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HERZ/753: Meldungen vom Europäischen Kardiologiekongress (ESC) in Barcelona (3) (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung
Pressemitteilungen vom 01.-03.09.2014

Europäischer Kardiologiekongress (ESC) in Barcelona vom 30. August bis 3. September 2014

→ Teetrinker leben gesünder
→ Statine halten Arterienverkalkung nicht auf
→ Patienten mit Vorhofflimmern oder -flattern leiden häufig an Atmungsstörungen im Schlaf
→ Herzinfarkt: Geringere Sterblichkeit in Kliniken mit Herzkatheter
→ Übergewicht in der Schwangerschaft ist gefährlich fürs Herz
→ Große europäische Studie: Deutliche Kosteneinsparungen durch Herz-MRT



Teetrinker leben gesünder

Barcelona/Düsseldorf, 1. September 2014 - Regelmäßiger Kaffee- und Teekonsum haben keinen Einfluss auf die Herzsterblichkeit. Das zeigt eine aktuelle Studie aus Frankreich, die beim Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in Barcelona präsentiert wurde. "Obwohl Kaffee- und Teetrinker bei kardiovaskulären Risikofaktoren wie etwa hohem Blutdruck durchwegs bessere Werte aufweisen, konnten wir insgesamt in diesen beiden Gruppen keine verringerte kardiale Sterblichkeit feststellen. Interessanterweise wiesen aber Teetrinker in unserer Studie insgesamt eine geringere Sterblichkeit auf als Menschen, die keinen Tee trinken", berichtete Studienautor Prof. Nicholas Danchin vom Krankenhaus George Pompidou in Paris. "Das könnte damit zu tun haben, dass sie generell einen gesünderen Lebensstil pflegen."

In der Studie wurden die kardiovaskuläre Risikofaktoren sowie der Tee- und Kaffeekonsum von insgesamt mehr als 131.000 Menschen zwischen 18 und 95 Jahren analysiert, die zu einer Vorsorgeuntersuchung gegangen waren. Einige Detailergebnisse: Personen, die regelmäßig mehr als vier Tassen Kaffee täglich trinken, waren im Durchschnitt älter als Koffein-Abstinente, und hatten, außer systolischer Blutdruckerhöhung, mehr kardiovaskuläre Risikofaktoren. EKG-Veränderungen traten in beiden Gruppen seltener auf. Regelmäßiger Teekonsum war mit einem niedrigeren Herzrisiko assoziiert. Wer angab, täglich vier Tassen Tee oder mehr zu trinken, hatte im Durchschnitt einen niedrigeren Blutdruck, niedrigere Cholesterin- und BMI-Werte, niedrigere Blutzucker- und Gamma Gt-Werte, Konsumierte weniger Tabak und bewegte sich mehr als Nichtkonsumenten von Tee. Beim Kaffeekonsum zeigte sich kein signifikanter Zusammenhang mit der kardialen oder nicht-kardialen Sterblichkeit. Beim Teekonsum war zwar kein Einfluss auf die kardiale Sterblichkeit festzustellen, wohl aber eine niedrigere Sterblichkeit aufgrund nicht-kardialer Ursachen. Quelle: ESC Abstract 1028 - Danchin et al: Coffee or tea consumption on cardiovascular mortality: the IPC cohort

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Statine halten Arterienverkalkung nicht auf

Barcelona/Essen, 2. September 2014 - Trotz der Blutfett-senkenden Wirkung der Medikamente zeigt sich bei Personen ohne diagnostizierte kardiovaskuläre Erkrankung nach fünfjähriger Statin-Therapie ein verstärktes Fortschreiten der Koronararterien-Verkalkung. Das zeigt eine Auswertung von Daten aus der Heinz Nixdorf Recall Studie, einer groß angelegten Untersuchung des Universitätsklinikums Essen zu verschiedensten Aspekten von Herz-Kreislauferkrankungen. Die aktuellen Daten wurden jetzt beim Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) präsentiert. "Die Ergebnisse bestätigen einen Trend, der sich in vorangegangenen randomisierten Studien gezeigt hat. Selbst unter Berücksichtigung von Aspekten wie einem möglichen Bias in der Indikationsstellung für die Therapie könnten unsere Daten doch die Hypothese unterstützen, dass Statine einen Plaque-stabilisierenden Effekt haben, der sich in einem Anstieg der Arterienverkalkung widerspiegelt", so Studienautorin Dr. Iryna Dykun, Essen.

