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UMWELT/886: Europa erwärmt sich am schnellsten - Gesundheitsgefahr durch Hitze (idw)


Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. - 24.04.2025

Europa erwärmt sich am schnellsten: Gesundheitsgefahr durch Hitze gehört längst zum Alltag - und braucht Strategien


Sie kommt ohne Si­re­ne, sie löst kei­nen Lock­down aus - und kos­tet doch jedes Jahr Tau­sen­de von Men­schen­le­ben: Hitze ist längst zur un­sicht­ba­ren Ge­sund­heits­kri­se ge­wor­den. Al­lein im Som­mer 2022 star­ben in Deutsch­land rund 9100 Men­schen an den Fol­gen ex­tre­mer Hitze (1) - deut­lich mehr als durch Ver­kehrs­un­fäl­le und Dro­gen­kon­sum zu­sam­men. Den­noch feh­len vie­ler­orts grund­le­gen­de Schutz­maß­nah­men. Der 131. Kon­gress der Deut­schen Ge­sell­schaft für In­ne­re Me­di­zin e. V. (DGIM) wid­met sich im Rah­men sei­nes Schwer­punkt­the­mas "Re­si­li­enz - sich und an­de­re stär­ken" der Frage, wie der ge­sund­heit­li­che Hit­ze­schutz

sys­te­ma­tisch ge­stärkt wer­den kann.

Auf der Er­öff­nungs­pres­se­kon­fe­renz am 3. Mai 2025 wer­den kon­kre­te Stra­te­gi­en aus ärzt­li­cher Sicht vor­ge­stellt.

"Hitze ist das grö­ß­te durch den Kli­ma­wan­del be­ding­te Ge­sund­heits­ri­si­ko in Deutsch­land - und es trifft eine zu­neh­mend vul­ne­r­a­ble Be­völ­ke­rung", sagt Dr. med. Mar­tin Herr­mann, Mit­be­grün­der und Vor­sit­zen­der von KLUG e. V. (Deut­sche Al­li­anz Kli­ma­wan­del und Ge­sund­heit). Hit­ze­wel­len ge­fähr­den vor allem äl­te­re und

chro­nisch kran­ke Men­schen, be­las­ten das Ge­sund­heits­sys­tem und kön­nen sich zu Ka­ta­stro­phen­la­gen mit groß­flä­chi­gen Ver­sor­gungs­eng­päs­sen ent­wi­ckeln. Ge­ra­de äl­te­re Men­schen ver­lie­ren mit zu­neh­men­dem Alter die Fä­hig­keit zur ef­fek­ti­ven Ther­mo­re­gu­la­ti­on, also der An­pas­sung des Kör­pers an hohe Um­ge­bungs­tem­pe­ra­tu­ren. Gleich­zei­tig sind sie häu­fi­ger von Herz-Kreis­lauf-, Nie­ren- oder Lun­gen­er­kran­kun­gen be­trof­fen, die sich durch Hit­ze­be­las­tung ver­schlim­mern kön­nen. Be­stimm­te ent­wäs­sern­de oder Blut­druck sen­ken­de Me­di­ka­men­te kön­nen zudem die kör­per­ei­ge­ne Wär­me­re­gu­la­ti­on stö­ren. Zudem er­hö­hen ko­gni­ti­ve Ein­schrän­kun­gen, Im­mo­bi­li­tät und so­zia­le Iso­la­ti­on das Ri­si­ko, eine Hit­ze­wel­le nicht recht­zei­tig wahr­zu­neh­men oder nicht an­ge­mes­sen dar­auf zu re­agie­ren. "Für diese Be­trof­fe­nen ist Hitze keine Un­an­nehm­lich­keit, son­dern ein po­ten­zi­ell le­bens­be­droh­li­cher Stres­sor", so Herr­mann. Die Fol­gen rei­chen von De­hy­drie­rung über Herz­in­farkt bis hin zum plötz­li­chen To­des­fall.

