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MELDUNG/373: Gesetzliche Krankenversicherung - Gesundheit ist keine Ware (SoVD)


Sozialverband Deutschland - 26. Juni 2012

Gesundheit ist keine Ware

Sozialverband Deutschland (SoVD) und Volkssolidarität gegen Ausweitung des Kartellrechts auf die Gesetzliche Krankenversicherung



Der Sozialverband Deutschland (SoVD) und die Volkssolidarität wenden sich entschieden gegen das Vorhaben der Bundesregierung, die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) durch eine Änderung des Wettbewerbsrechts verstärkt dem Kartellrecht zu unterwerfen.

Zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf für ein 8. Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen erklären die Präsidenten des SoVD, Adolf Bauer, und der Volkssolidarität, Prof. Gunnar Winkler:

Wir fordern, die entsprechenden Artikel im Gesetzentwurf ersatzlos zu streichen. Sollten tatsächlich neue Regelungen für die Akteure im Gesundheitsbereich notwendig sein, so muss das im Bereich des Sozialversicherungsrechts geschehen. Ansonsten wird der gesetzliche Versorgungsauftrag der GKV gefährdet. Dies hätte für die Versicherten, für Patientinnen und Patienten über kurz oder lang erhebliche Nachteile. Ihre Interessen dürfen nicht unter die Räder des Kartellrechts geraten.

Das Vorhaben der Regierungskoalition werten wir als Versuch, die gesetzlichen Krankenkassen durch die Hintertür in die Nähe gewinnorientierter Wirtschaftsunternehmen zu rücken, wie sie für die private Krankenversicherung charakteristisch sind.

Tragende Strukturprinzipien der GKV wie Solidarität, Sachleistung und Selbstverwaltung dürfen nicht über das Kartellrecht ausgehebelt werden. Die GKV kann eben nicht primär wettbewerblich ausgerichtet sein, weil Gesundheit keine gewöhnliche Ware ist und auch nicht zu einer solchen gemacht werden darf. In der GKV kann es nur einen Wettbewerb um die beste Versorgungsqualität für Patientinnen und Patienten geben. Die notwendigen medizinischen Leistungen bedarfsgerecht und in hoher Qualität für alle Versicherten, einschließlich für Ältere, chronisch Kranke und Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten, muss oberste Priorität von Gesundheitspolitik bleiben.

Die vorgesehene Ausdehnung des Kartellrechts auf die GKV führt dazu, wichtige und bewährte Arbeitsweisen im sozialversicherungsrechtlichen Gesundheitsbereich sachfremden Regelungsmechanismen zu unterwerfen. In der Praxis würde dies die Umsetzung des gesundheitlichen Versorgungsauftrags durch die GKV behindern, so z. B. bei freiwilligen Kooperationen von Krankenkassen.

Wir warnen vor der Gefahr, dass europäisches Wettbewerbsrecht auch für die Beziehungen der Akteure in der GKV anwendbar wird. Als Folge ist zu befürchten, dass sozialrechtlicher Handlungsspielraum verloren geht bzw. an die EU-Kommission abzutreten ist. Würde EU-Recht greifen, so könnten auch Steuern für Leistung und Leistungserbringer zu Lasten der Beitragzahler anfallen.

Wir sind besorgt, dass die Tragweite der geplanten Novellierung des Wettbewerbsrechts für die gesundheitliche Versorgung im Bundestag unterschätzt wird.

Ein Anzeichen dafür ist, dass die Tagesordnung für die Anhörung zum Gesetzentwurf im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie eine Behandlung der die GKV betreffenden Regelungen nicht vorsieht. Weder die gesetzlichen Krankenkassen noch Sozial- und Wohlfahrtsverbände sind zu diesem Themenkomplex als Sachverständige eingeladen.

Wir fordern angesichts der gravierenden sozialpolitischen Auswirkungen der Ausweitung des Kartellrechts auf die GKV eine adäquate Beteiligung der betroffenen Menschen und der Interessenverbände.

Hinweis:
SoVD und Volkssolidarität haben sich mit Stellungnahmen bzw. Schreiben an die Bundestagsausschüsse für Wirtschaft und Technologie und für Gesundheit gewandt.
Siehe dazu unter
www.sovd.de
www.volkssolidaritaet.de

V.i.S.d.P.: Tilo Gräser, Benedikt Dederichs

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Quelle:
Pressemitteilung Nr.: 30 / 2012, 26. Juni 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2012