Für die Studie wurden die Daten von 3.483 Teilnehmern ausgewertet. Der Grad der Verkalkung der Koronararterien wurde mittels Elektronen-Beam-Computertomographie ermittelt. Bei Teilnehmern, die unter Statintherapie zu Beginn des Beobachtungszeitraums einen geringeren Grad an Arterienverkalkung aufwiesen, schritt die Verkalkung während der fünf Jahre stärker voran im Vergleich zu Personen mit einer höhergradigen Verkalkung zu Beginn des Beobachtungszeitraums.

Quelle:
ESC Abstract P1278 - Dykun et al: The influence of statin intake on the progression of coronary arterium calcium: The Heinz Nixdorf Recall Study

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Patienten mit Vorhofflimmern oder -flattern leiden häufig an Atmungsstörungen im Schlaf

Barcelona/Bochum, 2. September 2014 - Patienten mit Vorhofflimmern oder Vorhofflattern leiden zur überwiegenden Mehrheit auch an schlafbezogenen Atmungsstörungen. Wird das Herzleiden mittels Kardioversion erfolgreich behandelt, kommt es unmittelbar nach dem Eingriff auch zu einer Besserung der Atmungsstörungen - ein Effekt, der allerdings nicht bei allen Formen dieser Störung anhält. Das sind Ergebnisse aus einer Studie der Ruhr-Universität Bochum, die beim Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) präsentiert wurde. "Unsere Beobachtungen werfen Fragen zum Verständnis und zur Bedeutung dieser Komorbidität auf und könnten zusätzliche Implikationen auf eine mögliche Therapieentscheidung von schlafassoziierten Atmungsstörungen haben", so Studienautor Dr. Henrik Fox. "Der Einfluss von schlafassoziierten Atmungsstörungen für kardiologische Erkrankungen muss dabei noch weiter untersucht werden. Insbesondere sollte dabei der Frage nachgegangen werden, ob eine gezielte Behandlung auch zu einer Besserung von kardiologischen Erkrankungen oder sogar deren Prognose führt. Zu diesen Fragestellungen laufen bereits einige große, randomisierte, kontrollierte Studien, deren Ergebnisse für 2015 erwartet werden."

Es gibt vermehrt Hinweise, dass schlafbezogene Atmungsstörungen einen ungünstigen Einfluss auf kardiologische Erkrankungen haben könnten. Sie treten im Wesentlichen in zwei Formen auf, als obstruktive schlafassoziierte Atmungsstörungen mit verlegten Atemwegen und als zentrale schlafassoziierte Atmungsstörungen, bei denen die Atemwege offen bleiben, aber sich das Atemmuster mit verminderter Atmung und Atemstillständen verändert.

Für die aktuelle Studie wurden 138 Patienten mit Vorhofflimmern (86 Prozent) oder Vorhofflattern (14 Prozent) untersucht, die mittels Kardioversion therapiert wurden. Vor, unmittelbar nach und weitere vier Wochen nach der Kardioversion wurden sie auf das Vorliegen einer schlafbezogenen Atmungsstörung untersucht. "Es zeigte sich bei diesen Patienten eine überraschend hohe Prävalenz von schlafassoziierten Atmungsstörungen von 95,2 Prozent mit einem Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) von fünf oder mehr pro Stunde.", berichtete Dr. Fox. Unmittelbar nach der Kardioversion war der AHI signifikant reduziert - ein Effekt, der allerdings nicht anhielt. Dr. Fox: "In der Kontrolluntersuchung nach vier Wochen zeigten sich insgesamt wieder ähnlich schwergradige schlafassoziierte Atmungsstörungen wie im Ausgangsbefund, auch wenn es in diesem Intervall zu keinem Rezidiv von Vorhofflimmern oder Vorhofflattern gekommen war." Allerdings gab es einen auffallenden Unterschied in der Form der Störungen. Während sich deutlich weniger zentrale schlafbezogene Atmungsstörungen fanden, nahm die Zahl der obstruktiven Störungen im Beobachtungszeitraum zu.

