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MELDUNG/016: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 04.12.09 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Botenstoffe entscheidend für Immunabwehr von Krebs
→  US-Rheumaforscherin lobt Berliner Immun-Wissenschaft
→  Krebsgen der Papillomviren schaltet angeborene Immunantwort aus

Raute

Gemeinsame Pressemitteilung des Universitätsklinikums Heidelberg und des Deutschen Krebsforschungszentrums - 03.12.2009

Botenstoffe entscheidend für Immunabwehr von Krebs

- Körpereigene Abwehrmechanismen schlagkräftig gegen Brustkrebs
- Heidelberger Wissenschaftler veröffentlichen in "Cancer Research"

Ob Krebs entsteht und sich ausbreitet, ist unter anderem abhängig von der körpereigenen Abwehrlage. Wissenschaftler einer Kooperationsgruppe der Universitäts-Frauenklinik und des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg haben Brusttumore untersucht und zwei Botenstoffe identifiziert, die entscheidend daran beteiligt sind, Abwehrzellen gegen den Tumor zu aktivieren. Sind aktivierte Abwehrzellen nachweisbar, verbessert sich die Prognose. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift "Cancer Research" veröffentlicht.

Dass körpereigene Immunantworten auf Tumorzellen prinzipiell möglich sind und sich positiv auf den Verlauf von Brust- oder Darmkrebs auswirken können, ist schon länger bekannt. Im Reagenzglas sind bestimmte Immunzellen (T-Zellen), die spezifisch gegen den Tumor gerichtet sind, sogar in der Lage, Tumorzellen komplett zu vernichten. Bisher ist jedoch noch nicht erforscht, unter welchen Umständen es dem Körper gelingt, aktive tumorspezifische T-Zellen zu bilden, und wie diese den weiteren Krankheitsverlauf mitbestimmen.

Tumorspezifische T-Zellen verbessern die Prognose

Die Wissenschaftler um Dr. Christoph Domschke und Dr. Florian Schütz (Universitäts-Frauenklinik, Heidelberg) sowie Privatdozent Dr. Philipp Beckhove, Leiter der Arbeitsgruppe Translationale Immunologie am Deutschen Krebsforschungszentrum, haben 207 Brustkrebspatientinnen untersucht und festgestellt, dass die Erkrankung günstiger verläuft und mit einem geringeren Sterblichkeitsrisiko einhergeht, wenn tumorspezifische T-Zellen im Knochenmark vorhanden sind. Die Aktivierung dieser Zellen ist jedoch von vielen Faktoren abhängig.

Botenstoffe beeinflussen Immunantwort

Die Wissenschaftler untersuchten in Brustkrebsproben den Gehalt an 27 verschiedenen Immunbotenstoffen (Zytokinen) und Wachstumsfaktoren. "Insbesondere konnten wir nachweisen, dass die Zusammensetzung der Botenstoffe im Tumor entscheidend ist für eine funktionierende Abwehrreaktion im Knochenmark", sagt Dr. Christoph Domschke. Bevor das Knochenmark Abwehrzellen bilden kann, müssen ihm sogenannte dendritische Zellen mitteilen, dass im Körper Krebszellen vorhanden sind und welches spezifische Merkmal sie haben. "Diese dendritischen Zellen leiten jedoch nur dann eine schlagkräftige Immunabwehr ein, wenn das Tumorgewebe eine spezifische Zusammensetzung an Zytokinen aufweist. Erforderlich sind hohe Konzentrationen an Interferon alpha (IFNa) und gleichzeitig geringen Konzentrationen an Transforming Growth Factor beta1 (TGFß1)", so Domschke.

"Unsere Ergebnisse sprechen für die Bedeutung einer funktionierenden Immunantwort für die Prognose einer Brustkrebserkrankung", erklärt Studienleiter Philipp Beckhove. Bei der Planung zukünftiger individualisierter Immuntherapien gegen Brustkrebs müssten daher die Konzentrationen immunologischer Botenstoffe im Tumor berücksichtigt werden.

