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HERZ/879: Ticagrelor zur Prävention nach Myokardinfarkt - Hinweis auf geringen Zusatznutzen (idw)


Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) - 01.07.2016

Ticagrelor zur Prävention nach Myokardinfarkt: Hinweis auf geringen Zusatznutzen

Zulassungserweiterung / Nachteile stellen Vorteile bei der Mortalität nicht infrage


Den Zusatznutzen von Ticagrelor für Patientinnen und Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bereits 2011 in seiner allerersten Dossierbewertung untersucht, als das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) gerade in Kraft getreten war. Damals zeigte sich, dass der Wirkstoff Betroffenen mit einem leichteren Herzinfarkt ohne typische EKG-Veränderungen oder mit einer instabilen Angina pectoris einen beträchtlichen Zusatznutzen bietet. Für schwerere Herzinfarkte fehlten entsprechende Belege.

Nun wurde die Zulassung erweitert: Ticagrelor darf gemeinsam mit niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (ASS) auch bei bestimmten Patienten eingesetzt werden, deren Myokardinfarkt mindestens ein Jahr zurückliegt, und zwar zur Prävention atherothrombotischer Ereignisse nach einer einjährigen Anfangstherapie. Das IQWiG hat untersucht, ob der Wirkstoff auch für dieses Anwendungsgebiet Vorteile gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie aufweist. Demnach gibt es einen Hinweis auf einen Zusatznutzen mit dem Ausmaß "gering".

Myokardinfarkt muss ein bis drei Jahre zurückliegen

Die Zulassungserweiterung gilt für Erwachsene mit einem hohen Risiko für ein weiteres atherothrombotisches Ereignis, deren Myokardinfarkt ein bis drei Jahre zurückliegt. Als Risikofaktoren gelten dabei ein Alter von mindestens 65 Jahren, ein medikationsbedürftiger Diabetes mellitus, mehr als ein vorangegangener Myokardinfarkt, eine koronare Herzkrankheit, die mehr als ein Gefäß betrifft, oder eine chronische Nierenfunktionsstörung.

Ticagrelor wird dann gleichzeitig mit ASS zur Prävention eingenommen, und zwar in einer Dosierung von 60 mg, während es in der Anfangstherapie (Myokardinfarkt weniger als ein Jahr zurückliegend) mit 90 mg dosiert wird. Als zweckmäßige Vergleichstherapie hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) eine ASS-Monotherapie unter Fortführung der Basistherapie des Myokardinfarkts und Maßnahmen zum Erreichen einer angemessenen Lebensführung festgelegt.

Nutzenbewertung auf Basis der PEGASUS-Studie

Die Bewertung erfolgte auf Basis der dreiarmigen randomisierten Studie PEGASUS-TIMI 54. Alle Teilnehmer erhielten ASS als Basistherapie unverblindet, außerdem - verblindet - Ticagrelor in den Dosierungen 60 mg und 90 mg oder Placebo. Für die Nutzenbewertung wurden Daten aus dem 60-mg-Arm und dem Placebo-Arm verglichen. Etwa drei Viertel dieser Patientinnen und Patienten entsprachen der Zulassung und bildeten damit die für die Bewertung relevante Teilpopulation.

Vorteile bei Mortalität und Morbidität, aber auch Nachteile

Bei der Gesamtmortalität zeigt sich ein Hinweis auf einen Zusatznutzen der Kombination gegenüber der ASS-Monotherapie. Auch bei den Morbiditätsendpunkten "kardiovaskuläre Mortalität, nicht tödlicher Myokardinfarkt und nicht tödlicher Schlaganfall" sowie "Myokardinfarkt" finden sich Hinweise auf einen Zusatznutzen.

Daten zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität wurden in der Studie nicht erhoben. In der Endpunktkategorie Nebenwirkungen gibt es sowohl beim Abbruch wegen unerwünschter Ereignisse (inklusive Blutungen) als auch bei den schweren Blutungen jeweils einen Hinweis auf einen höheren Schaden und bei den Dyspnoen einen Beleg für einen höheren Schaden durch Ticagrelor.

Diese Nachteile stellen die Vorteile, insbesondere bei der Gesamtmortalität, nicht gänzlich infrage. Zusammenfassend gibt es zur Prävention atherothrombotischer Ereignisse bei Risikopatienten mit einem Myokardinfarkt in der Vorgeschichte einen Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen von Ticagrelor in Kombination mit ASS gegenüber der ASS-Monotherapie.

G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

Die Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß AMNOG, die der G-BA verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.

Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem allgemein verständliche Informationen.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.iqwig.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution906

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)
Dr. Anna-Sabine Ernst, 01.07.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2016

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