Quelle:
ESC Abstract P2426 - Fox et al.: Cardioversion of atrial fibrillation or atrial flutter decisively improves severity and type of sleep disordered breathing.

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Herzinfarkt: Geringere Sterblichkeit in Kliniken mit Herzkatheter

Barcelona/Ludwigshafen/Main/Trier, 3. September 2014 - Die Sterblichkeit nach einem Herzinfarkt ist bei jenen Patienten geringer, die in ein Krankenhaus mit einem Herzkatheter eingeliefert werden, als bei solchen, die in eine Klinik ohne Katheter kommen. Das zeigen die Daten aus dem Myokardinfarkt-Register Rheinland-Pfalz (MIR-RLP Register), die beim Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in Barcelona präsentiert wurden. Am MIR-RLP nehmen alle Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz mit einer Fachabteilung für Innere Medizin teil, erfasst werden alle Fälle von ST-Hebungsinfarkt (STEMI).

Analysiert wurden die Daten von 873 Herzinfarkt-Patienten. "Insgesamt betrug die Krankenhaus-Sterblichkeit 9,1 Prozent, trotz einer sehr hohen Reperfusionsrate", berichtete Dr. Anselm Kai Gitt vom Herzzentrum Ludwigshafen. In Kliniken mit einem Herzkatheter-Labor und Akut-PCI lag sie bei 8,7 Prozent, in Krankenhäusern ohne eine solche Möglichkeit war sie mit 12,6 Prozent deutlich höher. "Für diese Unterschiede dürfte der zusätzliche Zeitverlust bis zur Wiedereröffnung des Infarktgefäßes verantwortlich sein", so Dr. Gitt.

Quelle:
ESC Abstract P6516 - Gitt et al: Hospital outcome of STEMI admitted to hospitals with and without PCI-facilities: results of MIR-RLP

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Übergewicht in der Schwangerschaft ist gefährlich fürs Herz

Barcelona/Düsseldorf, 3. September 2014 - Starkes Übergewicht während einer Schwangerschaft erhöht das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und die Herzsterblichkeit im späteren Lebensverlauf betroffener Frauen. Das zeigt eine schottische Studie, die beim Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in Barcelona präsentiert wurde. Die Einsicht könnte Bedeutung für künftige Präventionsstrategien haben, so die Studienautoren: "Die Schwangerschaft ist ein Schlüsselmoment, zu diesem Zeitpunkt sind viele Frauen bereit, mehr für ihre Gesundheit zu tun. Das könnte eine Gelegenheit für gezielte Interventionen zur Reduktion des Übergewichts sein", so ihr Fazit.

Das Forscherteam der Universitäten Aberdeen und Edinburgh hatten die Gesundheitsdaten von Frauen ausgewertet, die zwischen 1950 und 1976 ihr erstes Kind geboren haben. Es zeigte sich, dass die Gesamtmortalität in der Gruppe der Frauen, die bei der ersten pränatalen Untersuchung einen BMI von 30 oder mehr aufwiesen, gegenüber der Gruppe mit normalem BMI deutlich erhöht war, auch nach statistischer Adjustierung von Faktoren wie Alter, sozioökonomischer Status; Zigarettenkonsum, Schwangerschaftsdauer zum Zeitpunkt der Gewichtsmessung etc. Außerdem wiesen die in der Schwangerschaft stark übergewichtigen Frauen im späteren Lebensverlauf ein deutlich erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse oder Hospitalisierung aufgrund von Herzerkrankungen auf.

