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MELDUNG/229: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 05.11.10 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Dem Verursacher von Zystennieren auf der Spur
→  Neue Messmethode zur schonenden Beurteilung von geschädigtem Hirngewebe beim Schlaganfall
→  Stammzelltransplantation - Neue Therapie soll Überlebenschancen erhöhen

Raute

Universitätsklinikum Freiburg - 04.11.2010

Dem Verursacher von Zystennieren auf der Spur

Aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen einer Arbeitsgruppe um PD Dr. Wolfgang Kühn, Nephrologe am Universitätsklinikum Freiburg, werfen ein neues Licht auf einen Therapieansatz für die Zystennierenerkrankung mit so genannten mTOR-Hemmern. Veröffentlichung der Ergebnisse im renommierten Fachjournal Nature Cell Biology.

Fast alle menschlichen Körperzellen tragen an ihrer Oberfläche eine winzige fadenförmige oder wimpernähnliche Ausbuchtung: eine Zilie. Sind diese Zilien gestört, kann das der Auslöser für zahlreiche vererbbare Krankheiten sein. Unter anderem kann eine so genannte Zilopathie zu Zystennieren führen. Aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen einer Arbeitsgruppe um PD Dr. Wolfgang Kühn, Nephrologe am Universitätsklinikum Freiburg, werfen ein neues Licht auf einen Therapieansatz für die Zystennierenerkrankung mit so genannten mTOR-Hemmern. Die Ergebnisse wurden im renommierten Fachjournal Nature Cell Biology veröffentlicht.

Der so genannte mTOR-Signalweg setzt Nährstoffe in Zellmasse um und sorgt bei Energieknappheit für deren Wiederverwertung. Entdeckt wurde der Signalweg durch das Medikament, welches ihn hemmt: das Rapamycin (TOR: Target of Rapamycin). Die Arbeitsgruppe von PD Dr. Kühn hat nun erstmals nachgewiesen, dass Zilien den mTOR-Signalweg hemmen. mTOR spielt eine wichtige Rolle bei der Zystennierenerkrankung, der häufigsten Zilienstörung, bei der im Laufe des Lebens Nierengewebe zunehmend von flüssigkeitsgefüllten Zysten verdrängt wird. In einer kürzlich veröffentlichten Therapiestudie verringerte ein mTOR-Hemmer das Nierenwachstum über einen begrenzten Zeitraum, die Nierenfunktion war jedoch nicht verbessert. Die nun in Nature Cell Biology veröffentlichten Ergebnisse stellen eine direkte Verbindung zwischen Zilienstörung und mTOR-Fehlregulation her und bilden eine wichtige Grundlage für weitere Studien mit mTOR-Hemmern bei der Zystenniere.

Die Kontrolle von mTOR durch die Zilie spielt vermutlich auch bei anderen Krankheiten eine Rolle: Wie die Autoren der Studie zeigen, verläuft die ziliäre mTOR-Regulation durch das Funktionseiweiß Lkb1. Lkb1 ist beim Peutz-Jeghers-Syndrom, einer vererbten Tumorerkrankung, mutiert und besitzt darüber hinaus eine wichtige Funktion in den Insulin produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass Zilien eine Rolle im Zuckerstoffwechsel spielen könnten und sind ein weiterer Hinweis darauf, dass Zilien möglicherweise eine noch unbekannte Rolle bei Tumorerkrankungen innehaben.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.nature.com/ncb/journal/v12/n11/full/ncb2117.html

Kontakt:
PD Dr. Wolfgang Kühn
Leitender Oberarzt
Universitätsklinikum Freiburg
Abt. Nephrologie
E-Mail: wolfgang.kuehn@uniklinik-freiburg.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution1401

Quelle: Universitätsklinikum Freiburg, Benjamin Waschow, 04.11.2010

Raute

Universitätsmedizin Mannheim - 03.11.2010

Neue Messmethode zur schonenden Beurteilung von geschädigtem Hirngewebe beim Schlaganfall

