens der Hersteller enthalten z.T. bis zu 10 % Nickel, sonst kann man nicht löten. Laserschweißen? Bei gleichem Material eine Alternative, sollen aber unterschiedliche Materialien (Gold und Nichtedelmetall (NEM)) zusammengefügt werden, wird es sehr schwierig, denn die Gefüge der Legierungen werden im Bereich der Schweißnaht komplett verändert bzw. zum Teil zerstört.

2. Verarbeitung von Kunststoff
Nun gibt es ja das Argument, dass exakt nach den Arbeitsangaben der Hersteller gearbeitet wird. Aber viele Hersteller schließen jede Verantwortung auf 100 %ige Sicherheit aus. Aufgrund der vielen möglichen Fehlerquellen kann ein Industriehersteller nur für sein Produkt haften und nicht für das, was daraus gemacht wird. Selbst bei vermeintlich ganz einfachen Dingen, wie das Anmischen von Kunststoff für eine Reparatur, gilt in der Regel: zwei Zahntechniker = zwei verschiedene Resultate. Selbst wenn beide ganz exakt nach Vorgabe arbeiten, müssten auch noch die Raumtemperatur, das Polymerisationsgerät usw. exakt übereinstimmen.

Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass der Produzent von Produkten aufgrund der vielfach möglichen Verarbeitungsfehler durch den Anwender die Haftung praktisch ausschließen muss und nur für die Qualität seines Produktes gerade stehen kann. Für das, was aber daraus entsteht, kann er keine Haftung mehr übernehmen. Die Qualität des Zahnersatzes hängt also völlig vom Können und der Konsequenz des Verarbeiters ab.

3. Verblendung mit Dentalkeramiken
Nach Meinung des Autors ist es z. B. auch unvertretbar, dass bei der Verblendung völlig unterschiedlicher Gerüstmaterialien, deren Wärmeleitfähigkeiten nicht deutlicher berücksichtigt werden. Abplatzungen, Chipping, Spaltrisskorrosionsprozesse, sehr schlechte Oberflächenqualitäten usw. sind die häufig sichtbaren Folgen, ganz zu schweigen von den sich im nicht sichtbaren Bereich abspielenden Prozessen, deren Auswirkungen, wenn überhaupt erst nach längerer Tragezeit zu Tage treten, dann aber möglicherweise den Patienten nachhaltig belasten können oder bereits belastet haben.

4. Funktionsdiagnostik
Aus ganzheitlicher Sicht macht eine umfassende Sanierung des Kauapparates ohne intensive Zusammenarbeit mit Physiotherapeuten bzw. dem Hausarzt wenig Sinn. Medizin kommt von "Mitte" und bedeutet eigentlich im Sinne des Wortes einen Menschen wieder in die "Mitte", ins Gleichgewicht zu bringen. Das ist der klassische Ansatz der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM).


Konsequenzen für die Praxis

Die Problematik der oben dargestellten Fälle erzwingt bei Austestungen am Patienten die Handschrift des Zahntechnikers zu berücksichtigen, der die Arbeit auch herstellen wird. Auch Kunststofftestkörper sollten relativ "frisch" sein, um Aussagekraft zu haben. Es macht keinen Sinn, irgendwelche alten Reste zum Austesten zu verwenden und es macht erst recht keinen Sinn, industriell hergestellte Materialien zu verwenden, die der Zahntechniker sowieso wieder verändern wird.

Die präzise und sorgfältige Verarbeitung, das Wissen um mögliche Fehler bei der Herstellung von Zahnersatz, das Wissen um die Konsequenzen der Fehler bezüglich der Gesundheit des Patienten, umfangreiche materialtechnische Kenntnisse, Kenntnisse der chemischen Reaktionen, Kenntnisse möglicher Wechselwirkungen diverser Materialien, Kenntnisse über Materialien und Verfahren, die helfen, Verarbeitungsfehler zu minimieren oder Materialien mit möglichst geringer Anzahl an verschiedenen Stoffen zu verarbeiten - all diese Anforderungen werden nicht nur an den Zahnarzt, sondern insbesondere vermehrt an ein umwelt-medizinisch ausgerichtetes Dentallabor bzw. den Zahntechniker gestellt.

Der Zahntechniker der Zukunft wird nicht mehr der pure Handwerker sein, sondern eher eine Art Verfahrensmanager oder ein Verfahrensberater, der in der Lage ist, die unglaubliche Vielfalt der Materialien und auch die digitalen Verfahren und therapeutischen Möglichkeiten zu koordinieren und dem Zahnarzt komplette Planungen von geeigneten technischen Verfahren nicht nur zu zeigen, sondern auch bei der Patientenberatung zu unterstützen.

Neben den schon erwähnten physikalischen und chemischen Kenntnissen, gerade auch im Bereich der Wechselwirkungen der Materialien im Biotop "Mundhöhle", werden effektive Qualitätsmanagementsysteme, permanente Fortbildung und Wissensaustausch unumgänglich sein. Eine Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001 und 13485 bietet sich gerade für das Umweltzahntechnische Labor an, vor allem dann, wenn auch die Zahnarztpraxis entsprechend zertifiziert ist.