Literatur:
Intratumoral Cytokines and Tumor Cell Biology Determine Spontaneous Breast Cancer-Specific Immune Responses and Their Correlation to Prognosis.
Christoph Domschke, Florian Schuetz, Yingzi Ge, Tobias Seibel, Christine Falk, Benedikt Brors, Israel Vlodavsky, Nora Sommerfeldt, Hans-Peter Sinn, Marie-Christine Kühnle, Andreas Schneeweiss, Alexander Scharf, Christof Sohn, Volker Schirrmacher, Gerhard Moldenhauer, Frank Momburg, Philipp Beckhove
Cancer Research 2009; 69(21): 8420-8428.

Weitere Informationen
über die Frauenklinik des Universitätsklinikums Heidelberg:
www.klinikum.uni-heidelberg.de/Frauenklinik.106569.0.html

Ansprechpartner:
Dr. med. Christoph W. Domschke
Universitäts-Frauenklinik Heidelberg
Vossstraße 9, 69115 Heidelberg
E-Mail: christoph.domschke@med.uni-heidelberg.de

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang

Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 7.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 40 Kliniken und Fachabteilungen mit 1.600 Betten werden jährlich rund 500.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.100 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.
www.klinikum.uni-heidelberg.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/pages/de/image105577
Mikroskopisches Schnittbild aus dem Knochenmark einer Brustkrebspatientin: Tumorspezifische T-Zellen (rot) werden durch dendritische Zellen (schwarz) aktiviert.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution665

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg, Dr. Annette Tuffs, 03.12.2009

Raute

Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin - 02.12.2009

US-Rheumaforscherin lobt Berliner Immun-Wissenschaft Neue Hoffnung für chronisch Kranke

Berlin. Am 1.Dezember 2009 wurde im Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ) Frau Prof. Weyand, eine führende Rheuma-Forscherin von der Stanford-University, USA, mit der Einladung zur Albrecht-Hasinger-Lecture geehrt. In Ihrem Vortrag "The Immune System in Rheumatoid Arthritis - In Need for Rejuvenation" präsentierte sie bahnbrechende neue Einsichten in die Ursachen rheumatischer Erkrankungen. Die Albrecht-Hasinger-Lecture lesen herausragende Rheumaforscher seit 1994 zum Gedenken an den ehemaligen Staatssekretär Albrecht Hasinger, einer der Gründungsväter des DRFZ.

Bei dieser Gelegenheit äußerte sie sich auch begeistert über die Berliner Pläne, ein Zentrum für Neue Immuntherapien aufzubauen. Prof. Weyand: "Die letzten Jahre haben aufregende neue Erkenntnisse über Krankheitsmechanismen und Fähigkeiten des Immunsystems zur Selbstkontrolle gebracht. Es ist höchste Zeit, diese umzusetzen in neue Therapien für unsere Patienten. In Berlin existiert ein beeindruckendes Spektrum von international führenden Immunologen, die unser Wissen über Zellen des Immunsystems, ihre Rolle in chronisch-entzündlichen Erkrankungen und die Kontrollmechanismen des Immunsystems entscheidend erweitert haben.

Hierauf aufbauend ein Zentrum zu gründen, das zum ersten Mal in Deutschland sich ganz der Frage widmet, wie das neue Wissen genutzt werden kann, um Immunkrankheiten zu heilen, ist ein großartiges Vorhaben und wird für die vielen Patienten, die an chronischen Entzündungskrankheiten wie Rheuma, Diabetes I, Multipler Sklerose, oder Allergien leiden, neue Hoffnung auf eine Heilung geben können." Die Inititative für das Zentrum für Neue Immuntherapien wird unter anderem getragen vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin (Professor Andreas Radbruch) sowie dem Institut für Medizinische Immunologie (Professor Hans-Dieter Volk) und der Medizinischen Klinik für Rheumatologie (Professor Alf Hamann) an der Charité - Universitätsmedizin Berlin.

Weitere Informationen erhalten Sie hier:
Charité / Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin
Professor Alf Hamann
Charitéplatz 1, 10117 Berlin
hamann@drfz.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.drfz.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1256

Quelle: Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin, Jacqueline Hirscher, 02.12.2009

Raute

Deutsches Krebsforschungszentrum - 03.12.2009

Krebsgen der Papillomviren schaltet angeborene Immunantwort aus

Das humane Papillomvirus Typ 16, der häufigste Erreger von Gebärmutterhalskrebs, schaltet in seinen Wirtszellen ein wichtiges Signalmolekül der Immunabwehr aus. Fehlt die körpereigene Abwehr, können die Erreger die Schleimhautzellen umso erfolgreicher befallen. Für diesen Mechanismus ist das Virus-Krebsgen E6 verantwortlich, wie Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum herausfanden.

