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FORSCHUNG/3231: Translationsforschung neu denken (idw)


Charité / Universitätsmedizin Berlin - 03.02.2015

Translationsforschung neu denken



Translationsforschung in den Lebenswissenschaften muss neu gedacht werden - das fordern Wissenschaftler der Charité - Universitätsmedizin Berlin gemeinsam mit weiteren internationalen Translationszentren in der Zeitschrift Science Translational Medicine*.

Translation ist ein aktiver Prozess, bei dem erfolgversprechende Ergebnisse der Grundlagenforschung in medizinische Therapien überführt werden. Nur so kann aus einem erstklassigen Forschungsergebnis ein Medikament oder eine Therapie werden.

Translationsforschung neu denken, bedeutet, den gesamten Prozess der Translation vom Patienten aus zu denken. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit und Rückkopplung zwischen Grundlagenforschern und Klinikern. Forscher müssen nachvollziehen können, ob und wie ihre Forschungsergebnisse in Medikamente oder Therapien überführt werden können. "Zu verstehen, warum eine neue Therapie bei dem einen Patienten wirkt und bei einem anderen nicht, ist ein wesentlicher Teil der Forschung", betont Prof. Dr. Georg Duda, Stellvertretender Direktor des Berlin-Brandenburger Centrums für Regenerative Therapien (BCRT) der Charité und Erstautor der Veröffentlichung.

Translationsforschung neu praktizieren, heißt verstärkte Teamarbeit und interdisziplinäres Arbeiten. Spezialisten unterschiedlicher Disziplinen forschen gemeinsam und binden frühzeitig Experten aus Industrie, Krankenkassen und Patientenvertreter ein. Im steten Austausch ist jeder Einzelne gefordert, über die Grenzen seines Fachs hinauszudenken. So benötigten auch Grundlagenforscher ein Verständnis über Zulassungsverfahren, um alle Möglichkeiten der Forschungsarbeit zu erkennen. Große Potentiale der Translation bestehen in der Teamarbeit. Noch werden wissenschaftliche Erfolge überwiegend als Einzelleistungen belohnt. Die Autoren fordern entsprechend ein Umdenken im Wissenschaftssystem: "Neue akademische Anreize müssen geschaffen werden, um die längerfristigen Vorteile für Teamarbeit aufzuzeigen", so Prof. Dr. Hans-Dieter Volk, Direktor des BCRT und Co-Autor. In diesem Zuge sollte Translationsforschung auch stärker Misserfolge thematisieren können. Fehlerquellen und sogenannte investigator-driven trials sollten zum Nutzen aller offener in der wissenschaftlichen Gemeinschaft kommuniziert und diskutiert werden.

Außerdem brauche es ein Umdenken in den Lebenswissenschaften, um weiterhin vielversprechende Ergebnisse aus der Grundlagenforschung in medizinische Therapien zu überführen. Die Translationsexperten wollen gemeinsam mit dem Berlin-Brandenburger Centrum für Regenerative Therapien und dem Berliner Institut für Gesundheitsforschung (BIH) ein neues Herangehen an die Translationsforschung voranbringen. Dies erfordere ebenso neue Finanzierungsmöglichkeiten. Öffentlich geförderte Grundlagenforschung schafft die Basis für Innovationen - oft fehlt jedoch gerade eine Brückenfinanzierung von der Grundlagenforschung in die klinische Anwendung. Kreative Ansätze bestehen bereits, beispielsweise durch Partnerschaften von öffentlichen Fördereinrichtungen und Industrie.


* G. N. Duda, D. W. Grainger, M. L. Frisk, L. Bruckner-Tuderman, A. Carr, U. Dirnagl, K. M. Einhäupl, S. Gottschalk, E. Gruskin, C. Huber, C. H. June, D. J. Mooney, E. T. Rietschel, G. Schütte, W. Seeger, M. M. Stevens, R. Urban, A. Veldman, G. Wess, H.-D. Volk: Changing the Mindset in Life Sciences Toward Translation: A Consensus. Sci. Transl. Med. 6, 2014. doi: 10.1126/scitranslmed.aaa0599.


Das Berlin-Brandenburger Centrum für Regenerative Therapien (BCRT) ist ein interdisziplinäres Translationszentrum. Es wurde 2006 von der Charité - Universitätsmedizin und der Helmholtz-Gemeinschaft gegründet. Ca. 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter forschen zu körpereigenen Heilungsprozessen und entwickeln darauf aufbauend neue Therapien und Diagnostika. Kliniker, Forscher und Ingenieure arbeiten am BCRT Hand in Hand für eine patientengerechte Medizin, bei der die Erkrankung frühzeitig erkannt wird, um die individuellen Heilungspotentiale des Patienten optimal zu nutzen. Die Wissenschaftler entwickeln neue Therapien zur Regeneration bei Erkrankungen des Immunsystems, des Bewegungsapparates und des Herz-Kreislauf-Systems, die bisher nur unbefriedigend behandelt werden können.

Das Berliner Institut für Gesundheitsforschung/Berlin Institute of Health (BIH) wurde im März 2013 als biomedizinische Forschungseinrichtung von der Charité - Universitätsmedizin Berlin und dem Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin gegründet. Leitidee des BIH ist die translationale Forschung, verschränkt mit dem fächerübergreifenden Ansatz der Systemmedizin. Damit schließt das BIH eine Lücke zwischen Grundlagenforschung und klinischer Anwendung. Beide Welten werden in einem gemeinsamen Forschungsraum zusammengebracht, um verbesserte diagnostische, therapeutische und präventive Verfahren für die Gesundheit der Menschen zu entwickeln.


Kontakt:
Prof. Dr. Georg N. Duda
Direktor des Julius Wolff Instituts für Biomechanik und Muskuloskeletale Regeneration
Stellvertretender Direktor des Berlin-Brandenburger Centrums für Regenerative Therapien (BCRT)
Charité - Universitätsmedizin Berlin
E-Mail: georg.duda[at]charite.de


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.charite.de
http://jwi.charite.de/
http://bcrt.charite.de/home/
https://www.bihealth.org/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution318

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Charité - Universitätsmedizin Berlin, Dr. Julia Biederlack, 03.02.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Februar 2015


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