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STUDIE/441: Körperliche Fitness ist ein unabhängiger Prädiktor des Körpergewichts (idw)


Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke - 09.07.2013

Körperliche Fitness ist ein unabhängiger Prädiktor des Körpergewichts



Wie eine große europäische Studie mit 2.056 gesunden Erwachsenen um die 50 zeigt, beeinflussen die körperliche, d. h. die kardiorespiratorische* Fitness und die körperliche Aktivität unabhängig voneinander und in unterschiedlichem Maße das Körpergewicht. Besonders zwischen der Fitness und dem Taillen-Hüftumfang-Quotienten bzw. dem Body-Mass-Index** (BMI) besteht sowohl bei Männern als auch bei Frauen ein starker Zusammenhang. Das Wissenschaftlerteam unter Führung des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) und des Institute of Metabolic Science des Addenbrookes Hospital, Cambridge, UK publizierte seine Ergebnisse nun in der Fachzeitschrift Obesity (Wientzek, A. et al.; 2013)***.

Seit langem weisen Studien darauf hin, dass ein Zusammenhang zwischen dem Grad der körperlichen Aktivität und dem Auftreten von Übergewicht besteht. Bei den meisten Untersuchungen basieren die Daten zur körperlichen Aktivität jedoch nicht auf aktuellen Messwerten, sondern auf den Selbstauskünften der Probanden. Diese sind häufig fehlerhaft und können so dazu beitragen, die Studienergebnisse zu verfälschen. Zudem spielt auch die kardiorespiratorische Fitness eine Rolle für das Körpergewicht. Generell gibt sie an, wie gut die Atmung und der Blutkreislauf in der Lage sind, den Körper mit Sauerstoff zu versorgen. Die Fitness ist über Jahre relativ stabil und wird von dem Grad der in der Vergangenheit geleisteten körperlichen Aktivität aber auch durch Erbfaktoren beeinflusst.

Um mehr über die Zusammenhänge zwischen körperlicher Aktivität, Fitness und dem Körpergewicht zu erfahren, führten die Wissenschaftler erstmals eine großangelegte europäische Beobachtungsstudie durch, bei der sie die körperliche Aktivität und Fitness der Studienteilnehmer durch klinische Messungen erfassten. Die Forscher rekrutierten jeweils etwa 200 deutsche, britische, dänische, griechische, niederländische, italienische, spanische, französische, schwedische sowie norwegische Studienteilnehmer der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)****.

Die Forscher ermittelten die Fitness der Probanden mit Hilfe eines einfachen, klinisch überwachten Konditionstests. Die körperliche Aktivität erfassten die Forscher mittels eines die Herzfrequenz und die Bewegung messenden Sensors, den die Probanden mindestens für vier Tage auf der Brust trugen. Beide Messungen wurden nach vier Monaten wiederholt, um die Daten zu präzisieren. Je stärker die Fitness der Teilnehmerinnen und Teilnehmer war, desto geringer war ihr Taillen-Hüftumfang-Quotient bzw. BMI. Zudem beobachteten die Forscher bei Frauen eine von der Fitness unabhängige und etwas schwächere Beziehung zwischen der aktuell gemessenen körperlichen Aktivität und den untersuchten Markern für das Körpergewicht. Bei Männern war dieser Zusammenhang nur für den BMI signifikant.

"Bemerkenswert an unseren Ergebnissen ist, dass Bewegung und Fitness nicht nur unabhängig voneinander das Körpergewicht beeinflussen, sondern die körperliche Fitness die größte Rolle für das Körpergewicht und die Körperfettverteilung spielt", sagt Angelika Wientzek, Erstautorin und Epidemiologin am DIfE. "Körperlich fit zu sein und diese Fitness auch zu erhalten, erscheint also besonders wichtig, um Übergewicht vorzubeugen. Dies gilt besonders für Männer, bei denen gelegentliche körperliche Aktivität die Körpermaße nur wenig beeinflusst", ergänzt Heiner Boeing, Leiter der Abteilung Epidemiologie am DIfE.


Kontakt:

Prof. Dr. Heiner Boeing
Abteilung Epidemiologie
Deutsches Institut für Ernährungsforschung
Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Arthur-Scheunert-Allee 114-116
14558 Nuthetal/Deutschland
E-Mail: boeing@dife.de

Dr. Angelika Wientzek
Abteilung Epidemiologie
Deutsches Institut für Ernährungsforschung
Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Arthur-Scheunert-Allee 114-116
14558 Nuthetal/Deutschland
E-Mail: angelika.wientzek@dife.de

Dr. Gisela Olias
Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Institut für Ernährungsforschung
Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Arthur-Scheunert-Allee 114-116
14558 Nuthetal/Deutschland
E-Mail: olias@dife.de
oder : presse@dife.de
http://www.dife.de


Weitere Informationen finden Sie unter
www.dife.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image208210
Steptest, zur Überprüfung der körperlichen Fitness


Hintergrundinformationen:

* kardiorespiratorische Fitness: Generell gibt sie an, wie gut die Atmung und der Blutkreislauf in der Lage sind, den Körper mit Sauerstoff zu versorgen.

** Die Formel für den Body-Mass-Index (BMI) lautet: BMI = Körpergewicht in kg/Körperlänge in m zum Quadrat. Er hilft dabei, das Körpergewicht in Unter-, Normal- bzw. Übergewicht einzuordnen. Die Formel für den Taille-Hüft-Quotient (THQ) lautet: THQ = Umfang der Taille/Umfang der Hüfte; wobei die Taille in Nabelhöhe und die Hüfte an der dicksten Stelle gemessen wird. Der THQ liefert eine Antwort auf die Frage, wo die Fettdepots sitzen, ob mehr Fett am Bauch oder mehr am Po vorhanden ist. Übersteigt der THQ bei Männern den Wert 1 bzw. bei Frauen den Wert 0,85, hat sich zu viel Fett am Bauch abgelagert, was das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Typ-2-Diabetes erhöht.

*** Wientzek, A. et al.; Obesity 2013; doi: 10.1002/oby.20530 Cross-sectional associations of objectively measured physical activity, cardiorespiratory fitness and anthropometry in European adults.

**** EPIC: European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition. Die EPIC-Studie ist eine prospektive Studie, die Zusammenhänge zwischen Ernährung, Krebs und anderen chronischen Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes untersucht. An der EPIC-Studie sind 23 administrative Zentren in zehn europäischen Ländern mit insgesamt 519.000 Studienteilnehmern im Erwachsenenalter beteiligt.
Die Potsdamer EPIC-Studie ist mit mehr als 27.000 Teilnehmern ein Teil der EPIC-Studie.

Das DIfE ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsbedingter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Forschungsschwerpunkte sind dabei Adipositas (Fettsucht), Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Näheres unter
http://www.dife.de.
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http://www.dzd-ev.de

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http://www.leibniz-gemeinschaft.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution166

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke, Dr. Gisela Olias, 09.07.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juli 2013