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AUSLAND/1493: EU-Flüchtlingspolitik gefährdet Menschenleben (Ärzte ohne Grenzen)


Ärzte ohne Grenzen - Dienstag, 20. Oktober 2009

EU-Flüchtlingspolitik gefährdet Menschenleben

Ärzte ohne Grenzen fordert menschenwürdige Politik


Berlin, 20. Oktober 2009. Ärzte ohne Grenzen hat in Berlin die neue Bundesregierung aufgefordert, sich für die menschenwürdige Behandlung von Migranten und Flüchtlingen einzusetzen. Mitglieder der Organisation sind durch die Spree geschwommen und haben diese Botschaft mit einer großen Flaschenpost zu den Politikern gebracht. Die Menschen setzen immer wieder ihr Leben aufs Spiel, um auf der Suche nach Zuflucht, Schutz und besseren Lebensbedingungen nach Europa zu gelangen. "Wir fordern mit dieser Aktion, dass bei der Aufnahme der Migranten und Flüchtlinge Mindeststandards eingehalten werden, so wie sie in der europäischen Gesetzgebung und im internationalen Recht festgelegt sind", sagte Frank Dörner, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland.

Die Mitarbeiter in den Projekten auf Malta, in Italien und Griechenland sehen seit vielen Jahren, dass die Menschen bei ihrer Ankunft immer dringender medizinische Hilfe benötigen, da sie aufgrund der harten Fahrt über das Mittelmeer oft in lebensbedrohlichem Zustand in Europa ankommen. Restriktivere Einwanderungsbestimmungen und verstärkte Grenzkontrollen halten die Menschen nicht davon ab, vor Krieg, Gewalt, Hunger und extremer Not in ihrer Heimat zu fliehen. "Die gefährliche Reise zu wagen, ist ihre einzige Chance. Dafür gehen sie immer größere Risiken ein. Sie sitzen in völlig überfüllten Booten, müssen Umwege fahren und Wasser und Nahrung reichen meist nur die ersten Tage", sagte Dörner.

Die Migranten und Flüchtlinge sind nach den Erlebnissen oft traumatisiert. Viele haben Familienmitglieder auf der Flucht verloren, sind unterwegs in Haft misshandelt worden und haben ihr Leben auf der Fahrt über das Mittelmeer riskiert. "Eine medizinische und psychologische Betreuung bei ihrer Ankunft ist unerlässlich", betonte Dörner.

Nach ihrer Ankunft in Europa werden die Neuankömmlinge in Auffanglager gebracht. Es kann sein, dass sie dort bis zu 18 Monate festgehalten werden. Dort leben sie oft unter prekären Bedingungen, haben keinen oder nur begrenzten Zugang zu medizinischer Versorgung und eine ungewisse Zukunft. "Ärzte ohne Grenzen verurteilt, dass schutzlose Menschen systematisch in Lagern gefangen gehalten werden und fordert die neue deutsche Bundesregierung auf, sich für die menschenwürdige Behandlung der Migranten und Flüchtlinge einzusetzen", so Dörner.

Am Spreeufer stehen Holzfiguren, stellvertretend für die Migranten und Flüchtlinge an Europas Mittelmeerküsten, und erzählen ihre Geschichten. Eine Ausstellung mit Fotos und gemalten Bildern, die Patienten in einer Therapiesitzung mit Ärzte ohne Grenzen auf Malta erstellt haben, zeigen die dramatische Situation der Migranten und Flüchtlinge auf Malta.

Seit dem Jahr 2000 leistet Ärzte ohne Grenzen medizinische Nothilfe für Migranten und Flüchtlinge, die die europäischen Küsten mit Booten erreichen. Die Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen versorgen die Ankommenden auf Malta, in Italien und Griechenland medizinisch und bieten ihnen psychologische Unterstützung an.


Fotos und Interviews finden Sie auf www.aerzte-ohne-grenzen.de unter der Rubrik Pressemitteilungen.


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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen
Pressemitteilung vom 20.10.2009
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Pressestelle: Tel.: 030/22 33 77 00
E-Mail: office@berlin.msf.org
Internet: www.aerzte-ohne-grenzen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Oktober 2009