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MELDUNG/371: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 28.06.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  61. Tagung der Nobelpreisträger eröffnet
→  Auszeichnung für außergewöhnliche Betreuung von Krebspatienten
→  Frühdiagnose von Alzheimer-Demenz ausgezeichnet
→  Neue Aufgaben für Aurora-Proteine bei der Zellteilung


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Kuratorium für die Tagungen der Nobelpreisträger in Lindau e.V. - 26.06.2011

61. Tagung der Nobelpreisträger eröffnet

Gräfin Bettina Bernadotte eröffnet Tagung
Martin Engstroem/ Bill Gates neu im Ehrensenat der Stiftung
Neue "Lindauer Lehrer-Initiative": 18 Lehrer nehmen teil

Gräfin Bettina Bernadotte, Präsidentin des Kuratoriums für die Tagungen der Nobelpreisträger in Lindau, eröffnete am Sonntag die 61. Tagung der Nobelpreisträger. Bis zum 1. Juli werden sich 23 Nobelpreisträger, der internationale Präsident der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Organisation "Ärzte ohne Grenzen" sowie 567 Nachwuchswissenschaftler aus 77 Ländern am Bodensee treffen. Der Dialog zwischen Generationen von Wissenschaftlern und der Austausch von Ideen über die Zukunft von Medizinforschung und Gesellschaft prägen die Woche.

Neue Wege in der Entwicklung von Medikamenten, die Weltgesundheit und Perspektiven der Genomforschung sind die Schwerpunkte des diesjährigen Treffens. Es ist dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin gewidmet, Nobelpreisträger dieser Disziplin und der Chemie nehmen an der Tagung teil. Ein internationales Netzwerk von Akademischen Partnern - Wissenschaftsakademien, internationale Stiftungen und Universitäten - nominierte Nachwuchsforscher. Mehr als 20.000 junge Forscher hatten sich in diesem Jahr beworben.

In ihrer Eröffnungsrede hob Gräfin Bettina Bernadotte die wichtige Rolle der Wissenschaft für die Gestaltung einer Zukunft hervor, die sich durch Nachhaltigkeit auszeichnet. Sie ermutigte die teilnehmenden Jungforscher, sich aktiv an der Zukunftsgestaltung zu beteiligen. "Als Teilnehmer der Nobelpreisträgertagungen lernen Sie nicht nur für sich selbst, sondern auch zum Wohle der Gesellschaft," sagte die Präsidentin des Kuratoriums.

Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung, wies in ihrer Ansprache auf die Bedeutung von Wissenschaft und Forschung hin. "Die Beschäftigung mit den globalen Themen und Problemen unserer Zeit verbindet Wissenschaft und Politik. Die Souveränität der Wissenschaft und ihre unbestechliche Intellektualität machen sie für die Politik zu einem der wertvollsten Gesprächspartner. Die Lösung der globalen Probleme verlangt wissenschaftliche Expertise und die Kreativität der wissenschaftlichen Eliten," sagte Schavan.

Gräfin Bettina Bernadotte überreichte die höchste Auszeichnung des Kuratoriums, die Lennart-Bernadotte-Medaille, an Hans Jörnvall. Sie dankte dem Kuratoriumsmitglied für seinen unermüdlichen Einsatz für die Lindauer Tagungen in den elf Jahren seiner Mitgliedschaft in dem Gremium.

Im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung nahm die Stiftung Lindauer Nobelpreisträgertreffen am Bodensee Martin T:son Engstroem und William H. Gates III in ihren Ehrensenat auf. Sie ehrt damit das nachhaltige und persönli0che Engagement dieser beiden Persönlichkeiten, jungen Talenten durch gezielte Förderung Perspektiven und Chancen zu eröffnen. Der Ehrensenat bringt Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zusammen und berät den Stiftungsvorstand.

