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KASSEN/829: Kurznachrichten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 07.09.2011 (KBV)


KBV-Kompakt Nr. 36 - Kurznachrichten aus der KBV vom 7. September 2011


→  KBV und KVen kritisieren Aussagen des Vorsitzenden des AOK-Bundesverbandes
→  Köhler und KVen lehnen Strafzahlungen für Ärzte ab
→  KV Hamburg warnt vor einer schlechteren Versorgung der Bevölkerung
→  Finanzielle Anreize für Niederlassung in Sachsen
→  Berlin - Höchste Masernrate seit über zehn Jahren
→  Arztverbände weisen Verantwortung für angeblich lange Wartezeiten von sich
→  Bundesärztekammer gibt novellierte Berufsordnung heraus
→  Neue Initiative zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit

Raute

___Kompakt - Aus KBV und KVen___

KBV und KVen kritisieren Aussagen des Vorsitzenden des AOK-Bundesverbandes

Die KBV und mehrere Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) haben den Vorwurf des AOK-Bundesverbandes, die niedergelassenen Ärzte würden zu wenig arbeiten, entschieden zurückgewiesen. "Seit Jahren erbringen die rund 137.000 niedergelassenen Ärzte wesentlich mehr Leistungen als sie bezahlt bekommen. Jetzt zu behaupten, die Ärzte arbeiteten zu wenig, ist eine Unverschämtheit", betont der KBV-Vorstandsvorsitzende, Dr. Andreas Köhler.

Mit seinen Äußerungen missachte der designierte Vorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Jürgen Graalmann, den Einsatz und das Engagement der Vertragsärzte, die trotz Unterfinanzierung für ihre Patienten da seien - im Notfall auch am Wochenende und nachts.

Köhler fordert Graalmann auf, seine Äußerungen umgehend richtig zu stellen und sich bei der Ärzteschaft zu entschuldigen. Auch die KVen Bayerns, Hessen, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hamburg kritisierten die Aussagen der AOK.

(Pressemitteilung der KBV, 2. September)


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Köhler und KVen lehnen Strafzahlungen für Ärzte ab

Steigender Versorgungsbedarf erfordere konstruktive Maßnahmen statt Sanktionen, erklärt der KBV-Vorstandsvorsitzende, Dr. Andreas Köhler. Damit reagierte er auf die jüngsten Vorschläge des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zur Vermeidung langer Wartezeiten bei Fachärzten. Danach sollen Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) und Krankenkassen auf Landesebene Maßnahmen festlegen, die eine "angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung einer fachärztlichen Versorgung" umfassen. Dies bezeichnete Köhler als "konstruktiven Ansatz". Damit seien endlich auch die Krankenkassen in der Pflicht, entsprechende Anreize zu setzen.

Zuvor berichteten Medien, das BMG plane, Ärzte bei zu langen Wartezeiten finanziell zu sanktionieren. Dies kritisierten unter anderem die KVen Schleswig-Holstein, Westfalen-Lippe, Bayerns, Hessen, Hamburg, Brandenburg, Nordrhein, Rheinland-Pfalz sowie Baden-Württemberg. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) wies die Berichterstattung inzwischen als falsch zurück und erklärte, dass er nie Strafaktionen gegen Mediziner habe einführen wollen.

(Pressemitteilung der KBV, 5. September; Ärzte Zeitung, 5. September)


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KV Hamburg warnt vor einer schlechteren Versorgung der Bevölkerung

"Fatale Folgen" für die medizinische ambulante Versorgung der Bürger prognostiziert die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Hamburg, falls das Versorgungsstrukturgesetz wie geplant in Kraft treten werde. Die Politik habe ihr Versprechen, die Verantwortung wieder auf die regionale Ebene zu geben, nicht gehalten. Stattdessen solle jetzt die hamburgische Versorgung nach zentralistischen Vorgaben organisiert werden. Außerdem kritisierte die KV, dass trotz wachsender Bevölkerung in Hamburg die Kalkulationsgrundlage auf dem Niveau von 2010 eingefroren werde. Die Folgen: längere Wartezeiten, Wartelisten für ambulante Operationen und eine schlechtere Versorgung in den sozialen Brennpunkten der Stadt. "Dies betrifft im Übrigen Hausärzte wie Fachärzte. Die geplanten Verschlechterungen machen vor keinem Bereich halt", mahnte Dr. Dirk Heinrich, Vorsitzender der Fachärzte in Hamburg.