Bünd­nis­se, Bil­dung und Be­ra­tung: Hit­ze­ak­ti­ons­tag am 4. Juni

Trotz der alar­mie­ren­den Si­tua­ti­on und der wei­ter fort­schrei­ten­den Kli­ma­kri­se steht der ge­sund­heit­li­che Hit­ze­schutz in der ge­sund­heits­po­li­ti­schen De­bat­te noch am An­fang. "Umso wich­ti­ger ist es, dass die Ärz­te­schaft nicht auf po­li­ti­sche Rah­men­be­din­gun­gen war­tet, son­dern dort han­delt, wo sie be­reits heute Ein­fluss hat", sagt Herr­mann. Dazu zählt vor allem, Pa­ti­en­tin­nen und Pa­ti­en­ten in Pra­xen und Kli­ni­ken ge-

zielt über Hit­ze­fol­gen zu in­for­mie­ren und eine so­ge­nann­te kli­ma­sen­si­ble Ge­sund­heits­be­ra­tung an­zu­bie­ten. Ärz­tin­nen und Ärzte soll­ten sich zudem aktiv an re­gio­na­len Hit­ze­ak­ti­ons­plä­nen be­tei­li­gen, ihre Stim­me in ge­sund­heits- und kli­ma­po­li­ti­schen De­bat­ten ein­brin­gen und über mög­li­che Ri­si­ken auf­klä­ren - etwa im Rah­men des bun­des­wei­ten Hit­ze­ak­ti­ons­tags am 4. Juni 2025, der von der Bun­des­ärz­te­kam­mer und KLUG e. V. or­ga­ni­siert wird; in Ko­ope­ra­ti­on mit über 50 Part­ner­in­sti­tu­tio­nen aus dem Ge­sund­heits­we­sen, der Pfle­ge, den Kom­mu­nen und der Zi­vil­ge­sell­schaft. Auch im me­di­zi­ni­schen All­tag gibt es Hand­lungs­spiel­raum: durch kli­ma­be­wuss­te Me­di­ka­men­ten­wahl, not­wen­di­ge An­pas­sung der Do­sie­rung von Me­di­ka­men­ten, die Ver­mei­dung me­di­zi­ni­scher Über­ver­sor­gung oder eine ge­sün­de­re, pflan­zen­be­ton­te Er­näh­rung in Ver­sor­gungs­ein­rich­tun­gen. Nicht zu­letzt for­dert der DGIM-Kon­gress dazu auf, Klima- und Ge­sund­heits­wis­sen fest in Lehre, Fort­bil­dung und auch in den Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­ren von Kran­ken­häu­sern und Pra­xen zu ver­an­kern - damit sie lang­fris­tig re­si­li­en­ter und nach­hal­ti­ger wer­den.

DGIM-Kon­gress als Platt­form für kon­kre­te Hand­lungs­per­spek­ti­ven

"Die In­ne­re Me­di­zin steht vor der Auf­ga­be, nicht nur Krank­hei­ten zu be­han­deln, son­dern aktiv Ge­sund­heits­ge­fah­ren vor­zu­beu­gen - auch vor dem Hin­ter­grund der Kli­ma­kri­se", be­tont auch Kon­gress­prä­si­dent Pro­fes­sor Dr. med. Jan Galle. Unter "Kli­ma­re­si­li­enz" ver­ste­he man die Ver­bin­dung von Kli­ma­an­pas-

sung und Kli­ma­schutz - ein Kon­zept, das für die Zu­kunfts­fä­hig­keit von Ge­sund­heits­sys­te­men von grö­ß­ter Be­deu­tung sei. Mit Vor­trä­gen, Dis­kus­si­ons­fo­ren und Work­shops bie­tet der DGIM-Kon­gress 2025 Raum für Wis­sens­trans­fer und pra­xis­na­he Stra­te­gi­en. Die Ses­si­on "Kli­ma­re­si­li­enz - Traum oder Wirk­lich­keit?" (4. Mai 2025, 8:00 Uhr) und das Forum "Re­si­li­enz an­ge­sichts der pla­ne­ta­ren Ge­sund­heits­kri­se" (3. Mai 2025,

14:45 Uhr) stel­len ak­tu­el­le wis­sen­schaft­li­che Er­kennt­nis­se zur Dis­kus­si­on und för­dern die in­ter­pro­fes­sio­nel­le Ver­net­zung. "Wir In­ter­nis­tin­nen und In­ter­nis­ten müs­sen auf­hö­ren, Hitze als Aus­nah­me­si­tua­ti­on zu be­han­deln", sagt Herr­mann. "Sie ist Teil un­se­res All­tags. Und den müs­sen wir me­di­zi­nisch ge­stal­ten - bevor er uns ge­sund­heit­lich über­for­dert."

Quelle:
(1) https://www.aerzteblatt.de/archiv/hitzeassoziierte-mortalitaet-im-extremsommer-2022-3b613a95-f63e-46b6-aa37-cbe301075f07


Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
https://idw-online.de/de/institution1248

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. - 24.04.2025
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 2. Mai 2025

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