Erstmals werden 17 Lehrer aus Deutschland und ein Lehrer aus Österreich zur Nobelpreisträgertagung eingeladen. Sie wurden aufgrund ihres besonderen Einsatzes für die Vermittlung der Naturwissenschaften sowohl im Unterricht als auch in außerschulischen Projekten ausgewählt. Mit ihrer in diesem Jahr gestarteten Lehrer-Initiative schlagen Kuratorium und Stiftung der Lindauer Tagungen der Nobelpreisträger eine Brücke von der Schule zur internationalen Wissenschaftsgemeinschaft. Der Deutsche Philologenverband (DPhV) unterstützt die Lindauer Lehrer-Initiative. Sie wird durch eine Förderung der Vodafone Stiftung Deutschland ermöglicht.

Die Nobelpreisträgertagung 2011 ist so interaktiv wie nie zuvor: Blogs in deutscher, englischer, chinesischer und spanischer Sprache, Facebook, Twitter, Flickr und Youtube sind auf der eigens eingerichtet Plattform www.lindau-nobel.org zusammengeführt. Dort können Wissenschaftsinteressierte weltweit Fragen an Nobelpreisträger stellen und ihre Stimme für jene Fragen abgeben, die sie gern beantwortet haben.

Das Kuratorium für die Tagungen der Nobelpreisträger in Lindau und die Stiftung Lindauer Nobelpreisträgertreffen am Bodensee organisieren die jährlichen Tagungen in den Disziplinen Chemie, Physik und Physiologie oder Medizin. Zusätzlich veranstalten sie die Treffen der Träger des wirtschaftswissenschaftlichen Preises der Schwedischen Reichsbank in Gedenken an Alfred Nobel (Ökonomie-Tagungen), das nächste vom 23. bis 27. August 2011. Die Lindauer Tagungen bieten jungen Wissenschaftlern die Möglichkeit, durch die Begegnung mit den Koryphäen ihres Faches zu lernen und sich persönlich mit ihnen auszutauschen. Sie tragen zum Aufbau von internationalen Wissenschaftsnetzwerken bei und inspirieren Generationen von Forschern.

Für mehr Informationen:
www.lindau-nobel.org

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution1115

Quelle: Kuratorium für die Tagungen der Nobelpreisträger in Lindau e.V., Christian Rapp, 26.06.2011


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Gemeinsame Pressemitteilung Nr. 94 / 2011, 27. Juni 2011
der Konferenz der Onkologischen Kranken- und Kinderkrankenpflege Deutsche Krebsgesellschaft e.V. (KOK)
und des Universitätsklinikums Heidelberg


Auszeichnung für außergewöhnliche Betreuung von Krebspatienten

Beim 17. Krebskrankenpflege-Symposium der Akademie für Gesundheitsberufe (AfG) am Universitätsklinikum Heidelberg wurde erstmals "Deutschlands Onko-Team" des Jahres gekürt

Die Entscheidung, wer sich "Deutschlands Onko-Team" des Jahres nennen darf, ist gefallen: Aus dem Wettbewerb, zu dem die Konferenz der Onkologischen Kranken- und Kinderkrankenpflege (KOK) der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. aufgerufen hatte, gingen die Teams aus Bad Kreuznach (Krankenhaus St. Marienwörth) und Regensburg (Universitätsklinikum Regensburg) als Sieger hervor. Die KOK vergab den Preis erstmals am Montag, 27. Juni 2011, am Universitätsklinikum Heidelberg und kürt damit Pflegeteams für ihre außergewöhnliche Leistung bei der Betreuung von Krebspatienten.

Die Gewinner bekamen den Preis zum Auftakt des 17. Krebskrankenpflege-Symposiums in Heidelberg von Kerstin Paradies, Vorstandssprecherin der KOK, und Professor Dr. Walter Aulitzky, Vorstandsvorsitzender des Krebsverbands Baden-Württemberg e.V., überreicht. Eine Jury aus Vertretern der KOK, des Krebsverbands und von Patientenorganisationen wählte die Siegerteams aus insgesamt 16 Bewerbungen aus. Kerstin Paradies zeigte sich begeistert von der Vielzahl der Teilnehmer: "Es gab so viele hervorragende Anwärter auf den ersten Rang, so dass wir am Ende entschieden, zwei Kandidaten als 'Deutschlands Onko-Team des Jahres' auszuzeichnen." Neben den beiden Siegerteams stellen acht weitere Teilnehmer, die es in die Endausscheidung geschafft haben, ihre Arbeit beim Pflegesymposium im Rahmen einer Poster-Ausstellung vor.