(Pressemitteilung der KV Hamburg, 2. September)


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Finanzielle Anreize für Niederlassung in Sachsen

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Sachsen und die sächsischen Krankenkassen haben ein umfangreiches Förderpaket für Haus- und Fachärzte beschlossen, die sich in bestimmten Regionen des Landes niederlassen. Hausärzte können bei einer Niederlassung in den Planungsbereichen Mittlerer Erzgebirgskreis und Torgau-Oschatz einen Antrag auf finanzielle Unterstützung stellen. Außerdem stehen Gelder bereit für Augenärzte im Mittleren Erzgebirge, HNO-Ärzte in Annaberg sowie Nervenärzte in Stollberg. Bei einer Praxisneugründung oder Übernahme einer bestehenden Praxis ist ein Investitionszuschuss von 60.000 Euro möglich. Zusätzlich wird den Ärzten für maximal drei Jahre ein Mindestumsatz gewährt. Die Gründung einer Zweigpraxis kann mit bis zu 6.000 Euro gefördert werden. Weitere Maßnahmen für Gebiete in Sachsen mit zusätzlichem lokalem Versorgungsbedarf sind in Vorbereitung.

(Pressemitteilung der KV Sachsen, 2. September)


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Berlin - Höchste Masernrate seit über zehn Jahren

Aufgrund eines enormen Anstiegs von Maserninfektionen raten die Kassenärztliche Vereinigung (KV) und die Ärztekammer Berlin sowie die Senatsverwaltung für Gesundheit der Bevölkerung, sich gegen Masern impfen zu lassen. Mit 130 Fällen allein im ersten Halbjahr 2011 wurde die höchste Zahl an Masernerkrankungen seit Einführung der Meldepflicht im Jahr 2001 gezählt. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2010 waren es nur 92 Fälle. Außergewöhnlich hoch waren die Fallzahlen vor allem bei Kleinkindern bis zu einem Jahr sowie bei Personen ab einem Alter von 15 Jahren bis ins Erwachsenenalter. Für Beratungen zur Masernimpfung stehen neben den niedergelassenen Ärzten auch die Berliner Gesundheitsämter und die Kinder- und Jugendlichendienste der Bezirke zu Verfügung. Die KBV setzt sich im Rahmen ihrer Präventionsinitiative für das Impfen ein und hat eine Wartezimmerinformation zur Masernimpfung erstellt.

(Gemeinsame Pressemitteilung der KV Berlin, der Ärztekammer Berlin und der Senatsverwaltung für Gesundheit, 1. September)

Raute

___Kompakt - Aus den Verbänden___

Arztverbände weisen Verantwortung für angeblich lange Wartezeiten von sich

Auf großen Widerstand ist der Vorwurf der AOK gestoßen, Haus- und insbesondere Fachärzte arbeiteten zu wenig und verursachten dadurch lange Wartezeiten in Praxen. "Ärztemangel, eine völlig veraltete Bedarfsplanung und die steigende Morbidität in der Bevölkerung sind die Gründe für volle Wartezimmer und nicht etwa zu geringe Arbeitszeiten der Ärzte", sagte der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Dr. Frank Ulrich Montgomery. Wer Ärzte mit "Uraltvorwürfen" aus der gesundheitspolitischen "Mottenkiste diffamiere", müsse sich nicht wundern, wenn immer weniger junge Mediziner bereit seien, in Deutschland als Arzt zu arbeiten. Dr. Heribert Brück, Pressesprecher des Bundesverbandes Niedergelassener Kardiologen (BNK), betonte: "Alle Patienten, die nach Einschätzung des Hausarztes kurzfristig einen Termin benötigen, erhalten diesen auch - unabhängig von ihrem Versichertenstatus."

