Klinikum der Universität München - 20.06.2012
Paul hat Probleme: Hilfe für Kinder und Jugendliche mit depressiven Störungen
"Paul ganz unten" ist der Titel einer neuen Aufklärungsbroschüre, die speziell für 13- bis 17-jährige Jugendliche entwickelt worden ist. Es geht darin um Symptome, Ursachen und Behandlung von Depressionen. Gestaltet ist die Publikation als Pocket Guide im DIN A6-Format. Bei der Tagung "Depressive Störungen im Kindes- und Jugendalter - Herausforderungen für die Gesellschaft und das Gesundheitswesen in Bayern?" am 26. Juni 2012 in München werden die Broschüre und die ersten Ergebnisse der damit erzielten Erfolge vorgestellt. Gefördert wird die Veranstaltung vom Bayerischen Staatsminister für Gesundheit, Dr. Marcel Huber, der ein Grußwort sprechen wird.
Depressive Störungen zählen zu den psychiatrischen Erkrankungen, die dadurch gekennzeichnet sind, das sie anhaltend (länger als zwei Wochen), an den meisten Tagen und die meiste Zeit des Tages vorliegen. Sie beginnen früh, bereits im Kindergarten treten depressive Symptome auf. Das Bild der Erkrankung wandelt sich mit dem Alter:
Im Kindergartenalter treten im Verlauf der Erkrankung Veränderungen des Verhaltens, Erlebens und er Emotionen auf. Als Zeichen sind z. B. der Verlust der Spielfreude zu sehen, eine erhöhte Irritierbarkeit, eine eingeschränkte Mimik und Gestik, aber auch Appetitverlust und Schlafstörungen treten im Rahmen der Erkrankung auf. Schulkinder berichten von Traurigkeit, die meist auf keinen Auslöser zurückzuführen sind. Sie beklagen Bauch und Kopfschmerzen, ohne dass eine organische Ursache vorliegt, Schulschwierigkeiten treten häufig auf.
Im Jugendlichenalter und im jungen Erwachsenenalter ähnelt die Symptomatik der des Erwachsenenalters. Hierzu gehören eine gedrückte Stimmung, Interessensverlust, Freudlosigkeit, Verminderung des Antriebs mit erhöhter Ermüdbarkeit und Aktivitätseinschränkung. Auf kognitiver Ebene treten pessimistische und negative Zukunftserwartung, Schuldgefühle, ein vermindertes Selbstwertgefühl und geringes Selbstvertrauen auf. Auf neuropsychologischer Ebene werden eine verminderte Konzentrationsfähigkeit, eine geringere Aufmerksamkeitsspanne beobachtet. Zu den somatischen Symptomen zählen Schlafstörungen und verminderter oder gesteigerter Appetit. In Abhängigkeit der Schwere der Episode treten lebensmüde Gedanken auf, manchmal unternehmen Jugendliche auch einen Selbstmordversuch.
Das Auftreten einer depressiven Erkrankung geht immer mit Veränderungen im Verhalten, Erleben und der Emotionen des Kindes und Jugendlichen einher. Wenn Kleinkinder viel schreien und jammern, die Fähigkeit verlieren, sich zu freuen, in sich gekehrtes Verhalten entwickeln und sich zunehmend zurückziehen, keine Lust mehr an Spielen und Aktivitäten haben, dann sollte an eine depressive Störung gedacht werden. Bei Schulkindern treten zusätzlich eine geringe Frustrationstoleranz auf, es kommt zu Impulsdurchbrüchen, die zu selbst- oder fremdverletzendem Verhalten führen können. Häufig werden unklare Schmerzzustände, wie z. B. Kopf- und Bauchschmerzen, berichtet.
Jugendliche beschreiben das Gefühl der inneren Leere und von Freudlosigkeit, oft verbunden mit einer nur schwer einzuschätzenden Suizidalität. Zum Beispiel äußern Jugendliche: "Es wäre besser, wenn ich einfach nicht mehr da wäre". Jugendliche verlieren im Rahmen der Depression das Interesse an sozialen Kontakten und an Aktivitäten, an denen sie früher Spaß hatten. Sie sind entmutigt, trauen sich nichts mehr zu, sind aber auch ständig gereizt und teilweise auch aggressiv. Eine anhaltende Müdigkeit verbunden mit Problemen, sich zu konzentrieren, führen zu Verschlechterungen der schulischen Leistungen.
Bei der Tagung "Depressive Störungen im Kindes- und Jugendalter - Herausforderungen für die Gesellschaft und das Gesundheitswesen in Bayern?" werden verschiedene Projekte vorgestellt, um die Situation von betroffenen Kindern und Jugendlichen in Schule und Familie zu verbessern und es werden Hilfsangebote vorgestellt und diskutiert. Die Broschüre "Paul ganz unten" zeigte bei der wissenschaftlichen Bewertung eindeutig positive Wirkung. Die Broschüre wurde von der Zielgruppe akzeptiert, sowohl Aufmachung wie auch Sprache erreichte die 13- bis 17-jährigen. Das Wissen um depressive Störungen bei den Lesern nahm erheblich zu und lag auch Wochen nach der Lektüre noch auf einem hohen Niveau.
"Depressive Störungen im Kindes- und Jugendalter - Herausforderungen für die Gesellschaft und das Gesundheitswesen in Bayern?", Montag, 25.06.2012, 14-18 Uhr, Psychiatrische Klinik, Nußbaumstraße 7, 80336 München;
Die Broschüre kann gegen Rechnung und Versandkostenübernahme bei der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie bezogen werden.
Bitte schreiben Sie eine E-Mail an:
Antje.Allgaier@med.uni-muenchen.de oder Yvonne.Schiller@med.uni-muenchen.de
Kontakt:
Prof. Dr. Gerd Schulte-Körne
Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie,
Psychosomatik und Psychotherapie
Klinikum der Universität München - LMU
Nußbaumstr. 5a
80997 München
E-Mail: gerd.schulte-koerne@med.uni-muenchen.de
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Im Klinikum der Universität München (LMU) sind im Jahr 2010 an den Standorten Großhadern und Innenstadt 465.000 Patienten ambulant, teilstationär und stationär behandelt worden. Die 45 Fachkliniken, Institute und Abteilungen sowie 35 interdisziplinäre Zentren verfügen über mehr als 2.200 Betten. Von insgesamt über 10.000 Beschäftigten sind rund 1.800 Mediziner. Das Klinikum der Universität München hat im Jahr 2010 rund 70 Millionen Euro an Drittmitteln verausgabt und ist seit 2006 Anstalt des öffentlichen Rechts.
Gemeinsam mit der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität ist das Klinikum der Universität München an sechs Sonderforschungsbereichen der DFG (SFB 455, 571, 594, 596, 684, 824), an drei Sonderforschungsbereichen-/Transregio (TR 05, TR 22, TR 36), einer Forschergruppe (FOR 535) sowie an drei Graduiertenkollegs (GK 1091 und 1202, SFB-TR 36) beteiligt. Hinzu kommen die drei Exzellenzcluster 'Center for Integrated Protein Sciences' (CIPSM), 'Munich Center of Advanced Photonics' (MAP) und 'Nanosystems Initiative Munich' (NIM) sowie die Graduiertenschule 'Graduate School of Systemic Neurosciences' (GSN-LMU).
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Quelle:
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Klinikum der Universität München, Philipp Kressirer, 20.06.2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juni 2012