Es ist eine Frage der (schätzungsweise kurzen) Zeit bis der Gesetzgeber als Voraussetzung für die Behandlung von Patienten eine Zertifizierung voraussetzen wird, um die immer knapper werdenden Mittel effektiv einzusetzen. Aus rechtlicher Sicht ist eine eindeutige Rückverfolgbarkeit der einzelnen Behandlungsschritte unabdingbar und das erfordert eine gute und präzise Dokumentation. Dies wiederum setzt ein funktionierendes Qualitätsmanagementsystem voraus, das von Praxis und Labor gelebt wird. Spätestens im Falle einer juristischen Auseinandersetzung kann dies für den Arzt und seine Praxis "lebensrettend" sein.

Es ist deshalb unverantwortlich und eine langfristige Verschwendung von Milliardensummen in unserem Gesundheitssystem, wenn Krankenkassen dafür werben, Zahnersatz im Ausland herstellen zu lassen und dabei jegliche Möglichkeit der Einflussnahme auf die Versorgungsqualität der ihnen anvertrauten Patienten abgeben.

Das Dentallabor bzw. der Zahntechniker, die sich mit umwelt-medizinischer Thematik befassen und die daraus gewonnenen Kenntnisse in die Praxis umsetzen, erfüllen somit eine ganz wesentliche Aufgabe in unserem Gesundheitssystem.

Während die meisten Zahntechniker damit beschäftigt sind, sich einen Teil vom immer kleiner werdenden Kuchen abzuschneiden und sich - auch zum Nachteil des Patienten - einen harten Verdrängungswettbewerb liefern, gibt es schon länger Bestrebungen von engagierten Zahntechnikern, sich auf dem anspruchsvollen Gebiet der Umwelt-ZahnMedizin/Umwelt-ZahnTechnik zu profilieren.

So hat sich eine Gruppe von Zahntechnikern und Zahnärzten innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Umwelt-Zahnmedizin (DGUZ) unter Einbindung eines extra gegründeten wissenschaftlichen Rates gebildet, die unter der Marke "VIO-Colleg" ein entsprechendes Netzwerk von Zahnärzten, Zahntechnikern, Ärzten und Therapeuten installiert hat mit dem Ziel, eine umfassende und nachhaltige Patientenbehandlung in der Zahnmedizin zu gewährleisten und weiter zu entwickeln. Für Zahntechniker macht die Teilnahme an diesem Netzwerk aufgrund der Komplexität und der Investition eher Sinn im Rahmen eines größeren Dentallabor, aber auch besonders engagierte kleinere Betriebe oder besonders gut ausgerüstete größere Praxislabore sind im Netzwerk willkommen.

In den Statuten werden allerdings extrem hohe Qualitätsstandards definiert, die - und das ist sehr wichtig - erfordern, dass die Verfahren exakt dokumentiert und rückverfolgbar sein müssen. Basis ist zunächst die Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001. Geplant für die Zukunft ist die Zertifizierung nach DIN EN ISO 13485. Ferner ist permanente Weiterbildung und die Bereitschaft zum Wissensaustausch auf allen umweltmedizinischen Bereichen erforderlich, um den umweltmedizinisch tätigen Zahnärzten, Ärzten und Therapeuten in Zukunft der kompetente und starke Partner zu sein.

Nach Auffassung des Autors ist dieser Ansatz, also neben der traditionellen Zahntechnik die Integration sowohl der Umwelt-(Zahn-)Medizin als auch der Funktionsdiagnostik und die Zusammenarbeit mit renommierten Wissenschaftlern, der richtige Weg in die Zukunft. Denn für z. B. Dentalspezialisten für umweltzahntechnische Verfahren ergeben sich neue Tätigkeitsgebiete mit schon heute hervorragenden Perspektiven in unternehmerischer und vor allem gleichzeitig gesellschaftspolitisch verantwortlicher und ethischer Sicht.


Kontakt:
ZTM Ruprecht Bauer
Auditor DIN EN ISO 9001 und 13485
Ressortleiter Zahntechnik DGZU
Waldeckstr. 4
82467 Garmisch-Partenkirchen
Tel.: 0171/ 360 35 60
rb@byarsdentalis.de
www.byarsdentalis.de


Nachweis

(1) SCHLAUD, M., ATZPODIEN, K., THIERFELDER, W. (2007): Allergische Erkrankungen - Ergebnisse aus dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS), Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 50: 701-710.


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Quelle:
umwelt · medizin · gesellschaft Nr. 2/2011, (Juni 2011)
24. Jahrgang, S. 125 - 128
Verlag: UMG Verlagsgesellschaft mbH
Frielinger Str. 31, 28215 Bremen
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Internet: www.umwelt-medizin-gesellschaft.de

Erscheinungsweise: vierteljährig
Bezugspreis: Für Mitglieder der Umweltmedizinischen Verbände dbu, DGUHT, DGUZ, IGUMED
und Ökologischer Ärztebund sowie der weiteren beteiligten Verbände
DGMCS und VHUE ist der Bezug der Zeitschrift im Jahresbeitrag enthalten.
Das Abonnement kostet ansonsten jährlich 38,- Euro frei Haus, Ausland 45,- Euro.
Einzelheft: 10,- Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2011