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HERZ/1095: Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in München (5) (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung
Pressemitteilungen vom 29. August 2018

Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in München
vom 25. bis 29. August 2018

1. Verschlossene kleine Blutgefäße: Entfernbarer Ballon ist Implantation von permanentem Stent ebenbürt
2. Neue Studie: Wer länger Urlaub macht, lebt länger
3. Low Carb-Ernährung ist gefährlich und sollte gemieden werden
4. Gebrochenes Herz: Krebs verschlechtert die Herz-Kreislauf-Prognose


1. Verschlossene kleine Blutgefäße: Entfernbarer Ballon ist Implantation von permanentem Stent ebenbürt

Ein entfernbarer Ballon ist zur Wiedereröffnung verschlossener kleine Blutgefäße einem implantierten Stent ebenbürtig, hat jedoch eine Reihe von Vorteilen, berichten Kardiologen auf dem Europäischen Kardiologiekongress in München. Die Erweiterung von Blutgefäßen mit Medikamenten-beschichteten Ballons habe die Chance, zur Standardbehandlung von verengten kleinen Blutgefäßen zu werden.

Ein entfernbarer Ballon ist zur Wiedereröffnung verschlossener kleine Blutgefäße einer implantierten permanenten Gefäßstütze ("Stent") ebenbürtig, hat jedoch eine Reihe von Vorteilen. "Ohne ein im Körper verbleibendes Implantat verschwindet das Problem des Gefäßwachstums und der Entstehung von Blutgerinnsel im Stent. Außerdem besteht kein Bedarf mehr an blutgerinnungshemmenden Medikamenten, die das Blutungsrisiko erhöhen", berichtet Professor Dr. Raban Jeger (Basel, CH). Die BASKET-SMALL 2 Studie wurde auf einer Pressekonferenz auf dem Europäischen Kardiologiekongress vorgestellt und im Wissenschaftsjournal The Lancet veröffentlicht. In München kommen von 25. bis 29. August 31.000 Teilnehmer aus 150 Ländern zusammen - der Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) ist einer der weltweit größten Medizinkongresse.

BASKET-SMALL 2 untersuchte 758 Patienten mit einer erstmaligen Verengung einer Arterie mit einem Durchmesser von weniger als 3 Millimeter. Die Patienten wurden in zwei Gruppen eingeteilt, in einer Gruppe wurde ein Medikamenten-beschichteter Stent, in der anderen ein Medikamenten-beschichteter Ballon eingesetzt. Anschließend wurden die Patienten zwölf Monate lang bezüglich Herz-Kreislauf-Sterblichkeit, nicht tödlichen Herzinfarkten, der Notwendigkeit der erneuten Eröffnung wiederverschlossener Blutgefäße sowie schwerer Blutungen untersucht. Fazit: Es zeigten sich keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.

"Das ist der lange erwartete Meilenstein in der klinischen Evidenz der Medikamenten-beschichteten Ballons, die bisher in erster Linie für die Behandlung von In-Stent-Restenosen, also von Wiederverschlüssen in einem Stent, eingesetzt wurden", sagt Prof. Jeger. "Die Erweiterung von Blutgefäßen mit Medikamenten-beschichteten Ballons hat die Chance, zur Standardbehandlung von verengten kleinen Blutgefäßen zu werden."


Quellen:
"BASKET-SMALL 2 - Drug-Coated Balloons vs. Drug- Eluting Stents in Small Vessel Interventions"
Hot Line Session 4, Dienstag
Meet the Trialist - BASKET-SMALL 2

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution737

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2. Neue Studie: Wer länger Urlaub macht, lebt länger

Wer sich Urlaub nimmt, kann damit sein Leben verlängern, kürzere Urlaube sind mit einer höheren Sterblichkeit verknüpft. Diese Ergebnisse der "Helsinki Businessmen Study", die 1.222 männliche Manager umfasste, wurden auf dem Europäischen Kardiologiekongress in München vorgestellt.

Wer sich Urlaub nimmt, kann damit sein Leben verlängern. "Niemand soll glauben, dass man mit einem ansonsten gesunden Lebensstil zu lange Arbeitszeiten und den Verzicht auf Urlaub wettmachen kann. Ferien können eine gute Methode sein, um Stress abzubauen", sagt Professor Dr. Timo Strandberg (Helsinki) auf einer Pressekonferenz des Europäischen Kardiologenkongresses. In München kommen von 25. bis 29. August 31.000 Teilnehmer aus 150 Ländern zusammen - der Kongress der Europäischen Kardiologengesellschaft (ESC) ist einer der weltweit größten Medizinkongresse.