Bad Kreuznach überzeugte mit ganzheitlichem Pflege- und Therapiekonzept

Das Team der Abteilung für Palliativmedizin und Onkologie aus Bad Kreuznach überzeugte die Jury neben dem ausgiebig gelebten Teamgedanken mit ihrem ganzheitlichen Pflege- und Therapiekonzept. So gibt es in der Abteilung einen "Snoezelraum". Der Begriff geht auf die beiden niederländischen Wörter "snuffelen" (schnüffeln) und "doezelen" (dösen, schlummern) zurück. In dem Raum bereiten Musik, Lichteffekte, Wassersäulen sowie ein Massage-Wasserbett dem Patienten ein intensives Wohlfühl-Erlebnis. Die Pflegefachkräfte sind ausgebildet, um in dieser Umgebung Ängste und Unruhe abzubauen, die Patienten erfahren Entspannung und verspüren Schmerzlinderung. Das Team unterstützt die Patienten durch weitere Angebote wie Aromatherapie, autogenes Training, Phantasiereisen oder Gesprächsangebote.

Hohes persönliches Engagement in Regensburg

Die Mitarbeiter des Pflegeteams aus Regensburg arbeiten auf einer onkologisch/hämatologischen Station im neu gebauten Gebäude der KinderUniversität-Ostbayern (KUNO). Im vergangenen Jahr bewältigten sie den Umzug der "alten KinderOnkologie" aus der Klinik St. Hedwig in die neuen Räumlichkeiten der Kinderuniversität. Dabei zeigte das Team neben besonders hohem persönlichem Engagement auch große soziale Kompetenz. Es entstand schnell ein "neues" Pflegeteam, das auch außerhalb des Krankenhauses gemeinsame Wege geht. Der Umzug in das KUNO-Gebäude ermöglicht Kindern eine umfassende Therapie an einem Ort mit nur einem Pflegeteam als kontinuierlichem Begleiter.

Das Pflegesymposium wird von der Akademie für Gesundheitsberufe (AfG) Heidelberg gGmbH am Universitätsklinikum Heidelberg ausgerichtet und findet von Montag, 27. bis Mittwoch, 29. Juni im Kommunikationszentrum des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) statt. Das diesjährige Motto des Kongress - bundesweit einer der größten dieser Art - heißt in diesem Jahr "Teamarbeit in der Onkologie - Chancen und Grenzen".

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg

Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 10.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 Departments, Kliniken und Fachabteilungen mit ca. 2.000 Betten werden jährlich rund 550.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.600 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.
www.klinikum.uni-heidelberg.de
Besuchen Sie das Universitätsklinikum Heidelberg auch bei Facebook:
http://www.facebook.com/home.php#!/pages/Universit%C3%A4tsKlinikum-Heidelberg/106398462725439

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution665

Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg, Dr. Annette Tuffs, 27.06.2011


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Universität Witten/Herdecke - 27.06.2011

Frühdiagnose von Alzheimer-Demenz ausgezeichnet

Der Preis für Hirnforschung in der Geriatrie wird am 4. Juli verliehen

Zum 16. Mal vergibt die Universität Witten/Herdecke am 4. Juli 2011 den Preis für Hirnforschung in der Geriatrie. Der Preis ist mit 10.000 € dotiert und wird von der Firma Merz gestiftet. "In diesem Jahr teilen sich zwei Arbeitsgruppen den Preis, eine hat die Früherkennung aus einem Eiweißstoff der Rückenmarksflüssigkeit verfeinert, die andere kann durch Frage-Antwort-Kombinationen besser vorhersagen, ob jemand Anzeichen der Krankheit aufweist", erklärt Prof. Dr. Ingo Füsgen, der Leiter der Jury. Füsgen ist Inhaber des Lehrstuhls für Geriatrie an der Universität Witten/Herdecke an den Geriatrischen Kliniken St. Antonius in Velbert.