In den 1980er Jahren entdeckten Harald zur Hausen und seine Mitarbeiter, dass bestimmte Typen der humanen Papillomviren (HPV) Gebärmutterhalskrebs verursachen. Schnell wurde aufgeklärt, wie diese Erreger die Zellen entarten lassen. Hauptschuldig, so weiß man inzwischen, sind die Virusproteine E6 und E7. Beide Proteine schalten unterschiedliche Kontrollfunktionen der Zelle aus und kurbeln dadurch das Zellwachstum an.

Professor Dr. Frank Rösl und seine Mitarbeiter im Deutschen Krebsforschungszentrum entdeckten nun einen weiteren Mechanismus, über den das E6-Protein des Hochrisikovirus HPV16 die Krebsentstehung fördert. Das Krebsgen schaltet die Produktion des Immunbotenstoffs Interferon-kappa aus. Interferone sind körpereigene Proteine, die vor allem die Abwehr von Viren und Tumoren anregen. Sie werden von weißen Blutkörperchen und anderen Zelltypen gebildet. Interferon-kappa ist für HPV-Infektionen von Bedeutung, da es vor allem in Haut- und Schleimhautzellen (Keratinozyten) produziert wird, in die sich die Viren bevorzugt einnisten. Fällt Interferon-kappa in den Zellen aus, funktionieren auch andere an der Immunabwehr beteiligte Proteine nicht mehr.

Dr. Bladimiro Rincon-Orozco aus dem Team um Frank Rösl zeigte nun zum ersten Mal, dass HPV16 das Interferon-kappa-Gen durch biochemische Modifikation der DNA abschaltet. Solche Veränderungen des Erbguts werden als epigenetische Mutation bezeichnet. Die Forscher beobachteten zunächst bei HPV-infizierten Zellen in der Kulturschale, dass das Interferon-kappa-Gen epigenetisch stillgelegt ist, und konnten das Ergebnis dann auch an Gewebeproben von Gebärmutterhalskrebs bestätigen.

Interferon-kappa ist ein wichtiger Bestandteil der so genannten "angeborenen" Immunität, erklärt Frank Rösl. Über diesen entwicklungsgeschichtlich alten Abwehrmechanismus kann sich der Körper sofort nach einer Infektion gegen die Erreger wehren, denn die spezifische "erworbene" Abwehr muss sich erst formieren, was einige Zeit dauern kann. "Indem die Viren die Interferon-Produktion abschalten, verhindern sie, dass infizierte Zellen durch diese Art der Immunabwehr beseitigt werden", erläutert Rösl die Strategie des Krebserregers. Als nächstes planen die Forscher zu untersuchen, ob die Gabe von Interferon-kappa von außen das Wachstum von Gebärmutterhalskrebszellen bremst und so möglicherweise die Behandlung der Erkrankung unterstützen kann.

Ein Bild zur Pressemitteilung steht im Internet zur Verfügung
http://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2009/images/HPV_1.jpg
Bildlegende: Elektronenmikroskopische Aufnahme von humanen Papillomviren
Bildquelle: Prof. Dr. Hanswalter Zentgraf, Deutsches Krebsforschungszentrum

Bladimiro Rincon-Orozco, Gordana Halec, Simone Rosenberger, Dorothea Muschik, Ingo Nindl, Anastasia Bachmann, Tina Maria Ritter, Bolormaa Dondog, Regina Ly, Franz X. Bosch, Rainer Zawatzky und Frank Rösl:
Epigenetic Silencing of Interferon-κ in Human Papillomavirus Type 16-Positive Cells.
Cancer Res 2009; 69: (22) November 15, 2009

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland und Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren. Über 2.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, davon 850 Wissenschaftler, erforschen die Mechanismen der Krebsentstehung und arbeiten an der Erfassung von Krebsrisikofaktoren. Sie liefern die Grundlagen für die Entwicklung neuer Ansätze in der Vorbeugung, Diagnose und Therapie von Krebserkrankungen. Daneben klären die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Krebsinformationsdienstes (KID) Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Das Zentrum wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dkfz.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution386

Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum, Dr. Stefanie Seltmann, 03.12.2009

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2009