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FORSCHUNG/165: Möglicher Ansatz zur Bekämpfung der Schlafkrankheit entdeckt (idw)


Universität Bern - 10.04.2012

Möglicher Ansatz zur Bekämpfung der Schlafkrankheit entdeckt



Gegen die tödlich verlaufende Afrikanische Schlafkrankheit gibt es bislang nur veraltete Medikamente mit teilweise schweren Nebenwirkungen. Berner Forscher haben nun herausgefunden, wie der Erreger bekämpft werden kann - indem ein Stoff, den der Parasit selber herstellt, blockiert wird. Dies könnte auch eine Basis für Medikamente gegen andere tropische Krankheiten sein.

Sie peinigt Hunderttausende von Menschen im tropischen Afrika und endet tödlich, wenn sie nicht behandelt wird: Die Afrikanische Schlafkrankheit. Verursacht wird sie durch Parasiten, die durch den Stich infizierter Tsetsefliegen übertragen werden. Gegen diese schwerwiegende Erkrankung des Lymph- und Nervensystems gibt es bislang keine Impfung. Die wenigen Medikamente, die verfügbar sind, sind veraltet und weisen erhebliche Nebenwirkungen auf - zudem sind immer mehr Parasitenpopulationen dagegen resistent.

Am Institut für Biochemie und Molekulare Medizin der Universität Bern wird seit Jahren nach Wegen gesucht, den Stoffwechsel der Erreger der Schlafkrankheit zu verstehen, um diesen für mögliche Therapien zu nutzen. Nun entdeckten zwei Berner Forscher, dass der Parasit, ein Einzeller namens Trypanosoma brucei, über sein "Zell-Energiekraftwerk", das Mitochondrium, angreifbar ist. Der dabei entdeckte Stoffwechselmechanismus könnte als Grundlage für neue Medikamente dienen. Die Ergebnisse wurden nun in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" publiziert.

Die Energiezufuhr unterbrechen

Die Biochemiker Mauro Serricchio und Prof. Peter Bütikofer untersuchten die Membranen von Trypanosomen und speziell einen Bestandteil daraus, das Cardiolipin. Dieser Stoff ist für die Struktur und das Funktionieren des Mitochondriums essenziell. Wird die Produktion von Cardiolipin blockiert, zerfällt das Mitochondrium, worauf die Zelle nicht mehr mit Energie versorgt wird und abstirbt - und somit auch der einzellige Parasit.

Einsatz auch bei Malaria und anderen Krankheiten denkbar

Dieser Schritt ist von besonderer Bedeutung: Denn das Cardiolipin ist ein Zellbestandteil, der in allen Phasen des Lebenszyklus von Trypanosomen benötigt wird. Dies obwohl die Parasiten je nach Wirt ihr Mitochondrium anders einsetzen, um Energie zu gewinnen. Wegen dieses ausgeklügelten Überlebens-Systems braucht es ein Mittel, das in Trypanosomen-Mitochondrien wirkt - egal, in welchem Wirt sich der Parasit gerade befindet. Der Schlüssel dazu ist ein Enzym, das für die Produktion von Cardiolipin in Trypanosomen zuständig ist. Dieses Enzym (TbCls) kann unterdrückt werden - worauf die ganze Zelle und somit der Erreger abstirbt.

"TbCls ist somit ein möglicher Ansatzpunkt für die Entwicklung von neuen Medikamenten gegen die Schlafkrankheit", sagt Prof. Peter Bütikofer. Nicht nur beim Menschen, sondern auch bei der tödlich verlaufenden Tierkrankheit Nagana, die ebenfalls durch Trypanosomen verursacht wird. "Da das Enzym TbCls auch in Mitochondrien anderer Einzeller vorhanden ist, die schwerwiegende Krankheiten auslösen können - wie Malaria, Leishmaniose oder Toxoplasmose - könnte der von uns entdeckte Mechanismus auch bei der Bekämpfung dieser Krankheiten nützlich sein", so Bütikofer.


Bibliographische Angaben:
Mauro Serricchio and Peter Bütikofer:
An essential bacterial-type cardiolipin synthase mediates cardiolipin formation in eukaryote
PNAS Early Edition, 29. März 2012
doi:10.1073/pnas.1121528109

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.kommunikation.unibe.ch/content/medien/medienmitteilungen/news/2012/cardiolipin/

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image167564
Wie Trypanosomen auf das Fehlen des Enzyms TbCls reagieren: Auf den farbigen Bildern links ist ihr Zellinneres zu sehen. Die Mitochondrien (rot) und der Zellkern (blau) sind am ersten Tag noch gut sichtbar (oben). Nach einem Tag (Bild unten) sind sie zerfallen und kaum noch zu erkennen - der Einzeller stirbt ab.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution57

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität Bern, lic. phil. Nathalie Matter, 10.04.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. April 2012