Die von Prof. Strandberg vorgestellte Studie umfasst 1.222 männliche Manager, die zwischen 1919 und 1934 geboren wurden und in die "Helsinki Businessmen Study" eingeschlossen wurden. Teilnehmer hatten zumindest einen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die in München präsentierten Ergebnisse bezogen ein verlängertes Follow-up von 40 Jahren mit ein, bei dem auch Faktoren wie Arbeitszeiten, Schlafdauer und Urlaubszeiten berücksichtigt wurden. In einer Interventionsgruppe wurden Teilnehmer fünf Jahre lang alle vier Monate mündlich und schriftlich zu einem gesunden Lebensstil aufgefordert und bekamen bei Bedarf Medikamente gegen Risikofaktoren. Mitglieder der Kontrollgruppe erhielten bloß eine übliche Behandlung.

Fazit: In der Interventionsgruppe zeigte sich, dass kürzere Urlaube mit einer höheren Sterblichkeit verknüpft waren. Studienteilnehmer mit drei Wochen oder weniger Jahresurlaub hatten ein um 37 Prozent erhöhtes Risiko, zwischen 1974 und 2004 zu versterben, als Studienteilnehmer mit längerer Urlaubszeit. "Studienteilnehmer mit kürzeren Urlauben arbeiteten länger und schliefen weniger als jene mit längeren Urlauben. Dieser stressreiche Lebensstil hat vermutlich einen stärkeren Einfluss, als die Gesundheits-Interventionen Vorteile bringen", so Prof. Strandberg. "Stressreduktion sollte ein wesentlicher Bestandteil von Programmen sein, die auf eine Verringerung der Risiken für kardiovaskuläre Krankheiten abzielen."

Zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Ereignissen bei Menschen mit hohem Risiko sollten Ratschläge zum Lebensstil vernünftig mit modernen Medikamenten kombiniert werden, empfiehlt Prof. Strandberg.


Quellen:
ESC Abstract: Strandberg et al.: Increased mortality despite successful multifactorial cardiovascular risk reduction in healthy men. 40-year follow-up of the Helsinki businessmen study intervention trial?; J Nutr Health & Aging. 2018, in press.
Pressekonferenz: Is this really good for you? Challenging conventional wisdom

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution737

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3. Low Carb-Ernährung ist gefährlich und sollte gemieden werden

Eine Ernährung mit sehr wenigen Kohlenhydraten ist gefährlich und sollte gemieden werden. Menschen mit einer langfristigen Low Carb-Diät haben ein erhöhtes Risiko eines vorzeitigen Todes, auch die Risiken für Todesursachen wie Herzerkrankungen, Schlaganfall und Krebs sind bei ihnen erhöht. Diese Ergebnisse einer Studie aus Polen wurden auf dem Europäischen Kardiologiekongress in München präsentiert.

Eine Ernährung mit sehr wenig Kohlenhydraten (Low Carb) ist gefährlich und sollte gemieden werden. "Menschen mit einer Low Carb-Ernährung haben ein erhöhtes Risiko eines vorzeitigen Todes. Auch die Risiken für individuelle Todesursachen wie Herzerkrankungen, Schlaganfall und Krebs sind erhöht", sagt Professor Dr. Maciej Banach (Lodz, Polen) auf einer Pressekonferenz des Europäischen Kardiologiekongresses. In München werden von 25. bis 29. August 31.000 Teilnehmer aus 150 Ländern zusammen kommen - der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) ist einer der weltweit größten Medizinkongresse.

Die Studie von Prof. Banach untersuchte den Zusammenhang zwischen Diäten mit einem niedrigen Kohlenhydrateanteil, der Gesamtsterblichkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs bei 24.825 Teilnehmern des US National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) zwischen den Jahren 1999 und 2010. Im Vergleich zu Teilnehmern mit dem höchsten Kohlenhydratekonsum hatten innerhalb eines Beobachtungszeitraumes von durchschnittlich 6,4 Jahren jene mit dem niedrigsten eine um 32 Prozent erhöhte Gesamtsterblichkeit. Das Risiko eines Todes infolge einer Herzkrankheit war um 51 Prozent erhöht, einer zerebrovaskulären Krankheit inklusive Gehirnschlag um 50 Prozent, und von Krebs um 35 Prozent.

"Eine Ernährung mit wenig Kohlenhydraten kann kurzfristig sinnvoll sein um Gewicht zu verlieren, den Blutdruck zu senken und die Glukosekontrolle zu verbessern", sagt Prof. Banach, doch langfristig stehen solche Ernährungsgewohnheiten mit einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko in Zusammenhang.

Die Studie untersuchten auch den Zusammenhang zwischen der Gesamtsterblichkeit und Low Carb-Diäten bei Übergewichtigen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 oder mehr, und nicht Übergewichtigen mit einem BMI von weniger als 30, in zwei Altersgruppen (55 Jahre und mehr gegenüber unter 55). Der Zusammenhang war am stärksten bei den nicht übergewichtigen älteren Teilnehmern.