Im wesentlichen gibt es drei Wege zur Diagnose einer Demenz: psychometrische Fragen, labortechnische Untersuchungen und radiologische Aufnahmen des Gehirns. "Im deutschsprachigen Raum sehen wir in diesem Jahr vor allem Fortschritte in der Forschung bei den ersten beiden Wegen", ordnet Füsgen die Verleihung ein. Die Arbeitsgruppe aus Prof. Dr. Elke Kalbe, PD Dr. Pasquale Calabrese und Prof. Dr. Josef Kessler hat mit ihrem Gedächtnistest insbesondere die Abgrenzung der Alzheimer-Demenz von der Depression vorangetrieben, in dem sie die Konzentrationsfähigkeit, das vorhandene Wissen und die Verknüpfungsfähigkeit von Patienten untersucht.

"Die Früherkennung von Demenz ist für Betroffene und Angehörige wichtig. Aber gerade ältere Menschen werden oft unsicher in der Selbsteinschätzung ihrer geistigen Leistungen und eine mögliche kognitive Störung muss erst mal auffallen, bevor ein Test wie der unsrige greifen kann", beschreibt Prof. Dr. Elke Kalbe von der Universität Vechta die Anfangsproblematik.

"Der "AgeCoDe"-Studie zufolge werden aktuell in Deutschland nur 51% der frühen Demenzen und nur 12% der leichten kognitiven Störungen im hausärztlichen Setting erkannt." Dabei hilft der Test den Kalbe, Pasquale und Calabrese entwickelt haben: "Der "DemTect" kann in ca. zehn Minuten altersassoziierte kognitive Leistungen, leichte kognitive Störungen und einen Demenzverdacht von einander abgrenzen. Er wird von nationalen und internationalen Leitlinien empfohlen und ist in verschiedene Sprachen übersetzt worden", erläutert Prof. Dr. Josef Kessler von der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Uniklinik Köln. Die Forscher haben aber auch weitere Tests entwickelt, wie PD Dr. Pasquale Calabrese erläutert: "Mit PANDA, dem Parkinson Neuropsychometric Dementia Assessment, steht ein speziell für Parkinsonpatienten zugeschnittenes, ebenfalls bereits in mehreren Sprachen verfügbares Screeninginstrument zur Verfügung. Und frisch publiziert haben wir mit dem EASY ein nicht sprachbasiertes, kulturfaires Screeningverfahren zur Erfassung kognitiver Störungen bei Patienten mit Migrationshintergrund. Das hilft den niedergelassenen Ärzten bei der Diagnose."

Die zweite Arbeitsgruppe um den Erlanger Professor Dr. med. Piotr Lewczuk hat eine Methode verfeinert, die aus einem Eiweißstoff der Rückenmarksflüssigkeit den Ausbruch der Demenz schon zehn Jahre voraussagen kann. Seit einigen Jahren stehen Ablagerungen von Beta-Amyloid im Gehirn stark im Verdacht, nicht nur Kennzeichen, sondern auch der Auslöser des Nervenzelltods bei der Alzheimer-Demenz zu sein. Diesen Stoff konnte die Arbeitsgruppe nun schon sehr früh im Liquor nachweisen.

"Dieser Forschungserfolg stellt für Patienten jedoch mitunter ein großes Problem dar, denn wer will schon wirklich wissen, ob er in zehn oder fünfzehn Jahren an Alzheimer erkrankt. Aber bei Beginn der klinischen Symptome bestätigt die Untersuchung das Krankheitsbild der Alzheimer-Demenz. Die Forschungsleistung ist international bei beiden Preisträgern herausragend. Darum bekommen sie in diesem Jahr den Preis", erläutert Prof. Füsgen die Vergabe.

