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MELDUNG/213: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 12.10.10 (idw)


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      Werkstoffwissenschaftler der Universität Jena bekämpfen Arthrose und Osteoporose
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Friedrich-Schiller-Universität Jena - 11.10.2010

Knorpel-Comeback

Werkstoffwissenschaftler der Universität Jena bekämpfen Arthrose und Osteoporose

Jena (11.10.10) Irgendwann erwischt es jeden. Mit zunehmendem Alter verschleißen Gelenke und Knochen. Wenn z. B. der Knorpel, der als Puffer in den Gelenken funktioniert, abgenutzt ist, hilft meist nur noch der ärztliche Griff zum Ersatzteil. Bis jetzt jedenfalls. Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena forschen gemeinsam mit Kollegen aus Italien, Frankreich, England, Deutschland und der Schweiz an einem winzigen Konstrukt, das im Gelenk implantiert die körpereigene Knorpelbildung wieder anregen soll. Das Projekt "OPHIS" (Composite Phenotypic Triggers for Bone and Cartilage Repair) wird von der EU mit vier Millionen Euro gefördert, 350.000 Euro davon gehen an die Universität Jena. Das Projekt läuft über vier Jahre.

Vor allem Arthrose- und Arthritispatienten könnten von den Erkenntnissen aus dem Projekt profitieren, denn wenn der Arzt die Krankheiten frühzeitig erkennt, kann an kleineren Schwundstellen das Knorpelwachstum wieder aktiviert werden. "Zwar gibt es solche Produkte schon auf dem Markt", erklärt Prof. Dr. Frank A. Müller, Werkstoffwissenschaftler von der Universität Jena. "Keines davon verwächst aber aktiv mit dem darunter befindlichen Knochen. Genau da liegt die Verbesserung unseres Implantats."

Das im Durchmesser etwa einen Zentimeter große Zelluloseimplantat ist schwammartig und verfügt über zwei unterschiedliche Oberflächen. "Durch Bioaktivierung, die mit Kalziumphosphat-Nanopartikeln an der Unterseite des Implantats erreicht wird, kann es substanziell mit dem Knochen verwachsen", erklärt der Jenaer Professor für Oberflächen- und Grenzflächentechnologie. "Wissenschaftler eines anderen Teilprojekts im englischen Brighton tragen auf der entgegengesetzten, porösen Oberfläche des Implantats Wachstumsfaktoren auf, die die Bildung und das Einwachsen von Knorpelzellen anregen."

Die benötigten porösen Oberflächen können die Werkstoffwissenschaftler der Universität Jena mit einem extra hierfür entwickelten Verfahren per Gefrierstrukturierung herstellen. "Dabei wird pflanzliche Zellulose in einem wasserhaltigen Lösungsmittel gelöst und anschließend mit definierter Geschwindigkeit eingefroren", erklärt Prof. Müller. "Die Eiskristalle wachsen dadurch gerichtet entlang eines kontrollierbaren Temperaturgradienten. Danach wird die Zellulose gefriergetrocknet, so dass an die Stelle der Eiskristalle kleine Löcher - Poren - treten, da sich das Wasser vom festen in den gasförmigen Aggregatzustand umwandelt. So entsteht eine definiert ausgerichtete, mikroporöse Oberfläche." In Jena wurde für dieses Verfahren extra eine eigene Anlage konstruiert.

Neben reinen Zelluloseimplantaten werden auch Kompositmaterialien aus Zellulose und Kollagen getestet. Diese sind noch Erfolg versprechender, da das Strukturprotein Kollagen ein wesentlicher organischer Bestandteil des Bindegewebes - und damit auch der Knochen und Knorpel - ist.

Zusätzlich wollen die Wissenschaftler des Forschungsprojektes Osteoporose bekämpfen. Auch hier sollen winzige Implantate den Knochenschwund aufhalten bzw. das Knochenwachstum wieder anregen. Diese Implantate bestehen aus Bakterienzellulose, die in Kooperation mit der Forschungsgruppe um Dr. Dana Kralisch am Institut für Technische Chemie und Umweltchemie der Jenaer Uni entwickelt wird. "Bestimmte Bakterienstämme verwenden Glukose in ihrem Nährmedium, um Zellulose zu produzieren", informiert der Projektleiter von der Universität Jena. "Wenn man die Produktion durch eine Schüttelbewegung der Flüssigkeit beeinflusst, entstehen kleine Kügelchen. Diese von Natur aus porösen Strukturen werden mit definierten Proteinsequenzen - sogenannten Peptiden - versehen und in den Knochen implantiert. Knochenbildende Zellen wandern ein und das Knochenwachstum wird neu stimuliert."