Kritik für bekannt gewordene, aber inzwischen dementierte Pläne, Patienten bei zu langen Wartezeiten in Arztpraxen stationär behandeln zu lassen, erntete auch Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP). "Eine ambulante Behandlung in Krankenhäusern verteuert die Behandlung. Außerdem fehlen in den Kliniken die Kapazitäten dafür", sagte der Bundesvorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, Dr. Dirk Heinrich. Der Vorsitzende des Hartmannbunds, Prof. Kuno Winn, warnte davor, dass Strafmaßnahmen für angeblich zu lange Wartezeiten auf die eine oder andere Weise doch noch Eingang in das Versorgungsstrukturgesetz finden könnten.

(Pressemitteilung der BÄK, 2. September; BNK, 5. September; NAV-Virchow-Bund, 5. September; Hartmannbund, 6. September)


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Bundesärztekammer gibt novellierte Berufsordnung heraus

Die Bundesärztekammer (BÄK) hat die Muster-Berufsordnung für Ärzte novelliert. Einen entsprechenden Auftrag hatte ihr der 114. Deutsche Ärztetag im Mai in Kiel erteilt. In der neuen Berufsordnung wird klar gestellt, dass Mediziner keine Hilfe zur Selbsttötung leisten dürfen. In der bislang geltenden Fassung war ein ausdrückliches Verbot der ärztlichen Suizidbegleitung nicht enthalten. Die neue Formulierung nimmt Bezug auf Würde und Willen des Patienten und verdeutlicht gleichzeitig, wo die Grenze ärztlichen Handelns verläuft. Die Novelle enthält zudem eine neue Definition der Berufsausübungsgemeinschaft, die sich an Hinweisen und Erläuterungen der Bundesärztekammer (BÄK) zur Niederlassung und beruflicher Kooperation orientiert. Weitere Änderungen betreffen unter anderem Patientenrechte, die berufliche Kooperation der verschiedenen Arztgruppen und die Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit bei der Zusammenarbeit mit Dritten. Die Muster-Berufsordnung ist eine Empfehlung an die Landesärztekammern, die dazu beiträgt, die Berufsordnungen in den einzelnen Ländern möglichst einheitlich zu gestalten.

(Pressemitteilung der BÄK, 2. September)


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Neue Initiative zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit

Zur Identifizierung gefälschter Arzneimittel haben Pharmaunternehmen, -großhändler und Apotheker die Initiative securPharm gegründet. Ziel ist es, Verpackungen rezeptpflichtiger Medikamente nicht wie bisher mit einem Strichcode, sondern mit einem sogenannten Data-Matrix-Code und einer individuellen Seriennummer zu versehen. Damit sollen sich Arzneimittel vor der Abgabe in der Apotheke elektronisch beim Hersteller auf ihre Richtigkeit überprüfen lassen. Eine unbekannte oder zuvor von einer Apotheke abgegebene Packungsnummer löse Alarm aus, erklärte der designierte Geschäftsführer von securPharm, Dr. Reinhard Hoferichter. Mit dem Projekt reagieren die Verbände auf eine im Juli 2011 veröffentlichte Richtlinie der Europäischen Union zur Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen. Demnach sollen europaweit Arzneimittel mit Sicherheitsmerkmalen versehen werden, die die Identifizierung der einzelnen Verpackung in der legalen Vertriebskette sicherstellen. 2013 will securPharm das neue System in einem Pilotversuch testen. Daran beteiligen sich die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller, der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie, der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels, Pro Generika sowie der Verband Forschender Arzneimittelhersteller.

(Pressemitteilung der ABDA, 1. September)


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Quelle:
Newsletter KBV-Kompakt Nr. 36 vom 7. September 2011
Herausgeber: Kassenärztliche Bundesvereinigung
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Redaktion: Dezernat Kommunikation der KBV
Telefon: 030 / 4005 - 2203, Fax: 030 / 4005 - 27 2203
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. September 2011