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MELDUNG/445: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 28.10.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→ Klinikum der Universität München feiert 200. Geburtstag des Gründers und Namensgebers des
      Dr. von Haunerschen Kinderspitals
→ Proteine: Auf den richtigen Faltplan kommt es an
      Franz-Ulrich Hartl erhält Heinrich-Wieland-Preis


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Klinikum der Universität München - 27.10.2011

Startschuss für das Neue Hauner

Klinikum der Universität München feiert 200. Geburtstag des Gründers und Namensgebers des Dr. von Haunerschen Kinderspitals

Er war ein Visionär und Idealist - Dr. August von Hauner wurde am 28. Oktober 1811 in Neumarkt am Rott geboren, studierte Medizin, arbeitete als Armenarzt und gründete 1846 in München das erste Kinderspital der Stadt in einer angemieteten Wohnung in der Sonnenstraße. Seit 1882 hat das Dr. von Haunersche Kinderspital seinen Platz an der Ecke Goethestraße/Lindwurmstraße. Von Hauners 200. Geburtstag ist nicht nur Anlass für einen Blick zurück auf das Wirken eines großen Arztes, sondern zugleich der Startschuss für das "Neue Hauner". Das Klinikum der Universität München plant, sämtliche Bereiche der Geburts-, Kinder- und Jugendmedizin am Campus Großhadern zusammenzuführen, um die erfolgreiche Tradition der Kinderheilkunde an der LMU in einer modernen, auf die Bedürfnisse der Patienten zugeschnittenen und fürsorglichen Umgebung fortzusetzen. Das Neue Hauner soll auch des Care-for-Rare-Center beherbergen, das sich auf die Erforschung seltener Erkrankungen spezialisiert.

Hauner-Buch

"Hauner war ein herausragender Kinderarzt, dessen Wirken für das Klinikum der Universität München bis heute eine große Bedeutung hat, weil er stets das ganzheitliche Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellte", sagt Prof. Burkhard Göke, Ärztlicher Direktor des LMU-Universitätsklinikums. Hauners Ansätze etwa zur überragenden Bedeutung des Stillens und der gesunden Ernährung, kindgerechter Milch, zu Reinlichkeit und frischer Luft haben bis heute Gültigkeit. Dem entsprechend gehören auch heute erfolgreiche Arbeitsgruppen zur frühkindlichen Ernährung, zu Allergie und Asthma bei Kindern, zur Kinder-Pneumologie zum Dr. von Haunerschen Kinderspital.

Hauner, der selbst Vater von 13 Kindern war, musste mit seinen eigenen Kindern einiges an persönlichem Leid erfahren. Acht seiner Kinder starben im Säuglings- oder Kleinkindalter. Die Lebensgeschichte von August von Hauner hat, anlässlich des Jubiläums, Prof. Dr. Wolfgang Locher vom Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin in einem Buch dargestellt, das dieser Tage im Pusted-Verlag erscheint: August von Hauner - Helfen, Forschen, Heilen lautet der Titel. (Preis: 19,90 Euro, ISBN 978-3-7917-2407-2)

Seltene Erkrankungen

"Als Universitätskinderklinik haben wir uns der Forschung verschrieben. Die Grenzen des Wissens dabei immer weiter auszudehnen, die Behandlungen und Therapien kontinuierlich zu verbessern - das ist unser Anspruch", hebt Prof. Dr. Dr. Christoph Klein, Direktor der Kinderklinik hervor. "Wir wollen in Forschung und Praxis einen maßgeblichen Beitrag zum Fortschritt der Kinderheilkunde leisten, aber dabei nie vergessen, dass das Kind und seine Familie im Zentrum unseres Tuns stehen." Neben den vielen Erkrankungen, die im Säuglings-, Kinder- und Jugendalter eine große Belastung darstellen, stehen insbesondere auch seltene Erkrankungen im Fokus, für die es bislang aufgrund mangelnder Ressourcen nur wenige Behandlungsoptionen gibt. Fortschritte, die auf diesen Gebieten gemacht werden, können zugleich auch für gängige Krankheitsbilder neue Ansätze in Diagnose und Therapie liefern - sowohl für Kinder, wie auch für Erwachsene.

