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AUSLAND/2578: COVID-19 in Italien - Überraschung, Schreck, Verlauf ... 9.4.2020 (SB)



Aus einer Meldung der italienischen Nachrichten- und Presseagentur ANSA am heutigen Donnerstag geht hervor, dass die Zahl der COVID-19 Neuinfektionen deutlich zurückgeht. Laut Erklärung des Gesundheitsministers Roberto Speranza stecke jeder Infizierte durchschnittlich nur noch eine weitere Person an.

Medien berichten, dass die Regierung aufgrund der drohenden Pleiten und des zunehmenden Drucks der italienischen Arbeitgeberorganisation Confindustria nach Ostern die Einleitung von "Phase 2" der Corona-Krise plant: Unternehmen sollen "vorsichtig wieder ihre Arbeit aufnehmen" können. Anschließend sollen auch "Lockerungen für die Menschen folgen". Die "Details" hierfür würden zur Zeit erarbeitet. Öffnungen von Geschäften und Erleichterungen für die Bürger werde es aber erst ab dem 4. Mai geben.

Die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" zitiert Premierminister Giuseppe Conte mit den Worten: "Wir können nicht riskieren, dass die Kurve der Epidemie wieder ansteigt, weil wir es uns nicht leisten können, von vorne zu beginnen."

Die vollständige Umsetzung von "Phase 2" könne daher wohl erst nach den Brückentagen um den 1. Mai erfolgen. In diesem Zusammenhang sollen zu den Lockerungen laut Berichten neue Schutzregelungen, wie beispielsweise strikte Schichtregeln für Fabriken und Büros sowie eine Maskenpflicht, erlassen werden.

Zur Haltung der EU erklärte Premier Conte, wenn sich Europa dieser Herausforderung nicht mit Finanzinstrumenten wie den Eurobonds stelle, werde Italien gezwungen sein, eigenständig auf den Notfall zu reagieren und mit eigenen Mitteln neu zu starten. Nationale Reaktionen könnten jedoch weniger effektiv sein als koordinierte europäische Maßnahmen und den europäischen Traum gefährden.

Es sei "im beiderseitigen Interesse, dass Europa Erfolg habe und es der Herausforderung gewachsen ist, sonst müssen wir den europäischen Traum unbedingt aufgeben und sagen, dass jeder für sich allein steht. Aber wir werden dreifache, vierfache, fünffache Ressourcen verwenden, um aus dieser Krise herauszukommen und wir werden keine Garantie dafür haben, dass wir es auf die beste, effektivste und aktuellste Weise schaffen werden".

In einem aktuellen schriftlichen Interview der Deutschen Presse-Agentur äußert der italienische Außenminister Luigi Di Maio [1]:

Die Zukunft Europas selbst steht auf dem Spiel, wirtschaftlich wird es mit den Weltgiganten konkurrieren müssen. Wir müssen daran arbeiten, die EU zu stärken, nicht sie zu spalten, und ich bin sicher, das wollen auch die Deutschen.

Jetzt müsse ein Abkommen gefunden werden, das die Zukunft der Union schützt.

Und die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) Christine Lagarde schreibt mit Blick auf die besorgniserregenden Anzeichen auf dem Arbeitsmarkt des Euroraum in Ihrem heutigen Gastbeitrag im General-Anzeiger Bonn [2]:

Die Gefahren für die Beschäftigung sind so groß wie seit den 1930er Jahren nicht mehr. So waren beispielsweise 2009 in den Vereinigten Staaten in der Spitze in einer Woche bis zu 665.000 neue Anträge auf Arbeitslosenunterstützung zu verzeichnen. In den letzten beiden Wochen ist diese Zahl zunächst auf 3,3 Millionen und dann auf 6,6 Millionen gestiegen. Die Arbeitslosenzahlen in Europa verändern sich in der Regel schleppender und schwanken weniger stark, doch es sind bereits besorgniserregende Anzeichen erkennbar: Der Einkaufsmanagerindex verzeichnete im März einen Rekordrückgang bei der Beschäftigung.

und fordert im Weiteren:

Die Staaten müssen einander unterstützen, damit sie alle zusammen die bestmöglichen Gegenmaßnahmen gegen einen allgemeinen Schock ergreifen können, für den keiner verantwortlich ist.
Produktionskapazität und Beschäftigung lassen sich am besten schützen, indem eine umfassende Koordinierung finanz- und geldpolitischer Maßnahmen sowie gleiche Bedingungen im Kampf gegen das Virus gewährleistet werden. Wenn nicht alle Länder wieder vollständig genesen, werden die anderen darunter leiden. Solidarität ist also im Grunde genommen Eigeninteresse.

2020 müsse laut ANSA mit einem Absinken des BIP um 2 Prozent gerechnet werden und eine Erholung sei erst 2021 zu erwarten.


Fußnoten:

[1] Redaktionsnetzwerk Deutschland - Meldung vom 9.4.2020, 16:25 Uhr
https://www.rnd.de/panorama/corona-aktuell-09042020-deutschland-braucht-laut-bund-mehrere-milliarden-atemschutzmasken-22XUBHGHXZB6RJ7XPLDBNSXLQI.html

[2] Lagarde: "Staaten müssen einander stützen", General-Anzeiger Bonn - 9.4.2020
https://www.general-anzeiger-bonn.de/news/politik/ausland/christine-lagarde-zur-coronakrise-staaten-muessen-einander-stuetzen_aid-49986151

9. April 2020


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