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ARTIKEL/1075: Klinikvertreter wehren sich gegen weitere Nullrunden (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 10/2009

11. Schleswig-Holsteinische Gesundheitstage
Klinikvertreter wehren sich gegen weitere Nullrunden

Von Dirk Schnack


Ohne Erlössteigerungen sehen Krankenhäuser keinen Spielraum, um steigende Kosten und Tarifanpassungen aufzufangen.

Klinikvertreter sorgen sich um die wirtschaftliche Situation ihrer Häuser im kommenden Jahr. Auf den 11. Schleswig-Holsteinischen Gesundheitstagen am 24. und 25. September in Lübeck machten sie unter dem Motto "Stopp 2010" auf eine bedrohliche Entwicklung aufmerksam.

Der Landesvorsitzende des Verbandes der Krankenhausdirektoren (VKD) Hans-Martin Kuhlmann befürchtet, dass die Kliniken sich im kommenden Jahr auf eine Nullrunde einstellen müssen. Dies wäre aber für viele Häuser in Schleswig-Holstein schwer verkraftbar. Denn laut Kuhlmann sind die Erlöse der Kliniken seit dem Jahr 2000 nur um sieben Prozent gestiegen, die Kosten dagegen um 14 Prozent. Für weitere Kostensteigerungen, etwa durch Tarifanhebungen, erwarten die Kliniken einen finanziellen Ausgleich. Ob der Gesundheitsfonds dies leisten kann, ist für Kuhlmann noch nicht ausgemacht. Fest steht für ihn aber, dass die Kliniken weitere Einsparungen nicht ohne Belastung für die Arbeitsplätze realisieren können. Schließungen von Krankenhausstandorten dagegen hält er für unrealistisch. Stattdessen erwartet Kuhlmann, der das DRK-Krankenhaus Mölln-Ratzeburg leitet, eine weitere Spezialisierung und Zentrenbildung. Zugleich wurde auf der Tagung, die außer vom VKD auch vom Verband Leitender Krankenhausärzte (VLK), der Bundesarbeitsarbeitsgemeinschaft der Leitenden Krankenpflegekräfte (BALK) und der Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein (KGSH) organisiert wurde, die zunehmende Bereitschaft zur Kooperation mit dem ambulanten Sektor deutlich - aber auch die Erwartungen der Politik, diese Entwicklung zu beschleunigen. Der kommissarische Staatssekretär Dr. Olaf Bastian mahnte zum Ausbau der integrierten Versorgung. Niedergelassene Ärzte, Reha-Einrichtungen und Pflegeeinrichtungen müssen nach seiner Einschätzung noch stärker in gemeinsame Versorgungsangebote eingebunden werden. Auch eine Ausweitung des ambulanten Angebotes der Krankenhäuser hält Bastian für sinnvoll. Er verwies auf die Zulassungen nach Paragraf 116 b für 19 Kliniken im Land und insgesamt 103 Einzelindikationen. Bastian begrüßte diese Entwicklung, verwies aber auch auf das Konfliktpotenzial mit den niedergelassenen Ärzten. Er warnte vor einer "schleichenden Ambulantisierung" der Krankenhäuser zulasten der niedergelassenen Ärzte - eine Äußerung, die bei den Klinikvertretern auf Unverständnis stieß. Kuhlmann und KGSH-Geschäftsführer Bernd Krämer stellten auf Nachfrage klar, dass jedes ambulante Angebot von Kliniken in Schleswig-Holstein legal sei. Sorge bereitet den Verantwortlichen nach wie vor der Aderlass beim Personal. Prof. Hartmut Nolte vom VLK verwies auf die schwer zu besetzenden freien Arztstellen. Um regional auftretende Engpässe zu verhindern, hält er eine noch engere Zusammenarbeit zwischen Praxen und Kliniken für erforderlich. Bessere Arbeitsbedingungen für Ärzte und die Abschaffung des Numerus Clausus hält Nolte ebenfalls für erforderlich, um den Medizinermangel zu bekämpfen. Engpässe gibt es aber auch beim Pflegepersonal. Die Arbeitsbelastung ist inzwischen so groß, dass eine Pflegekraft es nach Angaben Kuhlmanns inzwischen nur noch durchschnittlich drei Jahre nach der Ausbildung in ihrem Beruf aushält. "Dagegen können wir gar nicht ausbilden", sagte Kuhlmann. Christian de la Chaux (BALK) forderte eine Bildungsoffensive für Pflegekräfte. Die steigenden Anforderungen im Beruf machen nach seiner Ansicht eine bessere Qualifizierung erforderlich. Den von der Regierung eingeschlagenen Weg, verstärkt auf Pflegekräfte mit niedriger Schulbildung zu setzen, hält er für falsch.

Die zum Zeitpunkt der Tagung gerade abgeebbte Diskussion um sogenannte "Fangprämien" für Klinikeinweisungen durch niedergelassene Ärzte spielte nur am Rande eine Rolle. Nach Beobachtung der Organisatoren sind solche Vorfälle im Norden "extreme Ausnahmen", die zu großer Verunsicherung in der Bevölkerung geführt hätten. Nolte appellierte an die Medien, verantwortungsvoll mit dem Thema umzugehen, um nicht sinnvolle Kooperationen unter Generalverdacht zu stellen.

Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 10/2009 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2009/200910/h091004a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Oktober 2009
62. Jahrgang, Seite 16 - 17
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. November 2009

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