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HERZ/544: Herbsttagung 2011 der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (2) (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung
Pressemitteilungen vom 7. und 8. Oktober 2011

Vom 6. - 8. Oktober 2011 findet in Düsseldorf die Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) statt


→ Neuer Herzbericht: Immer weniger Deutsche sterben an einem Herzinfarkt
→ Herzklappen-Erkrankungen: Statistik weist zunehmende Sterblichkeit aus
→ Neuer Herzbericht: Kathetergestützte Eingriffe verdrängen Herzoperationen
→ Herzbericht: Herzinfarkt bleibt Männersache - Herzinfarkt kostet 1,841 Milliarden Euro pro Jahr
→ Brustschmerz-Einrichtungen: Erhöhter Bedarf in Regionen mit hoher Sterblichkeit
→ Infarkt-Sterblichkeit: Studie findet keinen Zusammenhang mit Angst, Depression, Lebensqualität
→ Familiäre Cholesterinerhöhung: Bereits in der Kindheit und im Wachstumsalter gegensteuern

Raute

07.10.2011

Neuer Herzbericht - Immer weniger Deutsche sterben an einem Herzinfarkt

Immer weniger Menschen sterben in Deutschland an einem Herzinfarkt, berichtet Dr. Ernst Bruckenberger, Autor des 23. Herzberichts auf der Herbsttagung der DGK in Düsseldorf. Die Sterblichkeit pro 100.000 Einwohner bei den ischämischen Herzkrankheiten (= Herzinfarkt; Krankheiten als Folge schlechter Durchblutung) ist in Deutschland von 2000 bis 2010 von 203,8 auf 162,8 gesunken. Allerdings gibt es sehr starke regionale Unterschiede: Sie schwanken zwischen den Bundesländern von 136 (pro 100.000 Einwohner) in Baden-Württemberg bis 271,2 in Sachsen-Anhalt.

Der Anteil der am akuten Herzinfarkt Gestorbenen an allen Gestorbenen ist von 2000 bis 2010 kontinuierlich von 8,5 Prozent auf 6 Prozent gesunken. "Es gibt einen erfreulichen Trend bei allen Herz-Kreislauferkrankungen, deren Anteil an allen Krankheiten kontinuierlich abnimmt. Es ist in Übereinstimmung mit weltweiten Trends in den Industrienationen, dass die Mortalität des akuten Herzinfarktes und der ischämischen Herzkrankheiten ist in Deutschland von 2000 bis 2010 um etwa 20 Prozent gesunken ist", kommentiert DGK-Präsident Prof. Dr. Georg Ertl (Würzburg) die Ergebnisse.

"Die Ursachen für diese Trends sind sicherlich vielfältig, einen wesentlichen Teil könnten die Entwicklungen in Diagnostik, Therapie und Versorgung von Patienten mit Herz-Kreislauferkrankungen beitragen. Es fällt auf, wie hoch der Anteil der Patienten über 70 und über 80 Jahre ist, die einer Katheterintervention unterzogen werden. Möglicherweise tragen diese Trends zum Überleben bei, führen aber zu einer Zunahme an älteren Patienten mit vielfältigen Komorbiditäten."


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07.10.2011

Herzklappen-Erkrankungen - Statistik weist zunehmende Sterblichkeit aus

Die Sterblichkeit nimmt bei den Herzklappen-Krankheiten zu. Das ist das Ergebnis einer Auswertung der Todesursachenstatistik, die auf den Leichenschauscheinen beruht und heute im neuen Herzbericht von Dr. Ernst Bruckenberger auf der Herbsttagung der DGK in Düsseldorf vorgestellt wurde. Die Sterblichkeit bei den Klappenkrankheiten ist demnach in Deutschland von 2000 bis 2010 von 9,8 auf 16,2 (pro 100.000 Einwohner) angestiegen. Sie schwankte 2009 zwischen den Bundesländern von 8,5 in Schleswig-Holstein bis 22,3 im Saarland.

"Diese vermeintliche Zunahme der Sterblichkeit ist allerdings nicht nachvollziehbar", kommentiert DGK-Pressesprecher Prof. Dr. Eckart Fleck (Berlin) diese Ergebnisse. "Wahrscheinlich spiegelt sie die größere Aufmerksamkeit für das Thema Herzklappen-Erkrangungen wider, die dadurch zustande kam, dass jetzt Therapiemöglichkeiten für gerade im hohen Lebensalter verstärkt auftretende Klappen-Erkrankungen existieren. Die zeitliche Übereinstimmung der Einführung Katheter-gestützter Klappen-Reparaturen und der sprunghafte Todesursachenanstieg ist nicht plausibel.

