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NEUROLOGIE/630: Gehirnerschütterungen wirken lange nach (idw)


Philipps-Universität Marburg - 25.10.2010

Gehirnerschütterungen wirken lange nach


Leichte Gehirnerschütterungen haben gravierende Langzeitwirkungen. Das ist das Ergebnis einer Studie, die Mediziner und Psychologen aus Marburg und Münster jetzt vorgelegt haben. Der Untersuchung zufolge leiden die Betroffenen noch nach sechs Jahren unter erheblichen Beeinträchtigungen ihrer kognitiven Fähigkeiten.

"Ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma kann nach relativ geringen Erschütterungen beim Sport, im Haushalt, nach Auffahrunfällen oder Stürzen auftreten", erklärt Projektleiter Dr. Carsten Konrad; bis zu drei Promille aller Menschen sind betroffen. Für Patienten, die eine Gehirnerschütterung erlitten haben und danach emotionale oder kognitive Beeinträchtigungen bemerken, ist es häufig schwierig, ihre Ansprüche gegenüber Versicherungen oder Unfallgegnern durchzusetzen, da nach der gängigen Lehrmeinung eine Gehirnerschütterung ohne Langzeitfolgen bleibt.

Das interdisziplinäre Autorenteam um Carsten Konrad liefert nun Hinweise darauf, dass diese Auffassung falsch sein könnte. Die Wissenschaftler nahmen Patienten unter die Lupe, die ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma erlitten haben, und untersuchten sie psychiatrisch, neuropsychologisch sowie mittels Magnetresonanztomographie. Die Resultate sind in der neuesten Ausgabe der Fachzeitschrift "Psychological Medicine" nachzulesen.

Die Patienten nach leichtem Schädel-Hirn-Trauma zeigten im Durchschnitt nach sechs Jahren mittelstarke bis starke Beeinträchtigungen in verschiedenen neuropsychologischen Bereichen wie Lernen und Gedächtnis, Arbeitsgedächtnis, Aufmerksamkeit und Exekutivfunktionen. Auch depressive Symptome waren nach Gehirnerschütterung häufiger. Bei Probanden, die kein Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatten, zeigte sich kein derartiger Befund. "Wir können ausschließen, dass die beobachteten Beeinträchtigungen sich durch depressive Symptome oder suboptimales Leistungsverhalten erklären lassen", führt Konrad aus. Die Ursachen der Langzeitwirkung sind unbekannt.


Weitere Informationen:
Ansprechpartner:
Dr. Carsten Konrad
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie
E-Mail: Carsten.Konrad@med.uni-marburg.de

Originalpublikation:
Carsten Konrad & al.:
Long-term cognitive and emotional consequences of mild traumatic brain injury
Psychol Med. 22/2010

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:

http://idw-online.de/pages/de/image127529
Empfindlicher Inhalt: Der Schädel schützt das Gehirn vor Erschütterungen, die nachhaltige Wirkungen haben können.

http://idw-online.de/pages/de/image127530
Der Mediziner Dr. Carsten Konrad leitete die Studie zu Langzeitwirkungen von Gehirnerschütterungen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution376


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Philipps-Universität Marburg, Johannes Scholten, 25.10.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Oktober 2010