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AUSLAND/1686: Libyen - Ärzte ohne Grenzen evakuiert per Schiff 71 Kriegsverletzte aus Misrata (ÄoG)


Ärzte ohne Grenzen - Montag, 4. April 2011

Libyen: Ärzte ohne Grenzen evakuiert per Schiff 71 Kriegsverletzte aus Misrata


Sfax/Berlin, 4. April 2011. Die medizinische Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen hat am Sonntag 71 Patienten per Schiff aus der libyschen Stadt Misrata nach Tunesien evakuiert. Die Kämpfe in Misrata führten zu einer Überlastung der Gesundheitseinrichtungen in der Stadt.

"Es ist uns am Sonntagnachmittag trotz der heftigen Kämpfe in der Stadt gelungen, in Misrata anzulegen", erklärt Dr. Helmy Mekaoui, der die Evakuierungsaktion koordiniert hat. "Die Gewalt hat dazu geführt, dass viele Verwundete auf einmal in die Krankenhäuser eingeliefert wurden. Es war in dieser Situation ein glücklicher Umstand, dass wir nach Misrata gelangen und einige Patienten an Bord holen konnten." Unter den Evakuierten waren drei Patienten, die lebensrettende Maßnahmen benötigten. Elf sind schwer traumatisiert. Viele andere haben Bauchverletzungen und offene Knochenbrüche. Schon an Bord des Schiffes leisteten die Mitarbeiter intensivmedizinische Behandlung. Das Team von Ärzte ohne Grenzen bestand aus sieben Ärzten, drei Krankenschwestern und einem Psychologen. Zu dem Team gehörten auch sieben Mediziner aus Tunesien, die freiwillig an dem Einsatz teilnahmen.

Das Krankenhaus in Misrata ist Berichten zufolge am frühen Sonntagmorgen bombardiert worden. Die anderen Kliniken, die noch geöffnet sind, sind mit Schwerverletzten überfüllt und versuchen trotz fehlenden medizinischen Materials verzweifelt, die Patienten zu behandeln.

In Misrata hat Ärzte ohne Grenzen sechs Tonnen medizinischen Materials zur Behandlung Kriegsverletzter an die Einrichtungen des Libyschen Gesundheitskomitees verteilt. Darunter sind 300 chirurgische Kits, die für 1.000 Operationen ausreichen, Sterilisationsgeräte und Infusionslösungen.

Das Schiff erreichte am Montagmorgen die tunesische Hafenstadt Sfax, wo die Patienten für ihre dringend benötigte Behandlung auf ein Dutzend Gesundheitseinrichtungen verteilt wurden. Die Evakuierung und Behandlung der Patienten war nur dank der Hilfe der tunesischen Gesundheitsbehörden, des medizinischen Personals und ihrer Kollegen in Misrata möglich, die dafür ihr Leben riskierten. Die Evakuierung wurde unabhängig von allen Konfliktparteien in Übereinstimmung mit den Prinzipien der Neutralität und Unparteilichkeit der Organisation durchgeführt.

Während der Konflikt in Libyen weitergeht, weitet Ärzte ohne Grenzen seine Hilfe für Gewaltopfer aus, unabhängig davon, welcher Gruppe sie angehören oder woher sie kommen. Die Organisation verstärkt die Teams vor Ort, liefert zusätzliches medizinisches Material und unterstützt Evakuierungen von verletzten und kranken Patienten. Dennoch ist es nach wie vor sehr beunruhigend, dass Berichten zufolge viele Verletzte keinen sicheren Zugang zu lebensrettender medizinischer Behandlung finden, ohne ihr Leben zu riskieren.

Ärzte ohne Grenzen ruft alle kriegsführenden Parteien wiederholt dazu auf, allen von der Gewalt betroffenen Libyern ungehinderten Zugang zu medizinischer Hilfe zu gewährleisten und medizinische Einrichtungen, Gesundheitspersonal und Krankenwagen zu respektieren.


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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen
Pressemitteilung vom 4. Arpil 2011
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Pressestelle: Tel.: 030/22 33 77 00
E-Mail: office@berlin.msf.org
Internet: www.aerzte-ohne-grenzen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. April 2011