Die bevorstehende Auswertung des Aortenklappen-Registers wird hier Aufschluss geben."


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07.10.2011

Neuer Herzbericht - Kathetergestützte Eingriffe verdrängen Herzoperationen

Herzkranke ziehen schonende Eingriffe vor. Von 2004 bis 2010 ist bei den über 18-jährigen Einwohnern Deutschlands die Zahl der Katheter-gestützten Eingriffen (Perkutane Koronarintervention, PCI) um 29,6 Prozent angestiegen, der Vergleichswert bei den koronaren Herzoperationen ist um 27,2 Prozent gesunken. Das sind im neuen Herzbericht veröffentlichte Ergebnisse, die auf der Herbsttagung der DGK in Düsseldorf von Autor Dr. Ernst Bruckenberger vorgestellt wurden.

Der Anstieg bei den PCI betrifft jede Altersgruppe, mit Abstand jedoch am stärksten die Altersgruppe der über 80-Jährigen mit 66,9 Prozent. Die Koronaroperationen pro Million Einwohner nahmen in diesem Zeitraum in allen Altersgruppen ab, am stärksten in der Altersgruppe der 60- bis 70-Jährigen mit 34,1 Prozent, in der Altersgruppe der über 80-Jährigen um 13 Prozent.

Bei Katheter-gestützten Eingriffen wird unter lokaler Betäubung mit einem biegsamen Schlauch eine Gefäßstütze (Stent) zur Wiedereröffnung des Gefäßverschlusses durch eine Arterie schonend eingeführt. Es entfallen aufwändige Operationen und der Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine.

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07.10.2011

Herzbericht: Herzinfarkt bleibt Männersache - Herzinfarkt kostet 1,841 Milliarden Euro pro Jahr

Akuter Herzinfarkt ist in Deutschland überwiegend eine Männerkrankheit. Männer werden weit häufiger wegen eines Herzinfarkts in ein Krankenhaus eingeliefert als Frauen, sie versterben häufiger daran als Frauen und belasten damit das Gesundheitsbudget weit stärker als Frauen. Das ist ein Ergebnis des auf dem Herbstkongress der DGK in Düsseldorf vorgestellten Herzberichts von Dr. Ernst Bruckenberger. 253,9 Männer pro 100.000 Einwohner wurden (2009) wegen eines akuten Infarktes in ein Krankenhaus eingeliefert, die Zahl der Männer lag mit 330,2 um 82,9 Prozent über jener der Frauen (180,5).

Die Sterbeziffer bei akutem Herzinfarkt liegt insgesamt bei 68,7 pro 100.000 Einwohner. Bei Männern mit 77,1 um 27 Prozent über jener der Frauen (60,7). Dieser Trend spiegelt sich auch bei den Krankheitskosten für Herzinfarkte wieder: Nach der aktuellen Krankheitskostenrechnung des Statistischen Bundesamtes (2008) entstanden für die Prävention, Behandlung, Rehabilitation und Pflege von an einem akuten Herzinfarkt erkrankten Menschen Kosten von 1,841 Milliarden Euro (Männer 1,218 Milliarden, Frauen 623 Millionen). Die Krankheitskosten des akuten Herzinfarkts der Männer lagen insgesamt 95,5 Prozent über den Krankheitskosten der Frauen. Mit zunehmendem Alter verringerte sich der Abstand.


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07.10.2011

Brustschmerz-Einrichtungen - Erhöhter Bedarf in Regionen mit hoher Sterblichkeit

Eine Reihe deutscher Regionen sind mit Brustschmerz-Einrichtungen (Chest Pain Units, CPU) zur optimalen Diagnose und Behandlung von Herzinfarkten noch nicht ausreichend versorgt. Das ist ein im neuen Herzbericht dokumentiertes Ergebnis, das auf dem Herbstkongress der DGK in Düsseldorf von Dr. Ernst Bruckenberger vorgestellt wurde. Weitere CPU, so Dr. Bruckenberger, müssten "im Interesse der betroffenen Patienten vor allem dort errichtetet werden, wo die Sterbeziffer des akuten Herzinfarktes vergleichsweise besonders hoch ist."

In 57 beziehungsweise 67,9 Prozent der 84 Kreise, in denen bis Juli 2011 eine der 122 deutschen CPU errichtet wurde, liegt die altersbereinigte Sterbeziffer für den akuten Herzinfarkt bereits jetzt teilweise deutlich unter dem Bundesdurchschnittswert. Nur in 27 Kreisen beziehungsweise 32,1 Prozent liegt sie darüber. Auch dort kann mit einer höheren Effizienz in der Infarkt-Behandlung gerechnet werden, wenn die durch die CPU-Leitlinien geregelten und in der Zertifizierung überprüften Abläufe eingehalten werden.