Siemens-Nachwuchspreis an Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mannheim

Dr. Friedrich Wetterling, Arbeitsgruppenleiter am Lehrstuhl für Computerunterstützte Klinische Medizin der Medizinischen Fakultät Mannheim (Direktor: Prof. Dr. Lothar Schad), ist anlässlich der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Physik (DGMP), Anfang Oktober 2010, mit dem Siemens Nachwuchspreis ausgezeichnet worden. Die Fachgesellschaft würdigt damit eine Studie, in der der junge Physiker das Ausmaß der Schädigung von Hirngewebe beim Schlaganfall mittels der so genannten quantitativen Natrium Magnetresonanztomographie (qNa-MRT) ermitteln konnte. Das neu entwickelte Messverfahren verspricht bereits in der frühen Phase des Schlaganfalls Erkenntnisse darüber wie viel Gewebe abgestorben und wie viel reversibel geschädigt ist. Es erlaubt damit früh Aussagen zum Krankheitsverlauf, was für eine individuell angepasste Therapie wichtig ist. Der Siemens Nachwuchspreis ist mit 750 Euro dotiert.

Mit der MRT lassen sich die Struktur und Funktion der Gewebe und Organe im Körper darstellen. Sie ist eine nicht-invasive Technik in der medizinischen Diagnostik, die den Körper des Patienten nicht durch Strahlung belastet. In der konventionellen MRT resultiert das Bild aus den Protonen der körpereigenen Wassermoleküle. Seit einigen Jahren ist es aber auch möglich, andere körpereigene Atomkerne zur Erstellung von MRT-Bildern zu verwenden. Die Na-MRT erlaubt eine sowohl räumlich als auch zeitlich quantifizierbare Erfassung der Natriumionen-Konzentration in der Zelle. Natriumionen sind wichtig für die Reizleitung in Nerven und Muskeln. Über die Bestimmung der Natriumionenkonzentration in den Zellen kann noch lebensfähiges von bereits geschädigtem Gewebe unterschieden werden. Das Verfahren ist daher ein wichtiger Schritt hin zu einer schonenden Methode, durch die sich die Vitalität von Zellen nicht-invasiv und ohne Strahlenbelastung darstellen lässt.

Der ischämische Schlaganfall - der Verschluss einer zum Gehirn führenden Arterie - zählt mittlerweile zu der am häufigsten auftretenden Gefäßerkrankung in Deutschland. Dr. Wetterling ist es in Zusammenarbeit mit einer irischen Forschergruppe des Trinity College in Dublin und der Bruker BioSpin GmBH in Etlingen erstmals gelungen, die Gewebenatrium-Konzentration in der Frühphase des Schlaganfalls mit Hilfe der Magnetresonanztomographie zu messen. Die neue Methode soll in Zukunft eine individuell angepasste Therapie unabhängig vom Zeitpunkt des Schlaganfalls erlauben. In Zusammenarbeit mit der Klinik für Neuroradiologie (Prof. Dr. Eva Neumeier Probst und Dr. Judith Kisubi) und der Neurologischen Klinik (PD Dr. Marc Fatar) soll dieses neue Diagnoseverfahren, das an Ratten entwickelt wurde, in Zukunft am Patienten etabliert werden.

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:

http://idw-online.de/pages/de/image128367
Dr. Friedrich Wetterling

http://idw-online.de/pages/de/image128368
Karten der Gewebenatrium-Konzentration zu verschiedenen Zeitpunkten nach einem Schlaganfall. Die Abbildung zeigt fünf Schichten aus dem Gehirn eines Versuchstieres (Ratte), gemessen mit einem hochauflösenden 7 Tesla MRT-Gerät.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution400

