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AUSLAND/1855: Guatemala - Leuchtturm für die Genforschung, Gesundheit im Fokus (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 27. Juni 2012

Guatemala: Leuchtturm für die Genforschung - Gesundheit im Fokus



Santa Lucía Milpas Altas, Guatemala, 27. Juni (IPS) - Bei besonders schwerwiegenden Krankheiten mussten Guatemalteken bisher häufig in die USA reisen - wenn sie es sich leisten konnten. Krankheiten, die den Genpool angreifen, konnten in Guatemala kaum behandelt werden. Das hat sich jetzt geändert: Ein neues Genforschungsinstitut will diese Krankheiten besser untersuchen und helfen, sie zu behandeln.

Gegründet hat das Institut der Kinderarzt Gabriel Silva. Anlass waren Fälle wie der eines Jungen, dessen Krankheit ihn so gefangen hielt, dass seine Eltern ihr gesamtes Hab und Gut verkaufen mussten, um die medizinische Behandlung zu zahlen. Zu Silva, der damals noch in einer Klinik im ländlichen Chimaltenango arbeitete, kamen sie erst spät.

"Als ich ihn sah wusste ich sofort - vor allem wegen des Geruchs, den sein Körper ausströmte -, dass es sich um eine Stoffwechselkrankheit handelte", sagt Silva. Mit Unterstützung eines deutschen Biochemikers untersuchte der Arzt den Jungen eingängig und konnte seine Vermutung bestätigen. Er verschrieb dem Jungen einfache Medikamente und eine Diät, und innerhalb kürzester Zeit waren die Krämpfe des Kindes verschwunden, und es konnte sogar Fahrrad fahren.

Silva ging in die USA, um sich in der Universität von Baylor auf dem Gebiet der Genetik zu spezialisieren. 2010 gründete er dann das Forschungsinstitut für Human-Genetik 'Invegem' mit Sitz in Santa Lucía Milpas Altas, 28 Kilometer von der Hauptstadt Guatemala-Stadt entfernt. Finanzielle Unterstützung erhielt das Institut von der privaten Rozas-Botrán-Stiftung sowie von der US-amerikanischen NGO 'Faith in Practice'.


Forscher unterschiedlicher Disziplinen

Die meisten Forscher kommen aus Guatemala und haben unterschiedliche berufliche Hintergründe. Unter ihnen sind Biologen, Chemiker und Kinderärzte. Darüber hinaus arbeiten Studenten unterschiedlicher Disziplinen der nahegelegenen Universitäten am Invegem. Sie alle wollen sich vor allem mit Genkrankheiten beschäftigen, die in Guatemala, aber auch in anderen Ländern Lateinamerikas weit verbreitet sind.

Unter anderem arbeiten die Wissenschaftler und Ärzte an zwei Projekten zur Erforschung und Bekämpfung von Leukämie. Beteiligt daran sind auch der staatliche Nationalrat für Wissenschaft und Technik und öffentliche Krankenhäuser.

"Bisher mussten sich Kinder, die an Leukämie leiden, immer wieder von neuem einer Chemotherapie unterziehen. Wenn das nicht half, wurde ihnen zu einer Knochenmarktransplantation geraten", berichtet Claudia Carranza, Molekular- und Zellular-Biologin mit einem Doktortitel der Universität von Navarra in Spanien, die mittlerweile am Invegem arbeitet.

"Wir arbeiten daran, vor Beginn der Therapie die für den Patienten richtige wählen zu können. Wir wollen, dass von Anfang an klar ist: Braucht das Kind sofort eine Transplantation oder kann stattdessen eine leichte oder aggressivere Chemotherapie angesetzt werden?"

Diese Unterscheidung sei zwar nicht neu, habe aber bisher in Guatemala selbst nicht durchgeführt werden können. Patienten mussten in die USA gehen, was sich viele Guatemalteken einfach nicht leisten konnten. "Unsere Untersuchungen sind kostengünstiger und dennoch qualitativ vergleichbar", sagt Carranza.

Der Biologin zufolge haben andere lateinamerikanische und karibische Länder bereits ihr Interesse angemeldet. Das Institut sei im Gespräch mit dem Salvadorianischen Institut für soziale Sicherheit sowie mit Einrichtungen in Honduras, Mexiko, Belize und der Dominikanischen Republik.

Weitere Krankheiten, die das Institut im Fokus hat, sind Gehörlosigkeit, die Muskeldystrophie und Humane Papillom-Viren. "Wir wollen für all diese Krankheiten Therapien entwickeln, die für die Bevölkerung hier in Guatemala und in Lateinamerika gut geeignet sind", sagt Carranza. Das bedeute, sich nicht einzig auf Studien aus anderen Ländern zu verlassen.

Einen internationalen Austausch gibt es dennoch. Das Invegem hat bereits mit verschiedenen ausländischen Einrichtungen kooperiert. Wissenschaftlichen und technologischen Austausch gibt es zum Beispiel mit der Universität von Baylor im US-amerikanischen Texas, mit der Universität von Navarra und Kinderkrankenhäusern in Zürich und München. (Ende/IPS/jt/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juni 2012