CPU sind Anlaufstellen für Patienten mit Brustschmerzen, bei denen möglichst schnell und sicher geklärt werden muss, ob das Druckgefühl in der Brust auf Gefäßveränderungen zurückzuführen ist, die zu einem Herzinfarkt führen können, oder ob die Beschwerden andere Ursachen haben.


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08.10.2011

Infarkt-Sterblichkeit - Studie findet keinen Zusammenhang mit Angst, Depression, Lebensqualität

Keinen Zusammenhang zwischen der Herz-Sterblichkeit und psychosozialen Faktoren wie Angst- und Depressionswerten, Lebensqualität und subjektiver Verschlechterung der Lebensbedingungen fanden Forscher, nachdem sie 143 Herzinfarkt-Patienten in Mitteldeutschland untersucht hatten. Sie wollten der Frage nachgehen, ob vielleicht psychosoziale Gesichtspunkte dafür mitverantwortlich sind, dass im südlichen Sachsen-Anhalt die höchste Sterblichkeit bei akutem Herzinfarkt innerhalb Deutschlands besteht. In diese Region kam es nach der politischen Wende zum sozialen Abstieg großer Bevölkerungsteile.

Patienten mit akutem Myokardinfarkt wurden in der Woche nach dem Akutereignis, nach sechs und nach zwölf Monaten mit Hilfe standardisierter Fragebögen untersucht. Es sollte herausgefunden werden, welche der mit Fragebögen erhobenen psychosozialen Faktoren einen Einfluss auf die Zehn-Jahres-Sterblichkeit haben. Fazit der Forschergruppe um Prof. Dr. Karl Werdan (Halle/Saale): Weder ein pathologische Angst- und Depressionswert, noch ein pathologischer Wert bei der Lebensqualität, noch eine subjektive Verschlechterung der Lebensbedingungen hatten Einfluss auf die Infarkt-Sterblichkeit.

Die wiederholt berichteten Einflüsse psychosozialer Faktoren in bereits veröffentlichten Studien konnten hier trotz erwartbarer negativer Auswirkungen auf die Herz-Sterblichkeit nicht bestätigt werden.


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08.10.2011

Familiäre Cholesterinerhöhung - Bereits in der Kindheit und im Wachstumsalter gegensteuern

"Die Kindheit und das Wachstumsalter sind das Schlüsselalter, in dem mit der atherosklerotischen Lastreduktion begonnen werden muss", so der Kinder- und Jugendkardiologe Dr. Richard Eyermann (München) auf dem Herbstkongress der DGK in Düsseldorf. Abnormalitäten des Fettstoffwechsels sind meist Hinweise auf frühe Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Atherosklerose, der Herz-Kreislauf-Erkrankungen zugrunde liegende Prozess, beginnt in der Kindheit und beschleunigt sich während des Wachstumsalters. Diese Progression verläuft je nachdem, ob ein Mensch eine genetische Prädisposition für frühe Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat oder nicht. Erhöhte LDL-C, niedrige HDL-C und hohe Triglyceride sind die am meisten sensitiven und spezifischen Risikofaktoren für frühe Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Bei Personen mit genetischen Abnormalitäten, die sie für Atherosklerose prädisponieren - etwa eine familiäre Cholesterinerhöhung (Hypercholesteriolämie, FH) - ist die Wachstumsphase besonders kritisch. 15 Prozent der Teenager mit FH haben bei der ärztlichen Untersuchung periphere Fetteinlagerungen (Lipiddepositionen) in der Haut oder in den Augen. 50 Prozent der FH-Patienten haben periphere Lipiddepositionen in ihren 30-igern und zirka ein Jahrzehnt später manifeste Herz-Kreislauf-Krankheiten. Weil die Hälfte aller ersten Herzereignisse tödlich sind, ist Prävention von zentraler Bedeutung, so Dr. Eyermann.

Therapeutische Lifestyleänderungen mit regelmäßigen körperlichen Aktivitäten und Diät sind die Säulen in der Prävention und Behandlung von Hyperlipidämien. Personen mit Hyperlipidämie sollten eine Diät essen, die reduziert ist an Fett, Cholesterin und gesättigtem Fett, aber ausreichend an Kalorien, um Wachstum und Entwicklung der Kinder nicht negativ zu beeinflussen. Zusätzlich sind bei manchen Heranwachsenden Blutfette-senkende Medikamente hilfreich.

Raute

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit heute mehr als 7800 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste kardiologische Gesellschaft in Europa.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dgk.org


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Christiane Limberg
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Oktober 2011