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DIABETES/1494: Fragen und Antworten - Leben mit Insulinpumpe und kontinuierlicher Glukosemessung (diabetesDE)


diabetesDE - 14.07.2011

Chat-Protokoll zum Thema
"Leben mit Insulinpumpe und kontinuierlicher Glukosemessung"

Auszüge aus dem diabetesDE-Experten-Chat vom 9. Juni 2011
mit dem Experten: Dr. med. Bernhard Gehr


Protokoll der Sprechstunde

Monika F. fragt:
Betreff: Kontinuierliche Blutglukosemessung

Hallo,

ich bin Pumpenträgerin und mein Internist und Diabetologe hat mir eignetlich von der kontinuierlichen Blutglukosemessung abgeraten, weil das System viel zu ungenau ist und trotzdem normale Blutzuckermessungen mit herkömmlichen Testsreifen notwendig sind. Ich hätte aber schon Interesse daran solch ein System mal auszuprobieren. Gibt es dennoch Möglichkeiten die kontinuierliche Messung mal zu testen.

Danke und viele Grüße
Monika F.


Dr. Gehr:

Liebe Monika,

die aktuell verfügbaren CGM-Systeme sind so ausgereift, dass sie für den Alltagseinsatz geeignet sind und - nach einer entsprechenden Patientenschulung - Ihnen zu besseren Therapieentscheidungen verhelfen werden. Ihr Diabetologe hat einerseits Recht: Die aktuellen CGM-Systeme erreichen noch nicht die Präzision der Blutzuckermessgeräte. Das liegt aber vor allem daran, dass die CGM-Systeme gar nicht den Blut-, sondern den Gewebezucker messen, und dass gewisse Abweichungen somit "naturgegeben" sind. Dennoch gibt es auch technische Gründe und Unterschiede zwischen den einzelnen CGM-Systemen. Bei der Interpretation der CGM-Daten ist jedoch die exakte Höhe des angezeigten Glukosewertes überhaupt nicht so wichtig. Entscheidend ist vielmehr die Trendinformation: Ist der Glukosespiegel stabil, steigt oder fällt er? Wie hat er sich über die letzten Stunden entwickelt? Diese Informationen erhält man mit einem Blick auf das Display eines CGM-Systems. Mit konventionellen Blutzuckermessungen sind diese Informationen nur sehr schwierig zu erlangen (man müsste sehr sehr oft messen).
Ein Beispiel: Ob der Glukosewert gerade bei 102, 110 oder 127 mg/dl liegt, spielt für die nächste Therapieentscheidung keine Rolle. Ob der Glukosespiegel hingegen bei demselben Ausgangswert stabil ist, oder ob er gerade in die Tiefe rauscht, das ist die entscheidende Information. Zu Ihrer abschließenden Frage: Einige CGM-Hersteller bieten die Möglichkeit, das System für ein oder zwei Sensorlaufzeiten zu testen. Kontaktieren Sie hierzu am besten Ihren zuständigen Außendienstmitarbeiter. Auch zahlreiche größere Schwerpunktpraxen verleihen CGM-Systeme und bieten somit die Möglichkeit zum Ausprobieren.

Viele Grüße
Dr. Gehr


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Manuel R. fragt:
Betreff: Pumpe

Gibt es schon die neuen Pumpen ohne Kateter auf dem Markt und wie ist es generell mit der Lautstärke einer Pumpe?


Dr. Gehr:

Lieber Manuel,

zu (a): Seit 2010 ist in Deutschland eine "schlauchlose" Pumpe erhältlich. Es handelt sich dabei um das Omnipod System, das von der Firma Ypsomed vertrieben wird. Zahlreiche Hersteller haben ähnliche so genannte "Patchpumpen" in Entwicklung, und in absehbarer Zeit wird es eine beträchtliche Auswahl solcher Pumpen geben.
zu (b): Insulinpumpen verursachen nur minimale Betriebsgeräusche. Im Alltag hört man nichts davon, wenn der Motor aktiv ist (bei früheren Modellen war das teilweise anders). Die Alarme sind dagegen unüberhörbar, was auch gut so ist. Alle Modelle verfügen über akustische Alarme und Vibrationsalarme, wie man das z. B. von Mobiltelefonen gewöhnt ist.