Das Neue Hauner

Geplant ist daher ein neues universitätsmedizinisches Zentrum für Geburts-, Kinder- und Jugendmedizin am Campus Großhadern, um modernste Medizin, Forschung und Lehre in entsprechend angemessener und förderlicher Atmosphäre gewährleisten zu können. Die Kosten für "das Neue Hauner" mit einer Gesamtfläche von rund 19.000 Quadratmetern sind mit 130 Millionen Euro veranschlagt, 20 Millionen Euro davon möchte das Klinikum über Spenden einwerben. "Diese 20 Millionen Euro sind der entscheidende Exzellenzbaustein", sagt Prof. Göke. "Mit diesem Geld können wir ein Zentrum errichten, das internationale Spitzenmedizin ermöglichen wird und in dem wir neue Maßstäbe in der Kinderheilkunde und in der Geburtsmedizin setzen werden." Für jedes einzelne Kind und deren Familie soll dabei eine fürsorgliche Atmosphäre geschaffen werden. Die Einbindung von Mutter oder Vater und auch von Geschwistern kann in vielen Fällen den Genesungsprozess positiv unterstützen und den Einsatz von Arzneimitteln reduzieren. Mit diesem ganzheitlichen Ansatz wird das Neue Hauner die Tradition von Dr. August von Hauner fortsetzen.

Hauner-Wein

Speziell zum 200. Geburtstag wurde in einem sizilianischen Weingut der "Hauner-Wein" gekeltert. Vom Verkaufspreis (15,80 Euro je Flasche) gehen jeweils 5 Euro an das am Dr. von Haunerschen Kinderspital angesiedelte Zentrum für seltene Erkrankungen (Care-for-Rare-Center).

Kontakt:
Prof. Dr. Christoph Klein
Direktor Dr. von Haunersches Kinderspital
Klinikum der Universität München
Sprecher der Netzwerke für Seltene Erkrankungen
Lindwurmstr. 4, D-80337 München
www.klinikum.uni-muenchen.de
Klinikum der Universität München

Weitere Informationen finden Sie im Internet unter
www.klinikum.uni-muenchen.de


Im Klinikum der Universität München (LMU)
sind im Jahr 2010 an den Standorten Großhadern und Innenstadt 465.000 Patienten ambulant, teilstationär und stationär behandelt worden. Die 45 Fachkliniken, Institute und Abteilungen sowie 35 interdisziplinäre Zentren verfügen über mehr als 2.200 Betten. Von insgesamt über 10.000 Beschäftigten sind rund 1.800 Mediziner. Das Klinikum der Universität München hat im Jahr 2010 rund 70 Millionen Euro an Drittmitteln verausgabt und ist seit 2006 Anstalt des öffentlichen Rechts.

Gemeinsam mit der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität
ist das Klinikum der Universität München an sechs Sonderforschungsbereichen der DFG (SFB 455, 571, 594, 596, 684, 824), an drei Sonderforschungsbereichen-/Transregio (TR 05, TR 22, TR 36), einer Forschergruppe (FOR 535) sowie an drei Graduiertenkollegs (GK 1091 und 1202, SFB-TR 36) beteiligt. Hinzu kommen die drei Exzellenzcluster "Center for Integrated Protein Sciences" (CIPSM), "Munich Center of Advanced Photonics" (MAP) und "Nanosystems Initiative Munich" (NIM) sowie die Graduiertenschule "Graduate School of Systemic Neurosciences" (GSN-LMU).

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution550

Quelle: Klinikum der Universität München, Philipp Kressirer, 27.10.2011


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Max-Planck-Institut für Biochemie - 27.10.2011

Proteine - Auf den richtigen Faltplan kommt es an

Franz-Ulrich Hartl erhält Heinrich-Wieland-Preis

Was haben neurodegenerative Erkrankungen wie Morbus Alzheimer, Chorea Huntington und Morbus Parkinson gemeinsam? Sie treten immer häufiger in einer älter werdenden Gesellschaft auf und falsch gefaltete, verklumpende Proteine spielen eine zentrale Rolle. Entschlüsseln Forscher die molekularen Mechanismen der Proteinfaltung, so können daraus neue Ansätze für Prävention, Diagnostik und Therapie entstehen. Für seine bahnbrechenden Forschungsarbeiten zur Faltung von Proteinen erhält Professor Franz-Ulrich Hartl, Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried, den Heinrich-Wieland-Preis 2011. Der Preis der Boehringer Ingelheim Stiftung ist mit einem Preisgeld von 50.000 Euro dotiert.

