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AUSLAND/2401: Zentralafrikanische Republik - Bevölkerung ohne Basisgesundheitsversorgung (ÄoG)


Ärzte ohne Grenzen - 16. November 2016

Zentralafrikanische Republik: Situation im Land katastrophal


Weitab von der Weltöffentlichkeit ereignet sich in der Zentralafrikanischen Republik ein humanitäres Desaster. Die Weltgemeinschaft zieht aber derzeit ihre Nothilfe-Unterstützung zurück. Morgen findet in Brüssel auf Einladung der EU eine Geberkonferenz statt. Ärzte ohne Grenzen fordert eine deutliche Aufstockung der Mittel für medizinische Nothilfe. Auch im Budget des BMZ muss der Wiederaufbau des Gesundheitswesens Priorität haben.

Die Zahl der mangelernährten Kinder in den Einrichtungen von Ärzte ohne Grenzen nimmt zu.

  • Die Zentralafrikanischen Republik ist eines der Länder weltweit mit den schlechtesten Gesundheitsindikatoren, der Großteil der Bevölkerung hat nicht einmal eine Basisgesundheitsversorgung.
  • 70 Prozent der Gesundheitseinrichtungen wurden zerstört oder sind funktionsunfähig.
  • Im Januar 2017 soll sogar die kostenlose Gesundheitsversorgung für Kinder unter fünf Jahren und Schwangere abgeschafft werden, was für sie katastrophale Folgen hätte.
  • Die Sicherheitslage hat sich zuletzt wieder verschärft - täglich werden Zivilisten angegriffen, doch internationale Truppen - v.a. französische - werden zurückgezogen.
  • 18 Prozent der Bevölkerung sind nach wie vor vertrieben oder ins Ausland geflohen.
  • Ärzte ohne Grenzen hat allein im vergangenen Jahr mehr als eine Million medizinische Konsultationen abgehalten (bei einer Bevölkerung von ca. 4,4 Mio.), weil das Gesundheitswesen komplett zusammengebrochen ist.

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Christian Katzer, Leiter der Projektabteilung von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland:

"Nach drei Jahren Kämpfen und Chaos ist das Gesundheitssystem in der Zentralafrikanischen Republik ein Torso. 70 Prozent aller Kliniken und Gesundheitszentren wurden zerstört oder sind geschlossen. Deutschland und die internationale Gemeinschaft müssen dringend humanitäre Hilfe und den Wiederaufbau der medizinischen Versorgung weit umfassender unterstützen als bisher. Das Gesundheitsbudget des Landes liegt weit unterhalb der 55 Millionen Euro, die allein Ärzte ohne Grenzen dieses Jahr für Nothilfe investiert hat. Auch der deutsche Beitrag für die Gesundheitsversorgung auf der Geberkonferenz wird voraussichtlich weit darunter liegen. Unsere Mediziner haben im vergangenen Jahr bei knapp fünf Millionen Einwohnern mehr als eine Million Konsultationen vorgenommen. Aber humanitäre Organisationen können das flächendeckend zerstörte und dramatisch unterfinanzierte Gesundheitswesen nicht ersetzen. Die internationale Gemeinschaft ist hier massiv gefordert, um Menschenleben zu retten. Doch die Situation vor Ort droht sich sogar zu verschlechtern. Im Januar soll die vorübergehend eingeführte kostenlose Gesundheitsversorgung für Kleinkinder und für Schwangere wieder abgeschafft werden. Falls die Regierung und die internationale Gemeinschaft keine andere Lösung finden, können sich dann viele überhaupt keine medizinische Hilfe mehr leisten. Die internationale Gemeinschaft muss sich auch viel stärker für den Schutz von Zivilisten und eine politische Lösung des Konflikts engagieren. Deutschland könnte hier eine Rolle spielen. Derzeit werden jedoch internationale Truppen zurückgezogen, obwohl täglich Zivilisten angegriffen werden. Das Land ist weit von einer Normalisierung entfernt, auch wenn das seit den Wahlen im März immer wieder behauptet wird."

Viele unserer Projekte in der Zentralafrikanischen Republik werden aus Berlin organisiert, das Land liegt uns deshalb hier im deutschen Büro besonders am Herzen.

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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen e. V. / Medecins Sans Frontieres
Pressemitteilung vom 16. November 2016
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2016

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