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STUDIE/041: Personalmangel im Klinik-Nachtdienst - mindestens 19.500 Vollzeitstellen zu wenig (ver.di)


ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - Presseinformation vom 9. Februar 2017

Personalmangel im Klinik-Nachtdienst: mindestens 19.500 Vollzeitstellen zu wenig

Internationale Standards müssen auch in Deutschland gelten - gesetzliche Personalbemessung überfällig


Würde man internationale Maßstäbe anlegen, fehlen in deutschen Kliniken Nacht für Nacht mindestens 19.500 Vollzeitstellen, um eine angemessene und sichere Versorgung der Patienten zu gewährleisten. Das ergibt eine Hochrechnung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) auf Basis einer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie von Prof. Dr. Michael Simon und Sandra Mehmecke über Personalschlüssel ("Nurse-to-Patient-Ratios").

In ihrer Arbeit kommen die Autoren zum Ergebnis, dass gesetzliche Mindeststandards für Personalschlüssel international nicht nur verbreitet seien, sondern auch Überlastung bei den Beschäftigten und Qualitätsmängel in der Krankenpflege reduzieren helfen. In den USA beträgt zum Beispiel das Patient-Pflegekraft-Verhältnis 5,3:1, in den Niederlanden 7:1 - in Deutschland, wo es so gut wie keine gesetzlichen Vorgaben gibt, beträgt das Verhältnis 13:1.

Im "Nachtdienst-Check" von 2015 hatte ver.di auf Grundlage einer selbst erhobenen Stichprobe ermittelt, dass in einer Nacht rund 17.000 Pflegekräfte bundesweit ca. 324.000 Patienten zu versorgen hatten. 64 Prozent der Pflegekräfte arbeiteten allein und mussten dabei durchschnittlich 26 Patient/innen versorgen. Auf jeder sechsten Station waren es sogar mehr als 30. Auch der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung hat dies bei Anhörungen im Deutschen Bundestag mehrfach kritisiert.

Wie groß die Personallücke im internationalen Vergleich ausfällt, macht eine aktuelle ver.di-Berechnung deutlich: Würde man die Personalbemessungsregeln anwenden, die im australischen Bundesstaat Victoria gelten, wären für die fachgerechte Versorgung der Patienten im Nachtdienst 36.500 Pflegekräfte erforderlich - mehr als das Doppelte der heutigen Personalausstattung. Die Bundesregierung dürfe die Auswirkungen des Personalmangels auf Patienten und Beschäftigte nicht länger ignorieren. "Der internationale Vergleich zeigt den dringenden Handlungsbedarf. Darauf zu setzen, dass Markt und Wettbewerb es irgendwann schon richten werden, ist angesichts der Lage nicht mehr vertretbar", betonte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. "Die gesetzliche Personalbemessung in Kliniken muss kommen."

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Quelle:
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Presseinformation vom 9. Februar 2017
Jan Jurczyk - ver.di-Bundesvorstand
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Telefon: 030/6956-1011 und -1012, Fax: 030/6956-3001
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Februar 2017

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