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AUSLAND/1955: Kanada fördert 102 innovative Ideen zur Verbesserung der globalen Gesundheit (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. Mai 2013

Gesundheit: Aus Fäkalien Kapital schlagen - Kanada fördert 102 innovative Ideen

von Stephen Leahy


Bild: © Aimable Twahirwa/IPS

Verunreinigter Fluss in einem Vorort der ruandischen Hauptstadt Kigali
Bild: © Aimable Twahirwa/IPS

Uxbridge, Kanada, 8. Mai (IPS) - Von 102 neuen Ideen zur Verbesserung der globalen Gesundheit könnten bereits einige wenige die Welt verändern: ein Teststreifen, den man mit der Zunge berührt, um eine tödliche Krankheit nachzuweisen, ein Mobiltelefonspiel zur Aids-Prävention oder unterirdische Tanks in Elendsvierteln, in denen ungeklärte menschliche Exkremente zu Biogas vergoren werden.

"Durchbrüche sind nicht möglich ohne eine geniale Idee und die Gelegenheit, sie auszuprobieren", sagt Peter Singer, Geschäftsführer der staatlich finanzierten Organisation 'Grand Challenges Canada', die Gesundheitsinitiativen in Kanada sowie in Ländern mit mittleren und niedrigen Einkommen finanziert. "Herausforderungen gibt es weltweit, nicht aber die Gelegenheiten, unkonventionelle Ideen weiterzuverfolgen", meint er.

Grand Challenges Canada hat kürzlich die Bereitstellung von 100.000 US-Dollar für 102 kreative neue Ideen zur Lösung von Gesundheitsproblemen in rohstoffarmen Staaten angekündigt. Die Organisation leistet nicht nur Finanzierungshilfe, sondern agiert auch oft als Mentor und führt Wissenschaftler in Kanada zusammen. "Ich war vor kurzem in Tansania. Junge Forscher hatten dort großartige Ideen, aber niemand rechnete mit der Chance, sie weiterverfolgen zu können", sagt Singer.

Obwohl die 102 Ideen in einem Begutachtungsverfahren ausgewählt werden, sind sie zunächst nicht mehr als kreative Einfälle. Keine öffentliche oder private Stelle wäre daran interessiert, sie in diesem frühen Stadium finanziell zu fördern. Singer spricht in diesem Zusammenhang von einer "wegweisenden Lücke" und hofft darauf, eine "Innovations-Pipeline" zu schaffen, durch die eines Tages die Gesundheit in Entwicklungsländern verbessert werden kann.


Mehrstufiges Finanzierungsmodell

"Vielleicht werden einige Ideen eines Tages zu handfesten Gesundheitsartikeln, die im Haushalt verwendet werden", meint er. Wenn sich irgendeine dieser Ideen als effizient erweist, können die Erfinder bei Grand Challenges Canada eine höhere Anschlussfinanzierung von bis zu einer Million Dollar beantragen. Die Regierung Kanadas sichert der Organisation etwa 10,9 Millionen Dollar für die Unterstützung von Projekten zu, die im Rahmen des Programms 'Stars in Global Health' die Behandlung von Krankheiten in Entwicklungsländern verändern könnten.

"Wir freuen uns, mit ähnlich gesinnten Partnern auf der ganzen Welt zusammenzuarbeiten, um globale Innovationen und Unternehmertum zu fördern, die den Menschen eine bessere Zukunft bringen", sagte der kanadische Außenminister John Baird.

In Uganda ist es üblich, dass menschliche Exkremente in Flüsse und Seen eingeleitet werden, wodurch große Gesundheitsprobleme entstehen. Was wäre, wenn diese und andere Abfälle in Biogas umgewandelt würden? Corinne Schuster-Wallace von dem an der Universität von Kanada angesiedelten UN-Institut für Wasser, Umwelt und Gesundheit arbeitet mit zwei kanadischen Firmen zusammen, um in großen unterirdischen Tanks menschliche Fäkalien, Fischreste und andere organische Abfälle zu Methangas vergären zu lassen.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie hat gezeigt, dass ein Sanitärsystem für 400.000 Slumbewohner in der ugandischen Hauptstadt Kampala durch die Einkünfte aus dem Verkauf von Biogas betrieben werden könnte. In Uganda wird außerdem ein Papierstreifentest für die seltenen und tödlichen Viruserkrankungen Ebola und Marburg entwickelt. Durch ihren hohen Infektionsgrad werden die Krankheiten zu großen globalen Gefahren. "In frühen Stadien sind sie schwer zu diagnostizieren", erklärt Projektleiter Misaki Wayengera von der Universität Makerere.

Ein ähnlicher Test werde zurzeit auch für Dengue-Fieber erprobt, an dem bis zu 100 Millionen Menschen in tropischen Regionen litten, sagt Ken Simiyu von Grand Challenges Canada. Früherkennung und rasche Behandlung könnten das Ergebnis erheblich beeinflussen. Mit Hilfe eines zehn Zentimeter langen Streifens mit plastiküberzogenen goldenen Nanopartikeln und einem zehn Dollar teuren Gerät könne man die Krankheit erkennen, erklärt Simiyu. Der aus Brasilien stammende Forscher Alexandre Brolo von der Universität im kanadischen Victoria hat den Streifentest entwickelt und wird ihn in seiner Heimat erproben.


Mobiltelefone übermitteln HIV-Warnungen

Eine technisch einfachere Idee ist das Spiel 'Sugar Daddy' auf Mobiltelefonen. Laut Simiyu soll das Rollenspiel Mädchen für die Gefahren einer HIV-Infektion sensibilisieren. Das von der kenianischen Medizinerin Njambi Njuguna am Kenyatta National Hospital in Nairobi geleitete Programm sieht vor, dass junge Frauen, von denen sich viele aus Unkenntnis nicht auf Aids hin testen lassen, SMS mit Informationen über die Immunschwäche erhalten. 84 Prozent aller HIV-Infizierten in Kenia wissen nicht, dass sie das Virus in sich tragen.

Handy-Botschaften könnten zudem in Echtzeit Gesundheitsdaten aus entlegenen Regionen wie dem Bezirk Achham in den Bergen nordwestlich der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu liefern. Duncan Maru von der Harvard-Universität und ein Ärzteteam haben vor, den Gesundheitsarbeitern am Ort den Umgang mit den Telefonen zu zeigen. (Ende/IPS/ck/2013)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Mai 2013