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GESCHICHTE/531: Gustav Adolf Neuber (1850-1932) - "Schöpfer der Asepsis" (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 6/2011

Gustav Adolf Neuber: Späte Ehrung für unbekannten Pionier

Von Dirk Schnack


Das Sankt Elisabeth-Krankenhaus in Kiel benennt die neu gegründete Akademie nach Gustav Adolf Neuber, der als Schöpfer der Asepsis gilt.


Interessierte, potenzielle Patienten und Einkaufsbummler aus der nahe gelegenen Innenstadt bekamen am 21. Mai Einblicke in das Klinikleben am Kieler Sankt Elisabeth-Krankenhaus. Anlass war die Ehrung für einen noch nicht so prominenten Kieler Chirurgen, der im vorletzten Jahrhundert im Königsweg gewirkt hat - zu Unrecht wenig bekannt, meinen Belegärzte und Mitarbeiter des Krankenhauses. Sie gründeten an diesem Tag die "Gustav Adolf Neuber Akademie". Prof. Neuber, geboren am 24. Juni 1850 in Tondern und gestorben am 13. April 1932 in Kiel, gilt weltweit als "Schöpfer der Asepsis". Sein Grab auf dem Kieler Südfriedhof gibt es heute übrigens immer noch. 1885 baute er die erste nach aseptischen Grundsätzen konzipierte Klinik im Königsweg 8 in Kiel, dem heutigen Sankt Elisabeth-Krankenhaus. "Mit seinen Ideen und vor allem der konsequenten Umsetzung seines Wissens über bisher nicht durchgeführte, aber dringend notwendige Hygienemaßnahmen im Krankenhaus rettete er Menschenleben und bewahrte vor schwerer Krankheit, Not und Elend", teilte das Krankenhaus mit.

Im 19. Jahrhundert wurde bereits sehr gut operiert; Erkenntnisse über Krankheiten und deren Behandlung waren weit fortgeschritten. Nur an den Folgen der Operationen starben noch sehr viele Menschen. Sie bekamen Wundinfektionen, die sie sich durch die Operation erwarben und die nicht oder nur unzureichend geheilt werden konnten. Neubers Idee war, erst gar keine Keime in die Wunde und somit an den Patienten gelangen zu lassen. Man war damals ohnehin gegen viele "starke" Keime machtlos. Antibiotika, wie wir sie heute kennen, gab es noch nicht. Neuber setzte konsequent bei allen bekannten Schwachstellen an: Jeder Patient wurde vor der Operation gebadet; die Operateure mussten sich vor jedem Eingriff mit keimtötender Lösung waschen. Er entwickelte neue Instrumente, die leicht desinfiziert werden konnten - ohne Rillen, wo sich die Keime verstecken konnten. Auch die OP-Säle wurden nur noch mit glatten Flächen ausgestattet, die problemlos nach jedem Eingriff keimfrei aufbereitet werden konnten. Durch diese geschlossene Hygienekette hat Neuber den Grundstein für heute noch geltende Hygienestandards gelegt. Ohne ihn und weitere Pioniere auf diesem Gebiet, wie Robert Koch, Louis Pasteur und Ignaz Philip Semmelweis, um nur drei bekannte Namen aus dieser Epoche zu nennen, hätte es keinen Durchbruch in der Hygiene gegeben.

Im Gegensatz zu anderen Genannten hat Neuber nie die verdiente Anerkennung bekommen. "Das hat viele Gründe, die in den Umständen der damaligen Zeit lagen. Das Sankt Elisabeth-Krankenhaus will dazu beitragen, dass ein zu Unrecht noch unbekannter Kieler die Ehre bekommt, die ihm gebührt", teilte das Haus mit. Der "Neuber-Tag der offenen Türen" bot denn auch Vorträge über sein Wirken und seine Zeit bis zur Entwicklung der Hygiene in die Gegenwart, aber auch einen Ausblick in die Zukunft. Vor dem Haupteingang des Krankenhauses wurde eine "Neuber Büste" enthüllt und überkonfessionell gesegnet.


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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 6/2011 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2011/201106/h11064a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
- Büste von Gustav Adolf Neuber vor dem Sankt Elisabeth-Krankenhaus in Kiel.


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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Juni 2011
64. Jahrgang, Seite 27
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juli 2011