Quelle: Universitätsmedizin Mannheim, Dr. Eva Maria Wellnitz, 03.11.2010

Raute

Wilhelm Sander-Stiftung - 04.11.2010

Stammzelltransplantation
Neue Therapie soll Überlebenschancen erhöhen

Für viele Patienten mit bösartigen Erkrankungen ist die Transplantation von blutbildenden Stammzellen eines Fremdspenders (allo-HSCT) die einzige Hoffnung auf Heilung. Leider stirbt jedoch etwa jeder vierte Patient nach einer allo-HSCT - entweder an einem Tumorrückfall oder an einer durch die Immunzellen des Spenders verursachten Entzündungskrankheit, der graft-versus-host Krankheit (graft-versus-host disease, GVHD). Die Arbeitsgruppe um PD Dr. Olaf Penack an der Charité in Berlin forscht an einer Therapie, die die Überlebenschancen der Patienten verbessern soll. Die Mediziner wollen Tumorwachstum und GVHD gleichzeitig eindämmen, indem sie das Blutgefäßwachstum medikamentös hemmen.

Immuntherapien finden zunehmend Eingang in die klinische Behandlung von Krebspatienten. Für bösartige Blutkrebs-Erkrankungen ist die allo-HSCT zurzeit die effektivste Immuntherapie. Die transplantierten Zellen sollen die eigentliche Aufgabe der körpereigenen Immunabwehr des Patienten übernehmen - nämlich die Krebszellen zu erkennen und unschädlich zu machen. Leider ist die allo-HSCT kein komplikationsarmes Verfahren: ca. 20% der Patienten sterben nach der Transplantation an einer Abstoßungsreaktion der transplantierten Zellen - der so genannten graft-versus-host Krankheit (GVHD). Diese schwere Entzündungskrankheit greift vor allem Darm, Leber und Haut an.

Eine große klinische Herausforderung stellt deshalb die Vorbeugung und Therapie der GVHD dar. Die derzeit verfügbaren therapeutischen Strategien gegen GVHD beeinträchtigen jedoch gleichzeitig die Funktionsfähigkeit der Immunzellen und erhöhen deshalb das Risiko eines Tumorrückfalls sowie die Infektionsanfälligkeit des Patienten. Der Bedarf an einer neuen Behandlungsmethode, die die Aktivität der Immunabwehr gegen Tumorzellen und gegen Krankheitserreger nicht einschränken, ist also sehr groß.

Eine viel versprechende therapeutische Strategie verfolgt Dr. Penack mit seinem Team. Erste Experimente in Mausmodellen für Stammzelltransplantation weisen darauf hin, dass das Tumorwachstums verlangsamt und die Abstoßungsreaktion reduziert werden können, wenn die Ausbildung von Blutgefäßen (Neovaskularisierung) medikamentös gehemmt wird. Darüber hinaus konnten Dr. Penack und Kollegen zeigen, dass Vorläuferzellen der Blutgefäßbildung (Endothelialen Progenitorzellen, EPCs) eine besonders wichtige Rolle bei der Entzündungsreaktion während der GVHD spielen.

In einem von der Wilhelm Sander-Stiftung geförderten Projekt wollen die Forscher verschiedene Strategien zur Hemmung des Blutgefäßwachstums in präklinischen Modellen der allo-HSCT testen. Ihr Ziel ist die zügige klinische Weiterentwicklung einer Therapie, die die Überlebenschancen von Patienten nach einer Stammzelltransplantation erhöhen.

Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsvorhaben mit rund 200.000 Euro. Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden dabei insgesamt über 190 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.


Weitere Informationen zur Stiftung:
http://www.wilhelm-sander-stiftung.de

Kontakt:
PD Dr. Olaf Penack
Facharzt für Innere Medizin
Hämatologie/Onkologie
Medizinische Klinik III
Abt. Hämatologie/Onkologie
Charité Berlin
E-Mail: olaf.penack@charite.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution890

Quelle: Wilhelm Sander-Stiftung, Bernhard Knappe, 04.11.2010

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. November 2010