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AUSLAND/1563: Simbabwe - Gesundheitsdienst wird für viele unbezahlbar (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. Juli 2010

Simbabwe: Junge Mütter in der Kostenfalle - Gesundheitsdienst wird für viele unbezahlbar

Von Ignatius Banda


Bulawayo, Simbabwe, 28. Juli (IPS) - Simbabwes wirtschaftlich marodes Gesundheitssystem stellt seine Dienste so teuer in Rechnung, dass sie für viele Schwangere und junge Mütter mit ihren Säuglingen unbezahlbar sind. Die Regierungspolitik propagiert zwar die kostenlose Behandlung von Kleinkindern sowie werdender und junger Mütter, doch die Gesundheitseinrichtungen müssen ihre Kosten selbst decken.

Das kommt Betroffenen wie der jungen Mutter Thandeka Mbewe teuer zu stehen. Die 25-Jährige lebt in Bulawayo, der mit 1,5 Millionen Einwohnern zweitgrößten Stadt des Landes im südlichen Afrika. Sie hatte vor einem Monat in einer Klinik entbunden und konnte die Krankenhausrechnung bislang jedoch nur zum Teil bezahlen. Schon vor der Geburt hatte das Geld der jungen Frau weder für die Aufnahmegebühren im Krankenhaus noch für einen Krankenwagen gereicht, der sie vor der Geburt in die Klinik hätte bringen sollen.

"Ich habe einiges durchgemacht, um dieses Baby zu bekommen", klagte Mbewe. "Ich werde es mir sehr überlegen, ob ich noch ein weiteres Kind haben möchte." Sie berichtete IPS, die Pflegerinnen im Krankenhaus hätten sich wegen der unbeglichenen Rechnung geweigert, die obligatorische Untersuchung ihres Säuglings durchzuführen.


50 US-Dollar für die Anmeldung im Krankenhaus

Andernorts setzen Krankenhäuser zahlungsunfähige junge Mütter unter Druck, indem sie ihnen die für eine Geburtsurkunde notwendigen Unterlagen vorenthalten. "Das muss man sich einmal vorstellen: Wenn wir nicht zahlen können, werden unsere Kinder keine richtigen Staatsbürger", empörte sich Mbewe.

Bei der Anmeldung zur Geburt in einer Klinik oder in einem staatlichen Krankenhaus sind umgerechnet 50 US-Dollar fällig. Diese Summe ist für viele Simbabwer unerschwinglich. Sie entspricht etwa einem Drittel des Monatslohns, den ein kleiner Angestellter im öffentlichen Dienst erhält.

Es kommt vor, dass verzweifelte Mütter ihr Neugeborenes heimlich aus dem Krankenhaus schmuggeln, weil sie ihre Rechnung schuldig bleiben.

Bei einer Zwischenbilanz des für 2015 angestrebten Millenniumsziels einer besseren Gesundheit für Mütter und Kinder hatte Simbabwes für Gesundheit und Kinderfürsorge zuständiges Ministerium 2009 festgestellt, dass die Säuglingssterblichkeit im Land zwischen 1999 und 2006 von 65 auf 60 Todesfälle pro 1.000 Lebendgeborene zurückgegangen war. Ein bescheidener Erfolg angesichts des von der Regierung gesteckten Ziels, die Zahl der Todesfälle pro 1.000 Geburten auf 22 zu senken.

Mitarbeiter des Gesundheitsdienstes warnen, es werde kaum einen Fortschritt geben, wenn man weiterhin darauf bestehe, von Müttern die vollständige Begleichung ihrer Krankenhausrechnung zu verlangen, bevor deren Neugeborene die erforderlichen Nachuntersuchungen erhalten.

"Ich fürchte, wenn ich meine Rechnung bezahlt habe und mein Kind zur Nachsorge in die Klink bringe, wird man mich fragen, warum ich meinen Jungen erst jetzt untersuchen lasse", meinte Mbewe.


Hebammen warnen

Simbabwes Hebammen sind angesichts der schlechten prä- und postnatalen Versorgung von Mutter und Kind äußerst besorgt. Sie wollen die Regierung in Harare dazu bringen, alle Gebühren für Geburt und Nachsorge abzuschaffen.

"Viele Mütter klagen, wir verweigerten ihnen ihr Recht auf Gesundheitsfürsorge für ihre Neugeborenen. Wir müssen uns aber an die Vorschriften des Gemeinderats halten und auf Bezahlung bestehen" berichtete Ntandokayise Ndebele, Hebamme in einer städtischen Klinik.

Unterdessen floriert in Simbabwe das Geschäft mit echten und vermeintlichen Heilkräutern. "Wenn Müttern die Hilfe des öffentlichen Gesundheitsdienstes versagt bleibt, wenden sie sich an 'weise' Frauen, die behaupten, sich mit Heilkräutern und kranken Kindern auszukennen. Diese Behandlung kann für Säuglinge tödlich ausgehen", warnte Hilda Noko. Die Oberschwester ist Mitarbeiterin der Stadtverwaltung.

Auf Bulawayos geschäftigen Kräutermärkten am Busbahnhof von Renkini und im dicht besiedelten ältesten Township Makokoba empfehlen sich zahlreiche Verkäufer als 'amtlich beglaubigte' Kräuterexperten. Sie versichern den Kunden, ihre Kräuter seien Heil- oder zumindest Stärkungsmittel für Kleinkinder.

Auch wenn die Staats- und Regierungschefs der Afrikanischen Union (AU) kürzlich auf ihrer Gipfelkonferenz in Ugandas Hauptstadt Kampala die Notwendigkeit einer verbesserten Gesundheitsversorgung für Mütter und Kinder betont haben, ist Simbabwe nicht das einzige afrikanische Land, in dem staatliche Krankenhäuser Gebühren für ihre Dienste verlangen. Einige Regierungen wie etwa Sierra Leone haben in ihren Ländern mit Hilfe internationaler Geber die kostenlose Behandlung von Schwangeren, jungen Müttern und Kindern unter fünf Jahren eingeführt. Jetzt suchen sie nach Möglichkeiten, auch die dabei anfallenden Gebühren abzuschaffen. (Ende/IPS/mp/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juli 2010