Quelle:
ESC Abstract 3930 - Lee et al: Maternal obesity during pregnancy and premature cardiovascular mortality in later life

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Große europäische Studie: Deutliche Kosteneinsparungen durch Herz-MRT

Barcelona/Düsseldorf, 3. September 2014 - Bei Patienten mit geringem bis mittleren Risiko für das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit (KHK) führt eine Abklärung eines KHK-Verdachts mittels Magnetresonanz-Tomographie des Herzens (Herz-MRT) zu insgesamt deutlich geringeren Diagnostik- und Therapiekosten als eine Koronarangiographie-Abklärung mit oder ohne zusätzliche invasive Druckmessung. Das ist das Ergebnis einer großangelegten europaweiten Studie, an der auch Kliniken in München, Heidelberg und Stuttgart beteiligt waren und die jetzt auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in Barcelona vorgestellt wurden. "Die Herz-MRT-Untersuchung erlaubt in dieser Patientengruppe eine kostengünstige Abklärung, und ihre Prognose ist mit einem kombinierten Endpunkt von nicht-tödlichem Herzinfarkt und kardialem Tod von weniger als einem Prozent im ersten Jahr nach der Untersuchung gut", so Studienleiter Dr. Karine Moschetti von der Universität Lausanne.

Für die Untersuchung wurden jene Kosten berechnet, die aus Sicht der Kostenträger für die Diagnose und Behandlung einer koronaren Herzkrankheit während des ersten Jahres nach Diagnosestellung anfallen, einschließlich der Kosten durch Komplikationen. Dabei wurden drei verschiedene Strategien verglichen: eine Abklärung mittels Herz-MRT - bei positiver Diagnose im Bedarfsfall gefolgt von invasiven Eingriffen zur Gefäßerweiterung (Revaskularisierung); die Abklärung mittels invasiver Koronarangiographie ("Herz-Katheteruntersuchung", PCI) mit Druckmessung der Herzkrankgefäße (fractional flow reserve, FFR); und die PCI-Abklärung ohne Druckmessung der Herzkranzgefäße. Berechnet wurden die Kosten jeweils für die Gesundheitssysteme in Deutschland, der Schweiz und Großbritannien. Die mittleren Kosten für die drei Strategien betrugen jeweils für Deutschland 870, 1.730 und 4.573 Euro; für die Schweiz 3.230, 6.611 bzw. 18.317 Schweizer Franken und für Großbritannien 1.058, 2.041 und 4.274 Pfund.

Dr. Moschetti: "Großangelegte Studien zeigten, dass Patienten ohne Myokard-Ischämie eine gute Prognose ohne die Notwendigkeit einer Revaskularisation aufweisen, hingegen bei Patienten mit einer nachgewiesenen Ischämie die Prognose und Lebensqualität verbessert werden kann, wenn eine gezielte Revaskularisierung durchgeführt wird."

Die Herz-MRT ist eine nicht-invasive und ohne Strahlenbelastung durchführbare Untersuchung, die als effektive Methode zur Abklärung von Patienten mit Verdacht auf eine KHK gilt, so Dr. Moschetti. "Dennoch ist die konventionelle interventionelle Koronarangiographie in vielen Industrieländern noch immer der am häufigsten angewendete Test zur Abklärung der KHK."

"Die Studie belegt Ergebnisse früherer Untersuchungen, in denen die prognostische Bedeutsamkeit von MRT-basierten Funktionsuntersuchungen gezeigt werden konnte, insbesondere auch die mögliche Kostenersparnis durch nicht notwendige, zu häufige Wiederholungsuntersuchungen ", kommentiert Prof. Dr. Eckart Fleck, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) die aktuellen Daten.

Quelle:
ESC Abstract 3068 - Moschetti et al: Cost evaluation and comparison of three decision strategies to revascularize: results of the "Suspected CAD" Protocol of the European CMR Registry

Raute

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit über 8500 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Weitere Informationen unter
www.dgk.org

Kontakt:
Pressesprecher der DGK
Prof. Dr. Eckart Fleck
Pressestelle: Kerstin Krug, Düsseldorf
presse@dgk.org
B & K Kommunikationsberatung
Dr. Birgit Kofler
Büro Berlin: kofler@bkkommunikation.com

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.dgk.org
http://www.dgk.org/presse
http://www.escardio.org

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution737

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Prof. Dr. Eckart Fleck, 01.-03.09.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2014