Zu den möglichen Mechanismen, die hinter solchen Zusammenhängen stehen können, sagt Professor Banach: "Eventuell spielt die niedrigere Einnahme von Ballaststoffen und Früchten, der erhöhte Konsum von tierischen Proteinen, Cholesterin und gesättigten Fetten bei diesen Diäten eine Rolle. Auch Unterschiede bei Mineralien, Vitaminen und sekundären Phytochemikalien können bedeutsam sein."


Quellen:
ESC Abstract Nr. 88255: Mazidi et al.: Low carbohydrate diets and all cause and cause specific mortality: a population based cohort study and pooling prospective studies
Poster Session 6: Nutrition, malnutrition and heart disease

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4. Gebrochenes Herz: Krebs verschlechtert die Herz-Kreislauf-Prognose

Patienten mit gebrochenem Herzen ("Broken Heart Syndrom") haben ein doppelt so hohes Risiko, innerhalb von drei Jahren an einer Herz-Kreislauf-Krankheit zu versterben oder erneut in ein Krankenhaus zu müssen, wenn sie aktuell oder zuvor an Krebs erkrankten, als wenn das nicht der Fall ist. Patienten mit einem Broken Heart Syndrom und Krebs brauchen deshalb strikte medizinische Überwachung, so Forscher aus Deutschland und Italien auf dem Europäischen Kardiologiekongress in München.

Patienten mit gebrochenem Herzen haben ein doppelt so hohes Risiko, innerhalb von drei Jahren an einer Herz-Kreislauf-Krankheit zu versterben oder erneut in ein Krankenhaus zu müssen, wenn sie aktuell oder zuvor an Krebs erkrankten, als wenn das nicht der Fall ist. "Patienten mit einem Broken Heart Syndrom und Krebs brauchen deshalb strikte medizinische Überwachung", sagt Dr. Francesco Santoro (Hamburg) auf einer Pressekonferenz auf dem Europäischen Kardiologiekongress. In München kommen von 25. bis 29. August 31.000 Teilnehmer aus 150 Ländern zusammen, womit der Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) einer der weltweit größten Medizinkongresse ist.

Die Studiengruppe mit Forschern aus Italien und Deutschland hatte in einer Metaanalyse drei Studien mit 554 Patienten untersucht, die wegen eines gebrochenen Herzens in ein Krankenhaus aufgenommen wurden, jeder fünfte hatte aktuell oder zuvor eine Krebserkrankung. Das Risiko für ein lebensbedrohliches Herz-Kreislauf-Event, für eine Wiedereinweisung in ein Krankenhaus sowie die Sterblichkeit wegen eines Herz-Kreislauf-Problems innerhalb von drei Jahren war in der Gruppe mit akuter oder vorangegangener Krebserkrankung signifikant höher als in der Kontrollgruppe ohne Krebserkrankung. Das Risiko nach der Krankenhaus-Entlassung war in der Krebs-Gruppe doppelt so hoch wie in der Gruppe ohne Krebs.

Die Studienautoren wollen nun die genauen Ursachen für diese Entwicklung untersuchen, gehen aber davon aus, dass diese Patienten von einer Standardbehandlung für Herzschwäche profitieren.

Das gebrochene Herz, auch als Broken Heart Syndrom oder Takotsubo-Syndrom bezeichnet, ist ein Typ von Herzschwäche, der plötzlich auftritt und nach Tagen oder Wochen wieder abklingt. Erhöhte Niveaus von Stresshormonen dürften dafür verantwortlich sein. Die Symptome ähneln jenen eines Herzinfarkts. Etwa 30 Prozent der Takotsubo-Syndrome werden durch emotionale Trigger wie Trauer, Ärger oder finanzielle Probleme ausgelöst, aber auch durch freudvolle Momente wie Geburtstage oder Hochzeiten. Bei etwa 40 Prozent der betroffenen Patienten gibt es körperliche Auslöser wie chirurgische Eingriffe, in 30 Prozent der Fälle ist der Auslöser unbekannt. Frühere Studien legten nahe, dass Krebs ein körperlicher Trigger sein könnte.


Quellen:
ESC-Abstract Nr. 87097; N. Tarantino et al: Takotsubo syndrome in patients with malignancies: a metanalysis.
Pressekonferenz: The mind and the heart
Rapid fire abstract session Cardiovascular events in malignancies: from prediction to prevention

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Über die Europäische Gesellschaft für Kardiologie
Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) vereinigt Medizinerinnen, Mediziner und Angehörige anderer Gesundheitsberufe aus mehr als 150 Ländern. Sie setzt sich dafür ein, die Herz-Kreislauf-Medizin weiter zu entwickeln und unterstützt die Menschen dabei, länger und gesünder zu leben.

Über den ESC-Kongress 2018
Der ESC-Kongress ist weltweit die größte und einflussreichste wissenschaftliche Veranstaltung im Bereich der Herz-Kreislauf-Medizin. Der ESC-Kongress 2018 findet vom 25. bis 29. August in der Messe München satt. Das wissenschaftliche Programm ist hier zu finden.


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Pressemitteilungen vom 29. August 2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2018

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