Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → GESUNDHEITSWESEN

AUSLAND/1791: Pakistan - Rehabilitationsplan für Kriegsversehrte (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. Januar 2012

Pakistan: Rehabilitationsplan für Kriegsversehrte

von Ashfaq Yusufzai

Kriegsversehrter Pakistaner - Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Kriegsversehrter Pakistaner
Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Peshawar, 30. Januar (IPS) - In Pakistan hat die Regierung ein Rehabilitationsprogramm für Kriegsversehrte aufgelegt. Ab März sollen die Betroffenen Operationen und Physiotherapien beziehungsweise Prothesen, Gehhilfen oder Rollstühle erhalten. Auch sind Schulungskurse geplant, die den Verletzten die Wiedereingliederung ins Berufsleben erleichtern.

Wie Mahboob ur Rehman, Leiter des Physiotherapiezentrums am HMC-Krankenhaus in Peshawar, erläutert, wird es zunächst darum gehen, die Behinderten in den Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA) und in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa zu identifizieren. Danach sollen sie physisch rehabilitiert werden, um sie vor einer dauerhaften Behinderung zu bewahren.

Der zehnjährige bewaffnete Konflikt hat dazu geführt, dass tausende Menschen durch Schussverletzungen, Bomben- und Drohnenanschläge verletzt wurden. Die meisten Opfer brauchen Prothesen und andere orthopädische Hilfsmittel.

Aus den Akten der staatlichen Kliniken geht hervor, dass der US-geführte Krieg gegen den internationalen Terrorismus 35.000 Pakistanern das Leben kostete. 60.000 Menschen trugen schwere Verletzungen davon, weitere 10.000 sind auf Rehabilitationsmaßnahmen angewiesen.


Nachfrage nach Prothesen, Gehhilfen und Rollstühlen

Nach Angaben von Mohammad Haris, einem Orthopäden am Lady-Reading-Krankenhaus in Peshawar, gibt es auch kriegsversehrte Frauen, Kinder und ältere Menschen. "Benötigt werden Rollstühle, Krücken und andere Hilfsmittel", sagte er. "Die Mehrheit der Opfer ist viel zu arm, um sich eine teure Rehabilitationsmaßnahme, wie sie in den privaten Hospitälern angeboten werden, leisten zu können."

Der 22-jährige Irfanullah hat durch einen Mörserangriff im letzten Jahr in der Agentur (Verwaltungseinheit) Nord-Waziristan beide Beine verloren. Er hofft nun, dass er durch das Rehabilitationsprogramm der Regierung Prothesen erhält. "Kann ich erst wieder laufen, werde ich einen Gemüseladen aufmachen", sagte Irfanullah. Er ist nicht der einzige Versehrte in der Familie. So wurde sein Vater im letzten Monat so schwer verletzt, dass ein Bein amputiert werden musste. "Auch er braucht eine Prothese", meinte der Sohn.

Shagufta Bibi aus Swat, einem Distrikt in Khyber Pakhtunkhwa, wäre bettlägerig, hätte sie nicht ein künstliches Bein erhalten. "Ich saß auf dem Rasen vor meinem Haus als die Taliban eine Handgranate warfen", berichtet die 38-jährige Mutter von drei Kindern.

Nach ihrem Sturz in Afghanistan 2001 durch die US-geführten NATO-Truppen waren die Taliban über die Grenze nach Pakistan geflohen, wo sie nach kurzer Zeit dazu übergingen, die Sicherheitskräfte, Marktplätze und Regierungsgebäude zu attackieren.


Hilfe aus Japan

Für das neue staatliche Rehabilitationsprogramm hat die Regierung 1,2 Millionen US-Dollar bereitgestellt. Japan wird das Projekt mit Equipment im Wert von zwei Millionen Dollar unterstützen. "Wir werden Physiotherapeuten und Orthopäden an den Distriktkrankenhäusern in Khyber Pakhtunkhwa und in den FATA einstellen", sicherte ein Beamter zu.

Regierungsvertretern zufolge ist das Programm spätestens seit dem großen Erdbeben 2005 überfällig, bei dem tausende Menschen schwere Behinderungen davontrugen.

Dem HMC soll nun eine 20-Betten-Abteilung für die Betreuung gelähmter Patienten angegliedert werden. Bisher gibt es keine staatliche Einrichtung, die Lähmungen behandelt. Erwartet wird, dass die Habib-Physiotherapie-Klinik in Peshawar, die Schlaganfallspatienten betreut, in das neue Behindertenversorgungsprogramm integriert wird. Aus Regierungskreisen heißt es, dass auch durch Polio gelähmte Kinder von der Initiative profitieren werden. (Ende/IPS/kb/2012)


Link:
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=106578

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 30. Januar 2012
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Januar 2012