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MELDUNG/370: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 27.06.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Deutschlandweit erstes für Patienten zugelassenes PET/MRT-Gerät wird in Dresden eingeweiht
→  Wichtiger Abstimmungsvorgang zwischen Gleichgewichtssinn und Auge verstanden


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Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf - 23.06.2011

Deutschlandweit erstes für Patienten zugelassenes PET/MRT-Gerät wird in Dresden eingeweiht

Am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) ist seit diesem Jahr das deutschlandweit erste für Patientenuntersuchungen zugelassene PET/MRT-Gerät im Einsatz. Die neuartige Technologie vereint zwei bildgebende Verfahren miteinander. Das neue Dresdner Gerät ermöglicht erstmals kombinierte Untersuchungen des ganzen Körpers, was insbesondere für die Krebsdiagnostik von großer Bedeutung ist. Es wird im Rahmen eines Pressegespräches am Donnerstag, 30. Juni 2011, um 16 Uhr durch den Staatssekretär des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst, Dr. Henry Hasenpflug, eingeweiht. Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ist ein Verfahren zur bildlichen Darstellung von Stoffwechselprozessen im menschlichen Körper. Insbesondere in der Tumordiagnostik wird dieses Verfahren in Kombination mit der Computertomographie (CT) seit etwa zehn Jahren sehr erfolgreich klinisch genutzt. Die Methode wird eingesetzt, um die Lage von Tumoren oder Metastasen zu bestimmen und zu untersuchen, wie diese auf eine Therapie ansprechen.

Neue Möglichkeiten eröffnen sich nunmehr aus der technisch sehr anspruchsvollen und bisher in dieser Form nicht möglichen Kombination der PET mit der Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT). Denn die MRT ist in der Lage, zusätzliche interessante Informationen zu liefern, die der CT nicht zugänglich sind. Kombinierte PET/MRT-Untersuchungen versprechen daher einzigartige Möglichkeiten für eine präzisere individuelle Tumorcharakterisierung. Das am HZDR betriebene PET/MRT-Gerät wurde von der Firma Philips hergestellt. Es ist das weltweit dritte Gerät seiner Art, das installiert wurde, und in Deutschland einmalig.

Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
Bautzner Landstr. 400
01328 Dresden

Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) hat das Ziel, langfristig ausgerichtete Spitzenforschung auf gesellschaftlich relevanten Gebieten zu leisten. Folgende Fragestellungen stehen hierbei im Fokus:
- Wie verhält sich Materie unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen?
- Wie können Tumorerkrankungen frühzeitig erkannt und wirksam behandelt werden?
- Wie nutzt man Ressourcen und Energie effizient und sicher?

Zur Beantwortung dieser wissenschaftlichen Fragen werden sechs Großgeräte mit teils einmaligen Experimentiermöglichkeiten eingesetzt, die auch externen Nutzern zur Verfügung stehen.

Das HZDR ist seit 1.1.2011 Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Es hat drei Standorte in Dresden, Leipzig und Grenoble und beschäftigt rund 800 Mitarbeiter - davon 370 Wissenschaftler inklusive 120 Doktoranden.

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image145467
Am neuen PET/MRT-Gerät wurden bereits rund 180 Patienten untersucht.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution222

Quelle: Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, Dr. Christine Bohnet, 23.06.20110


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Nationales Bernstein Netzwerk Computational Neuroscience - 24.06.2011

Wichtiger Abstimmungsvorgang zwischen Gleichgewichtssinn und Auge verstanden

Damit unser Auge ein scharfes und ruckelfreies Bild liefert, muss es eng mit dem Gleichgewichtssinn gekoppelt sein. Ist die Abstimmung gestört, sehen wir unscharf und uns wird schwindelig. Forscher des Bernstein Zentrums München, der LMU München und des Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrums IFB-LMU konnten nun eine wichtige Stufe des Zusammenspiels aufklären: ob Nervenzellen dieser Einheit Informationen über den Beginn oder die Dauer einer Kopfbewegung an die Augenmuskeln leiten, hängt von einem einzigen Membran-Kanaltyp und der Vernetzung der Zellen untereinander ab. Optimierte Schwindel-Therapien und Entwicklungen ruckelfreier Kamerasysteme könnten von der Forschung profitieren.