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-jena.de

Kontakt:
Prof. Dr. Frank A. Müller
Institut für Materialwissenschaft und Werkstofftechnologie
der Universität Jena
Löbdergraben 32, 07743 Jena
E-Mail: Frank.Mueller@uni-jena.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution23

Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena, Sebastian Hollstein, 11.10.2010

Raute

Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg - 08.10.2010

Mit Computern das Gehirn verstehen?

Auftaktkongress des neuen Bernstein Zentrums für Computational Neuroscience in Heidelberg

Die Projektleiter und Wissenschaftlerteams des neu eingerichteten Bernstein Zentrums für Computational Neuroscience Heidelberg-Mannheim kommen am 12. und 13. Oktober 2010 zu einem Auftaktkongress in Heidelberg zusammen. An dem Forschungsverbund, der seit Sommer dieses Jahres vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, sind Hirnforscher, Psychiater, Psychologen, Mathematiker und Biologen des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim und der Universität Heidelberg beteiligt. Sie untersuchen die neuronalen Grundlagen höherer kognitiver Funktionen und ihre Störung bei psychiatrischen Erkrankungen. Zu dem Treffen mit rund 100 Teilnehmern werden neben den Mitgliedern des Zentrums auch Fachkollegen aus ganz Deutschland sowie Frankreich, Spanien und Norwegen erwartet.

Obwohl die Forschung große Fortschritte in der Analyse normaler und gestörter Hirnfunktionen gemacht hat, sind viele grundlegende Aspekte noch ungeklärt: Welchen Einfluss haben vererbte Eigenschaften auf unsere Hirnfunktion? Was macht ein Gen zum Krankheitsrisiko? Die Wissenschaftlerteams am Bernstein Zentrum Heidelberg-Mannheim werden sich insbesondere mit der Frage beschäftigen, wie sich genetische Veränderungen auf die Eigenschaften von Nervenzellen und die Verbindungen zwischen ihnen auswirken und welche Auswirkungen diese veränderten Eigenschaften wiederum auf die Funktionsweise des Gehirns und damit für das Verhalten haben. Die Forscher wollen damit einen wichtigen Beitrag leisten zum Verständnis der Störungen bei Schizophrenie und anderen psychiatrischen Erkrankungen, die immer noch nicht ausreichend verstanden sind.

Die Forschungsarbeiten basieren dabei nicht nur auf präzisen Messungen, sondern erfordern zugleich computerbasierte Modellrechnungen. Nur so lassen sich in überschaubarer Zeit Hypothesen über das komplexe Zusammenspiel der Milliarden von Nervenzellen überprüfen. Umgekehrt können Computersimulationen nur so gut sein wie die Daten, auf denen sie aufbauen: Damit sind die Experten auf dem Gebiet der Computational Neuroscience auf den ständigen Austausch mit experimentell arbeitenden Forschern angewiesen. Der neue Forschungsverbund vereint Wissenschaftler des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim sowie der Medizinischen Fakultäten Heidelberg und Mannheim mit Forschern aus dem Interdisziplinären Zentrum für Neurowissenschaften und dem Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen der Universität Heidelberg. Koordiniert wird das Bernstein Zentrum Heidelberg-Mannheim von Dr. Daniel Durstewitz, Wissenschaftler am ZI.

Informationen im Internet können unter den Adressen
www.nncn.de/termine
und
www.izn.uni-heidelberg.de
abgerufen werden.

Kontakt:
Prof. Dr. Andreas Draguhn
Institut für Physiologie und Pathophysiologie
andreas.draguhn@physiologie.uni-heidelberg.de

Im Rahmen des Auftaktkongresses sollen unterschiedliche'Forschungsansätze und -konzepte diskutiert werden.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution5

Quelle: Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Marietta Fuhrmann-Koch, 08.10.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Oktober 2010