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RECHT/619: Behandlung in türkischer Privatklinik - Krankenkasse muss nicht die vollen Kosten erstatten (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 30. November 2017

Rubrik: Ratgeber/Service/Recht/Sozialrecht

Behandlung in türkischer Privatklinik - Krankenkasse muss nicht die vollen Kosten erstatten


Darmstadt/Berlin (DAV). Bei einer Erkrankung während des Urlaubs in der Türkei muss die Krankenkasse die Kosten einer Behandlung in einem staatlichen Krankenhaus erstatten. Nicht jedoch höhere Kosten für eine ärztliche Behandlung in einer türkischen Privatklinik. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts vom 19. Oktober 2017 (AZ: L 8 KR 395/16), wie die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Während des Urlaubs in der Türkei erkrankte das 12-jährige Mädchen an einer Magen-Darm-Entzündung und war infolgedessen dehydriert. Der Hotelarzt ließ das Mädchen mit einem Notarztwagen in die 2,7 Kilometer entfernte Privatklinik bringen. Dort behandelten die Ärzte sie im Wesentlichen mit Infusionen und entließen sie nach zwei Tagen wieder. Für die stationäre Behandlung stellte die Privatklinik umgerechnet knapp 2.300 Euro in Rechnung. Die Mutter des Mädchens beantragte bei der gesetzlichen Krankenkasse die Erstattung der Behandlungskosten. Sie berief sich auf den vor dem Urlaub ausgestellten Auslandskrankenschein. Die gesetzliche Krankenkasse holte eine Auskunft der nach dem deutsch-türkischen Sozialversicherungsabkommen zuständigen Verbindungsstelle ein. Diese teilte mit, dass lediglich Kosten von umgerechnet rund 370 Euro entstanden wären, wenn die Krankenhausbehandlung in einem staatlichen Krankenhaus durchgeführt worden wäre. Die Mutter klagte den darüber hinausgehenden Betrag ein.

Jedoch ohne Erfolg. Grundsätzlich sind Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland zu erbringen, so das Gericht. Der Leistungsanspruch ruhe, solange Versicherte sich im Ausland aufhielten und gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt sei. Ein genereller Anspruch könne aber durch ein entsprechendes Sozialversicherungsabkommen entstehen. Ein solches bestehe mit der Türkei. Danach stünden Versicherten medizinische Leistungen zu, soweit sie diese während eines vorübergehenden Aufenthaltes in der Türkei wegen ihres Gesundheitszustandes sofort benötigten.

Grundsätzlich müsse in diesem Fall die gesetzliche Krankenkasse für die Kosten einstehen. Jedoch sei der Anspruch auf die nach dem türkischen Krankenversicherungssystem zustehenden Leistungen beschränkt. Daher habe die Krankenkasse nur Kosten von 370 Euro zu erstatten. Dieser Betrag wäre für eine Behandlung in dem zwölf Kilometer entfernten und mit einer Fahrzeit von 16 Minuten erreichbaren staatlichen Krankenhaus angefallen. Es sei nicht ersichtlich, dass das Mädchen aus gesundheitlichen Gründen in der 2,7 Kilometer entfernten und in fünf Minuten Fahrtzeit erreichbaren Privatklinik habe behandelt werden müssen. Im Übrigen sei das Kind bereits im Notarztwagen ärztlich betreut worden.

Informationen: www.dav-sozialrecht.de

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Quelle:
Pressemitteilung SozR 03/17 vom 30. November 2017
Deutscher Anwaltverein (DAV)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2017

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