Weitere Informationen bei
Prof. Dr. Ingo Füsgen
Ingo.Fuesgen@uni-wh.de

Die Preisverleihung findet am 4. Juli 2011 in der Universität Witten/Herdecke, Alfred-Herrhausen-Str. 50, 58448 Witten von 13.00 bis ca. 16.30 Uhr statt.

Die Universität Witten/Herdecke (UW/H) nimmt seit ihrer Gründung 1982 eine Vorreiterrolle in der deutschen Bildungslandschaft ein: Als Modelluniversität mit rund 1.300 Studierenden in den Bereichen Gesundheit, Wirtschaft und Kultur steht die UW/H für eine Reform der klassischen Alma Mater. Wissensvermittlung geht an der UW/H immer Hand in Hand mit Werteorientierung und Persönlichkeitsbildung.
Witten wirkt. In Forschung, Lehre und Gesellschaft.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution226

Quelle: Universität Witten/Herdecke, Kay Gropp, 27.06.2011


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Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie - 27.06.2011

Neue Aufgaben für Aurora-Proteine bei der Zellteilung

Erkenntnisse bei Spalthefe geben Hinweise für die Erforschung von Krebstherapien - Pressemitteilung des Friedrich-Miescher-Laboratoriums und der Universität Tübingen

Wenn eine Zelle sich teilt, muss die Erbinformation in den Chromosomen fehlerfrei an die Tochterzellen weitergegeben werden. Diesen Vorgang untersuchen Forscher des Friedrich-Miescher-Laboratoriums in Tübingen an der Spalthefe als Modellorganismus. In Zusammenarbeit mit Forschern der Universität Tübingen konnten sie den Aurora-Enzymen, die als wichtige Zellwerkzeuge bei der zuverlässigen Weitergabe der Erbinformation bereits bekannt waren, nun weitere Aufgaben zuschreiben. Da die unkontrollierte Zellteilung ein Merkmal von Tumoren ist, werden Hemmstoffe gegen Aurora-Enzyme bereits in der Entwicklung neuer Krebstherapien getestet - dort könnten auch die neuen Ergebnisse aus der Grundlagenforschung einfließen.

Die Spalthefe (Schizosaccharomyces pombe) gehört zu den einzelligen Pilzen und ist ein vergleichsweise einfach gebauter Organismus. Dennoch ist der Zellaufbau der gleiche wie bei komplexeren Lebewesen, etwa dem Menschen. Daher eignet sich die Spalthefe, die ein kleines Erbgut hat und sich leicht vermehren lässt, gut zur Erforschung grundlegender Zellfunktionen. Silke Hauf, Arbeitsgruppenleiterin am Friedrich-Miescher-Laboratorium der Max-Planck-Gesellschaft, und ihr Mitarbeiter André Koch haben gemeinsam mit Boris Macek, dem Leiter des Proteom Centrums der Universität Tübingen, und seinen Mitarbeitern Karsten Krug und Stuart Pengelley an der Spalthefe Details der Zellteilung erforscht.

Bei der Zellteilung erhält jede Tochterzelle eine komplette Kopie der gesamten genetischen Information der Mutterzelle. Dafür wird die genetische Information in Form von mikroskopisch sichtbaren Chromosomen gebündelt. Die Chromosomen werden mit Hilfe eines Spindelapparats auseinandergezogen und auf die Tochterzellen verteilt. "Es ist schon länger bekannt, dass Aurora-Enzyme entscheidend an diesen Abläufen beteiligt sind", sagt Silke Hauf, "sie kontrollieren die Komprimierung der Chromosomen und regeln deren Befestigung an den Spindelapparat". Wie viele andere regulatorische Enzyme auch setzen Aurora-Enzyme Veränderungen in der Zelle in Gang, indem sie andere Proteine mit Phosphatgruppen versehen.

