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TRANSPLANTATION/428: Neue Methode für Knochenmark-Transplantationen von nicht passenden Spendern (idw)


Weizmann Institut - 07.12.2009

Chancen verbessern

Mit einer neuen Methode für Knochenmark-Transplantationen von nicht passenden Spendern erholt sich das Immunsystem schneller


Obwohl Knochenmark-Transplantionen schon längst eine Standardbehandlung für akute Leukämie geworden sind, beruhen die gegenwärtigen Behandlungen noch immer auf ein vollkommenes Passen zwischen Spender und Patient. Jetzt haben Wissenschaftler der Perugia Universität in Italien und des Weizmann Instituts für Wissenschaft Fortschritte mit der Transplantation von Knochenmark aus Stammzellen nicht passender Spender gemacht, eine Methode, die sicherer ist, wenn es keinen vollkommen passenden Spender gibt. Sie haben ihre Forschungsergebnisse auf der letzten Jahreskonferenz der American Society of Hematology in New Orleans vorgestellt.

Vor mehr als einem Jahrzehnt hatte Prof. Yair Reisner aus dem Fachbereich für Immunologie am Weizmann Institut erstmals eine Methode für die Transplantation von Stammzellen von Familienmitgliedern, die nur teilweise passen, entwickelt. Auf der Grundlage dieser Forschungsarbeit (mit Mäusen), tat er sich mit Prof. Massimo F. Martelli, dem Leiter der Abteilung für Hämatologie und Klinische Immunologie an der Perugia Universität zusammen geschlossen, um anhand von mehr als 300 Patienten zu zeigen, dass die Heilungsrate dieser sogenannten "Megadosis"- Transplantate jener von Transplantaten von passenden, nichtverwandten Spendern, die von internationalen Knochenmarkspenderbanken ausgewählt wurden, ähnelt. Um gegen die Tendenz des Körpers anzukämpfen, die fremden Zellen abzustossen, werden diese Stammzellen von gewissen Immunzellen, den sogenannten T-Zellen, getrennt und in großen Dosen injiziert, um das Immunsystem des Patienten zu überwältigen. Obwohl die Entfernung der Immunzellen vom Knochenmark das Risiko der Transplantat-Wirt-Reaktion - bei der die T-Zellen das Gewebe des Patienten angreifen - reduziert, braucht das Immunsystem einige Zeit, um sich nach der Transplantation zu erholen, und der Patient ist währenddessen der Gefahr einer möglichen schweren Infektion ausgesetzt. Ärzte sind mit der schwierigen Entscheidung konfrontiert: Entfernt man die T-Zellen vom Knochenmark, steigt das Infektionsrisiko, belässt man die T-Zellen des Spenders, sind die Patienten dem Risiko einer tödlich verlaufenden Transplantat-Wirt-Reaktion ausgesetzt.

Martelli hat bei der Zusammenarbeit mit Reisner einen Weg zur Erholung des Immunsystems bei Patienten gefunden, die ein Knochenmark-Transplantat ohne T-Zellen erhielten. In einer klinischen Studie zeigten 25 von 26 Blut- und Lymphkrebs-Patienten, die eine Megadosis eines nicht vollkommen passenden Knochenmarktransplantats ohne T-Zellen von ihren Verwandten erhalten hatten, eine prompte Erholung des Immunsystems auf. Auch Monate später arbeitete ihr Immunsystem sehr gut.

Die Wissenschafter wußten, dass bestimmte regulatorische T-Zellen (TReg) die Transplantat-Wirt-Reaktion nicht verursachten, sondern - ganz im Gegenteil - sie bei Mäusen gar verhindern. Es wurde auch beobachtet, dass diese regulatorischen T-Zellen andere Immunreaktionen kontrollieren, einschließlich der autoimmunen Angriffe gegen körpereigene Zellen. In der gegenwärtigen Studie wurden aus dem Spenderblut aufgereinigte regulatorische T-Zellen den Krebspatienten drei Tage nach Abschluss der Standard-Bestrahlungen und chemotherapeutische Behandlungen gleichzeitig mit den Stammzellen des Spenders intravenös verabreicht.

Diese Patienten zeigten eine schnelle, anhaltende Verbesserung der Aktivität des Immunsystems; bei den meisten von ihnen wurden keine Krankheitssymptome beobachtet, obwohl ihnen eine große Dosis T-Zellen verabreicht worden war, die gewöhnlich eine Transplantat-Wirt-Reaktion zur Folge hat.

Weitere Nachkontrollen dieser Patienten sowie weitere klinische Tests sind noch notwendig bevor sich diese Behandlung weit verbreitet anwenden läßt. Aber diese Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die regulatorischen T-Zellen in Verwendung mit einer Megadosis von Stammzellen die Heilungsrate von Knochenmarktransplantat-Patienten ohne vollkommen passende nichtverwandte Spender steigern.

Prof. Yair Reisners Forschungsarbeit wird finanziert vom M.D. Moross Institute for Cancer Research, dem Kirk Center for Childhood Cancer and Immunological Disorders, dem Mario Negri Institute for Pharmacological Research Weizmann Institute of Science Exchange Program, dem Gabrielle Rich Center for Transplantation Biology Research, dem Russell Berrie Foundation und Mr. and Mrs. Seymour Spira in Palm Beach in Florida. Prof. Reisner hält den Henry-H.-Drake-Professurlehrstuhl in Immunologie inne.

Das Weizmann Institut in Rehovot, Israel, gehört weltweit zu den führenden multidisziplinären Forschungseinrichtungen. Seine 2600 Wissenschaftler, Studenten, Techniker und anderen Mitarbeiter sind in einem breiten Spektrum naturwissenschaftlicher Forschung tätig. Zu den Forschungszielen des Instituts gehören neue Möglichkeiten im Kampf gegen Krankheit und Hunger, die Untersuchung wichtiger Fragestellungen in Mathematik und Informatik, die Erforschung der Physik der Materie und des Universums und die Entwicklung neuer Werkstoffe und neuer Strategien für den Umweltschutz.


Die Nachrichten des Weizmann-Instituts sind im World Wide Web unter
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http://idw-online.de/pages/de/institution110


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Weizmann Institut, Yivsam Azgad, 07.12.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Dezember 2009