Proteine sind die Träger fast aller zellulären Lebensfunktionen. Zellen produzieren ständig Tausende verschiedener Proteine. Sie können ihre biologische Funktion - zum Beispiel als Enzyme im Zellstoffwechsel, als Antikörper in der Immunabwehr oder als Strukturproteine in der Muskulatur - meist nur dann ausführen, wenn sie eine definierte, dreidimensionale Form annehmen. Hartls Pionierarbeiten veränderten die Vorstellung davon, wie Proteine das tun. Entgegen der früher geltenden Ansicht, dass sich alle Proteine spontan und ohne Hilfe falten, formulierte der Forscher ein neues Konzept: die Proteinfaltung als komplexer Prozess, der Helferproteine, so genannte Chaperone, benötigt.

Viele Chaperone gehören zu den Stress- oder Hitzeschock-Proteinen, die nicht nur die korrekte Faltung neu synthetisierter Proteine ermöglichen, sondern auch in Stresssituationen einspringen, beispielsweise um durch hohe Temperaturen fehlgefaltete Proteine zu reparieren. Mittlerweile spielen molekulare Chaperone auch in der Biotechnologie eine wichtige Rolle: In Bakterienzellen, die einen erhöhten Chaperon-Gehalt haben, können Biotechnologieunternehmen Proteine, die z.B. für die Medikamentenherstellung wichtig sind, in großer Menge und in aktiver Form herstellen. Grundlagen dafür lieferte unter anderem eine Entdeckung Hartls: das so genannte Chaperonin, ein bakterielles Protein, das als zylindrisch geformtes Molekül mit Deckel andere Proteine in seinem Inneren abschirmt und bei der Faltung unterstützt. In den vergangenen Jahren hat sich Hartl auf die Analyse neurodegenerativer Erkrankungen konzentriert, die durch die Fehlfaltung und Verklumpung bestimmter Proteine gekennzeichnet sind.

"Professor Hartls Forschungen sind ein leuchtendes Beispiel dafür, wie Grundlagenforschung ihren Weg in biotechnologische oder medizinische Anwendung finden kann - die Ergebnisse haben auch das Potential, langfristig konkrete Fortschritte zum Wohle betroffener Patienten zu bringen", begründet Professor Dr. Konrad Sandhoff, Vorsitzender des Kuratoriums des Heinrich-Wieland-Preises, die Auszeichnung Hartls.

Franz-Ulrich Hartl hat in Heidelberg Medizin studiert und wechselte anschließend nach München, wo er promoviert wurde. Nach mehreren Postdoc-Positionen folgte er einem Ruf auf eine Professur für Zellbiologie und Genetik an die Cornell University in den USA. 1997 kehrte er nach Deutschland zurück und ist seither Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München.

Der internationale Heinrich-Wieland-Preis (HWP) honoriert mit 50.000 Euro herausragende Forschung zu biologisch aktiven Substanzen und Systemen in der Chemie, Biochemie und Physiologie sowie deren klinischer Bedeutung. Der HWP ist nach dem deutschen Chemiker und Nobelpreisträger Heinrich Otto Wieland (1877 - 1957) benannt, der viele Jahre als Professor der Chemie an der Universität München tätig war. Der Preis wird seit 1964 jährlich von einem eigenständigen Kuratorium vergeben. Seit 2011 dotiert die Boehringer Ingelheim Stiftung (BIS) den Preis. Die BIS ist eine eigenständige und gemeinnützige Stiftung zur Förderung der medizinischen, biologischen, chemischen und pharmazeutischen Wissenschaft.

Kontakte:

Jürgen Lösch
Referent Kommunikation
Boehringer Ingelheim Stiftungen
Schlossmühle / Grabenstr. 46
55262 Heidesheim
E-Mail: communications@bifonds.de

Anja Konschak
Public Relations
Max Planck Institut für Biochemie
Am Klopferspitz 18
82152 Martinsried
E-Mail: konschak@biochem.mpg.de
www.biochem.mpg.de

Weitere Informationen finden Sie unter
- http://www.boehringer-ingelheim-stiftung.de
(Homepage der Böhringer-Ingelheim-Stiftung)
- http://www.heinrich-wieland-preis.de
(Informationen zur Geschichte des Preises und den bisherigen Preisträgern)
- http://www.biochem.mpg.de/hartl
(Homepage der Forschungsabteilung Zelluläre Biochemie von Prof. F.-Ulrich Hartl)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution25

Quelle: Max-Planck-Institut für Biochemie, Anja Konschak, 27.10.2011


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Oktober 2011