Gerade einmal drei Verarbeitungsschritte im Gehirn sind nötig, um Daten aus dem Gleichgewichtsorgan zu verarbeiten und an die Augenmuskeln zu leiten. Dadurch kann sich das Sehsystem in Sekundenbruchteilen an Kopfbewegungen anpassen. Während im ersten und letzten Schritt die Informationen vor allem von den Sensoren weg beziehungsweise an die Muskeln hingeleitet werden, findet im zweiten Schritt die entscheidende Verarbeitung der Informationen statt. Beteiligt daran sind Nervenzellen mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften: der eine Typ ist nur während des Startzeitpunkts einer Bewegung aktiv. Der andere Typ feuert gleichmäßig während der gesamten Bewegung. Den Grund dafür haben nun Dr. Stefan Glasauer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bernstein Zentrum München und an der Ludwig-Maximilians-Universität München, und sein Doktorand Christian Rössert in Zusammenarbeit mit Professor Hans Straka, Neurobiologe an der LMU, herausgefunden. Für ihre Studien, die sie im Journal of Neuroscience* veröffentlichten, nutzten sie das bereits gut verstandene Gleichgewichtsorgan bei Grasfröschen.

Auf Grundlage experimenteller Daten erstellten die Wissenschaftler am Computer Simulationen, welche die Informationsverarbeitung der Nervenzellen nachbildeten: "In der Simulation können wir die Zellen in beliebiger Weise mit Ionenkanälen bestücken, zusammenschalten und messen", erklärt Glasauer die Vorteile der Modelle. Und mehr noch: "Wir können den simulierten Frosch sogar hüpfen lassen, um die Datenverarbeitung zu testen", so Glasauer. Zuerst untersuchten die Forscher in einer simulierten Einzelzelle, welchen Einfluss bestimmte Membrankanäle auf die Weiterleitung eingehender Reize haben. Dabei zeigte sich, dass zwei Versionen eines Kanalproteins den Zellen unterschiedlichen Funktionen verleihen: Zellen mit dem einen Kanaltyp erwiesen sich als geeignet für die Weiterleitung des genauen Startzeitpunkts, während Zellen mit dem anderen Typ für die gesamte Dauer des Reizes feuern. In einer Simulation mehrerer Nervenzellen fanden die Forscher zudem, dass die Verschaltung der Zellen eine wichtige Rolle für die Verarbeitung spielt. "Die Kombination von experimenteller Biologie und Modellbildung half entscheidend dabei, wichtige Grundlagen der Verarbeitung von Bewegungsinformationen zu verstehen", erläutert Glasauer. Auch für die klinische und technische Forschung sind die Ergebnisse von Bedeutung.

Von den Forschungsergebnissen könnten unter anderem Patienten mit Kleinhirnschädigungen profitieren. Betroffene können bei schnellen Kopfbewegungen nicht mit den Augen gegensteuern, gleichmäßige Bewegungen aber richtig verarbeiten. Möglicherweise liegt dabei die Schädigung eines der Zelltypen vor. Auch für wackelfreie Kamerasysteme, wie sie zum Beispiel in Fahrerassistenzsystemen in Autos oder Hubschraubern eingesetzt werden, könnte die hocheffiziente neuronale Verarbeitung als Vorbild dienen.


Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Dr. Stefan Glasauer
Bernstein Zentrum München und
Ludwig-Maximilians-Universität München
Abteilung für Neurologie
Marchioninistr. 15,
81377 München
E-mail: sglasauer@nefo.med.uni-muenchen.de

* Originalpublikation:
Rössert C, Moore L, Straka H, Glasauer S (2011)
Cellular and network contributions to vestibular signal processing:
impact of ion conductances, synaptic inhibition, and noise
J Neurosci, Volume 31, issue 23, 8359-8372

Weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.bccn-muenchen.de (Bernstein Zentrum München)
http://www.nncn.de (Nationales Bernstein Netzwerk Computational Neuroscience)
http://www.lmu.de (Ludwig-Maximilians-Universität München)

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image145495
Wenn sich alles dreht vor Augen: am Grasfrosch Rana temporaria werden die Ursachen von Schwindel-Gefühlen untersucht.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution1019

Quelle: Nationales Bernstein Netzwerk Computational Neuroscience, Johannes Faber, 24.06.2011


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2011