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CHIRURGIE/424: Narbenfrei - Gallenblasenoperation durch den Bauchnabel bald Routine (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Montag, 19. Juli 2010

Narbenfrei: Gallenblasenoperation durch den Bauchnabel bald Routine


fzm - Die narbenfreie Operation der Gallenblase durch den Bauchnabel erweist sich in einer aktuellen Studie als sicher. Die Autoren erläutern in der Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2010), warum das "Single-Port"-Verfahren über den Nabel schon bald Standard sein könnte. An einigen Zentren bieten Chirurgen die neue Operationsmethode bereits an. Die Autoren der Studie weisen auf die derzeit noch erheblichen Kosten durch die nur einmal verwendbaren Instrumente hin. Mehrfach verwendbare Instrumente seien jedoch in der Entwicklung.

Früher hinterließ die Entfernung der Gallenblase eine 10 bis 20 Zentimeter lange Narbe am rechten Oberbauch. Diese ist nicht nur unschön anzusehen, sondern sie birgt auch die Gefahr, schlecht zu heilen. Heute zeugen meist nur noch drei oder vier kurze Striche von der Operation, denn Chirurgen nehmen den Eingriff oft im Rahmen einer Bauchspiegelung durch kleine Schnitte in die Bauchdecke vor. Bei dieser Laparoskopie führen sie ein Endoskop für die Sicht und zwei bis drei Operationsinstrumente in die Bauchhöhle ein. Diese laparoskopische Cholezystektomie ist heute internationaler Standard, schreibt Privatdozent Dr. med. Dietmar Jacob vom Vivantes Klinikum Am Urban in Berlin. Neben der schnelleren Erholung seien auch die kosmetischen Aspekte ein großer Gewinn für den Patienten.

Bisher wurden Endoskop und Instrumente über drei oder vier Schnitte getrennt voneinander in die Bauchhöhle eingeführt. Bei der neuen "Single-Port"-Technik erfolgt dies über eine gemeinsame Öffnung auf dem Grund des Bauchnabels. Von der 15 bis 20 Millimeter langen Narbe sei später meistens nichts zu sehen, verspricht Dr. Jacob. Für den Experten ist die Operation eine Alternative zu den NOTES-Verfahren ("natural orifice transluminal endoscopic surgery"), bei denen Operationen über natürliche Körperöffnungen, etwa die Vagina, erfolgen.

Das Vivantes Klinikum Am Urban in Berlin gehört laut Dr. Jacob zu den ersten Krankenhäusern in Deutschland, die die "Single-Port"-Operationen regulär durchführen. Seit Sommer 2008 seien mehr als 200 Patienten auf diese Weise operiert worden. Dr. Jacob: Das ist auch weltweit eine der größten Serien von Gallenblasenoperationen über einen Zugang. Und die Erfahrungen zeigen, dass die anfänglichen Bedenken unbegründet waren. Mit durchschnittlich 63 Minuten benötigten Ärzte kaum länger als bei einer herkömmlichen laparoskopischen Operation, berichtet Dr. Jacob. Fehlschläge waren selten. Nur in zwei Fällen mussten die Chirurgen während der Operation zusätzliche Ports anlegen. Bei zwei weiteren Patienten wechselten sie auf die "offene" Operation mit langem Bauchschnitt. Fünf Patienten operierten sie erneut, weil es zu Komplikationen gekommen war. Alle erholten sich später von dem Eingriff.

Die Komplikationsrate ist nach Einschätzung von Dr. Jacob nicht höher als bei der etablierten "Mehr-Port"-Technik mit drei bis vier Zugängen. Die neue Single-Port-Cholezystektomie sei deshalb eine sichere und gut durchzuführende Operationstechnik. Gegen eine weite Verbreitung spreche aktuell noch der hohe Preis für die Instrumente, denn sie sind nur zum Einmalgebrauch vorgesehen. Wieder verwertbare Instrumente befinden sich nach Kenntnis von Dr. Jacob jedoch in der klinischen Erprobung. Dann werde die Single-Port-Operation für die Kliniken auch wirtschaftlich rentabel, meint Dr. Jacob. Der Experte rechnet damit, dass sich das neue Operationsverfahren in den nächsten Jahren nicht zuletzt auch deshalb durchsetzen wird, weil die Patientinnen - zwei Drittel aller Gallenoperationen werden bei Frauen durchgeführt - dies wünschen. Dr. Jacob: Der Aspekt der äußerlich narbenfreien Operation spielt in der heutigen Gesellschaft eine immer größere Rolle.


D. A. Jacob, R. Raakow:
Single-Port-Cholezystektomie: Der neue Standard?
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2010; 135 (27): S. 1363-13


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Quelle:
FZMedNews - Montag, 19. Juli 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juli 2010