Um einen Überblick über die Bandbreite der Proteine zu bekommen, die durch die Aurora-Enzyme verändert werden, arbeitete die Zellbiologin Silke Hauf mit dem Proteomforscher Boris Macek zusammen. Die Forscher verwendeten ein modernes Verfahren, das auf der Markierung der Proteine mit stabilen Isotopen und deren Identifizierung mittels Massenspektrometrie basiert.

"Dieses Verfahren, das sich Phosphoproteomik nennt, ermöglicht es uns, Tausende von phosphorylierten Proteinen in einem Experiment quantitativ zu untersuchen. So konnten wir in einer einzelnen Studie Dutzende neuer Aurora-Substrate identifizieren, was mit konventionellen Methoden sehr lange dauern würde", erklärt Boris Macek. In akribischer Feinarbeit verglichen die Forscher phosphatmarkierte Proteine sich teilender Zellen, in denen Aurora-Enzyme aktiv waren, mit Zellen, in denen diese Enzyme gehemmt waren. Aus vielen Tausend Proteinen mit Phosphatgruppen wurden so 42 Proteine herausgefiltert, deren Phosphorylierung von der Aktivität der Aurora-Enzyme abhing. "Wir haben einige Proteine wiedergefunden, von denen wir bereits wussten, dass sie durch Aurora-Enzyme verändert werden. Überraschend und neu war aber, dass Aurora auch Proteine verändert, die bei der Verpackung der DNA eine wichtige Rolle spielen und weitere Proteine, die eine Schutzfunktion für die DNA übernehmen", berichtet Silke Hauf. "Insgesamt ist Aurora für ein deutlich breiteres Aufgabenspektrum bei der Zellteilung zuständig als gedacht", fügt André Koch, der Erstautor der Studie, hinzu.

Nun ist die Spalthefe kein Mensch. Doch viele lebenswichtige Prozesse laufen in diesen Zellen sehr ähnlich ab wie in menschlichen Zellen. Daher geht Silke Hauf davon aus, dass sich die neuen Forschungsergebnisse auch auf Aurora-Enzyme beim Menschen übertragen lassen. Die Ergebnisse der Studie könnten auch für neue Krebstherapien wichtig sein, die an der unkontrollierten Zellteilung von Tumoren angreifen sollen. "Die Behandlung mit Hemmstoffen gegen Aurora-Enzyme, wie sie derzeit in der klinischen Entwicklung getestet werden, könnte daher auch bislang unerwartete Auswirkungen haben", sagt die Wissenschaftlerin. Ob dies für die Eindämmung des Tumorwachstums hilfreich ist oder möglicherweise zu unerwünschten Nebenwirkungen führt, muss weiter erforscht werden.

Ansprechpartner:
Dr. Silke Hauf
Friedrich-Miescher-Laboratorium
Spemannstraße 39
72076 Tübingen
E-Mail: silke.hauf[at]tuebingen.mpg.de

Prof. Dr. Boris Macek
Universität Tübingen
Proteom Centrum Tübingen
Auf der Morgenstelle 15
72076 Tübingen
E-Mail: boris.macek[at]uni-tuebingen.de

Originalpublikation:
André Koch, Karsten Krug, Stuart Pengelley, Boris Macek, Silke Hauf:
Mitotic Substrates of the Kinase Aurora with Roles in Chromatin Regulation Identified through Quantitative Phosphoproteomics of Fission Yeast.
Science Signaling, 28. Juni 2011, Band 4, 179
DOI: 10.1126/scisignal.2001588

Weitere Informationen finden Sie unter
http://tuebingen.mpg.de/startseite/detail/neue-aufgaben-fuer-aurora-proteine-bei-der-zellteilung.html

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:

http://idw-online.de/de/image145601
Spalthefezellen mit aktivem Aurora-Enzym. Die DNA (grün) wird gleichmäßig auf beide Tochterzellen verteilt.

http://idw-online.de/de/image145602
Spalthefezellen, in denen das Aurora-Enzym gehemmt wurde. Die DNA (grün) wird fehlerhaft auf die Tochterzellen verteilt.

Quelle: Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie, Dagmar Sigurdardottir, 27.06.2011


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juni 2011