Viele Grüße
Dr. Gehr


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Alexandra H. fragt:
Betreff: Kontinuierliche Glukosemessung

Wie groß sehen Sie die Gefahr einer Verringerung der Wahrnehmungsfähigkeit für die körpereigenen Signale einer Unterzuckerung bei der dauerhaften Anwendung der CGM bei Kindern?


Dr. Gehr:

Liebe Alexandra,

Sie befürchten, dass man bei dauerhafter Anwendung eines CGM-Systems verlernt, die körpereigenen Hypoglykämiesymptome zu spüren. In der Realität ist es eher andersherum: CGM-Anwender lernen durch die permanente Rückmeldung vom CGM-System, ihre Symptome besser einzuordnen. Mit CGM können sie nach einem kurzen Blick auf das Display entscheiden, ob z. B. das Kribbeln in der Zunge ein Zufall war oder das erste Anzeichen einer beginnenden Unterzuckerung. Diesen ständigen Lerneffekt haben nicht nur die CGM-Anwender selbst, sondern z. B. auch die Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes, wenn sie sich primär um die Therapie (und um den CGM-Empfänger) kümmern. Hat mein Kind beim Klettern am Spielplatz ins Leere gegriffen, weil es abgelenkt war, oder weil der Blutzucker abrauscht? Fragen wie diese können Sie mit einem CGM-System sofort beantworten.

Viele Grüße und alles Gute für Ihr Kind
Dr. Gehr


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Stefanie B. fragt:
Betreff: Pumpe und kontinuierliche Glukosemessung

Hallo! Ich bin seit 1995 Typ 1 Diabetiker und werde seit dem Jahr 2000 mit der Insulinpumpe behandelt. Seit März ist bei meiner Tochter im Alter von 1,5 Jahren ebenfalls Diabetes festgestellt worden. Nun steht die Frage einer Pumpenbehandlung im Raum. Haben sie Erfahrung mit Pumpentherapie in diesem Alter? Wenn ja, welche würden sie empfehlen?

MfG Stefanie B.


Dr. Gehr:

Liebe Stefanie,

für Ihre Tochter ist die Pumpe höchstwahrscheinlich genau das Richtige, nicht zuletzt weil Sie in dieser Therapieform bereits sehr erfahren sind. Für Kleinkinder gilt die Pumpe mittlerweile als Standardtherapie. An großen kinderdiabetologischen Zentren werden aktuell mehr als 60% der kleinen Patienten mit einer Insulinpumpentherapie behandelt - diese Zahlen sprechen für sich. Bei der Wahl des Insulinpumpenmodells sollten Sie z. B. auf eine möglichst fein justierbare Basalrate, eine Fernbedienung und nicht zuletzt auf die Erfahrungen Ihres behandelnden Diabetesteams achten. Eine Übersicht der aktuellen Pumpenmodelle finden Sie im Online-Anhang der CGM- und Insulinpumpenfibel (Link an anderer Stelle im Chat).

Viele Grüße
Dr. Gehr




zum kompletten Chat-Protokoll:
http://ow.ly/5Ew7N

Der Diabetes-Chat steht allen Internet-Nutzern kostenfrei auf www.diabetesde.org zur Verfügung.
Protokolle der letzten Sprechstunden können Sie abrufen unter:
www.diabetesde.org/experten_chat

Eine weitere wichtige Anlaufstelle ist das Diabetes Gesundheitstelefon.
Unter der Nummer 0180 250 5205 (6 Cent/Anruf aus dem Festnetz, Mobilfunk max. 42 Cent/Minute) stehen täglich 24 Stunden Experten bereit.


diabetesDE ist eine gemeinnützige Organisation, die alle Menschen mit Diabetes und alle Berufsgruppen wie Ärzte, Diabetesberater und Forscher vereint, um sich für eine bessere Prävention, Versorgung und Forschung im Kampf gegen Diabetes einzusetzen. An oberster Stelle steht die Interessenvertretung für die Menschen, die von dieser Volkskrankheit betroffen sind, die sich in großem Tempo in vielen Ländern der Erde, so auch in Deutschland ausbreitet. Gegründet wurde diabetesDE von der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) und dem Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD).


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Quelle:
diabetesDE, Pressestelle
diabetesDE-Experten-Chat vom 14.07.2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juli 2011