Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) - 21.11.2016
Schweinefleisch ist nach wie vor eine bedeutende Infektionsquelle des Menschen mit Salmonellen
BVL veröffentlicht Bericht zum Zoonosen-Monitoring 2015
Die Ergebnisse des repräsentativen Zoonosen-Monitorings 2015, die das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) heute veröffentlicht hat, zeigen, dass Schweine zum Teil Träger von Salmonellen sind (5 bis 10 % positive Kotproben) und es im Rahmen der Schlachtung zu einer Kontamination der Schlachtkörper und des Fleisches mit eingetragenen Keimen kommen kann. Insbesondere aufgrund des teilweise üblichen Rohverzehrs (z. B. als Mett) geht von Schweinefleisch ein potenzielles Risiko für eine Infektion des Menschen mit Salmonellen aus. Die Ergebnisse der Resistenzuntersuchungen zeigen, dass Bakterien, die von Läufern (Schweine vor der Hauptmast bis 30 kg) und Mastkälbern bzw. Jungrindern stammen, die höchsten Resistenzraten bei diesen Tierarten aufweisen. Dies spiegelt die häufige Antibiotikagabe bei diesen Tiergruppen wider.
Im Rahmen des Zoonosen-Monitorings 2015 wurden insgesamt 6.106 Proben auf allen Ebenen der Lebensmittelkette durch die Überwachungsbehörden der Bundesländer genommen und von den Untersuchungseinrichtungen auf das Vorkommen der wichtigsten über Lebensmittel übertragbaren Erreger untersucht. Dabei wurden 2.063 Bakterien-Isolate gewonnen und in den Nationalen Referenzlaboratorien am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) weitergehend charakterisiert und auf ihre Resistenz gegen ausgewählte Antibiotika untersucht. Die wichtigsten Ergebnisse sind:
•Salmonellen
Die Ergebnisse der Untersuchungen aus Ferkelerzeugerbetrieben zeigen, dass
Zuchtsauen (5,6 % positive Kotproben) und insbesondere Läufer (10,3 %
positive Kotproben) Träger von Salmonellen sind. Dieses Ergebnis
verdeutlicht, wie wichtig die Salmonellenbekämpfung bereits auf Ebene der
Zuchtbetriebe ist, um die Einschleppung von Salmonellen über infizierte
Ferkel in die Mastbetriebe zu verhindern. Die Ergebnisse der Untersuchungen
an Schlachthöfen zeigen, dass es im Rahmen der Schlachtung zu einer - wenn
auch im Vergleich zur Geflügelschlachtung geringeren -Verschleppung von
eingetragenen Salmonellen auf die Schlachtkörper (4,5 % positive Proben)
kommt. Frisches Schweinefleisch aus dem Einzelhandel war zu 0,4 % mit den
Erregern verunreinigt. Trotz der relativ geringen Kontaminationsrate mit
Salmonellen stellt Schweinefleisch aufgrund des teilweise üblichen
Rohverzehrs nach wie vor eine bedeutende Infektionsquelle für den Menschen
mit Salmonellen dar. Rohes Hackfleisch und Rohwurstprodukte sind aus diesem
Grund keine geeigneten Lebensmittel für empfindliche Verbrauchergruppen wie
Kleinkinder, ältere und immungeschwächte Menschen und Schwangere.
•Verotoxinbildende Escherichia coli (VTEC)
Die Ergebnisse der Untersuchungen in der Lebensmittelkette
Mastkälber/Jungrinder liegen auf demselben Niveau wie im Zoonosen-Monitoring
der Vorjahre. In 25,7 % der Proben von Blinddarminhalt von Mastkälbern und
Jungrindern am Schlachthof und in 0,9 % der Proben von frischem Rindfleisch
aus dem Einzelhandel wurden VTEC nachgewiesen. Die Ergebnisse bestätigen,
dass Mastkälber und Jungrinder eine Quelle für Infektionen des Menschen mit
VTEC darstellen, zumal unter den VTEC-Isolaten auch O-Gruppen nachgewiesen
wurden, die als häufige Erreger von EHEC-Infektionen und des hämolytisch
urämischen Syndroms (HUS) bekannt sind.
•Koagulase positive Staphylokokken
Koagulase positive Staphylokokken sind Bakterien, die sich unter geeigneten
Bedingungen in Lebensmitteln vermehren können und dabei Enterotoxine bilden,
die bereits wenige Stunden nach der Aufnahme zu einer Lebensmittelvergiftung
führen können. Sie wurden in Proben von Schafs-und Ziegenkäse aus Rohmilch
häufig nachgewiesen (9,3 % positive Proben). In 1,2 % der Proben lag die
Keimzahl oberhalb des kritischen Wertes von 100.000 koloniebildenden
Einheiten pro Gramm, ab dem der Käse nur in den Verkehr gebracht werden darf,
wenn die Freiheit von Staphylokokken-Enterotoxin durch eine Untersuchung
nachgewiesen wird. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass bei der Gewinnung von
Rohmilch höchste Anforderungen an die Eutergesundheit der milchliefernden
Tiere gestellt werden müssen und eine strenge Personal- und
Produktionshygiene eingehalten werden muss, da sich in der Milch vorhandene
Staphylokokken während des Käsungsprozesses zu bedenklichen Keimzahlen
vermehren können.
•Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA)
MRSA zeichnen sich durch eine Resistenz gegen sämtliche
Beta-Laktam-Antibiotika (Penicilline und Cephalosporine) aus. Meist sind sie
auch noch gegen weitere Klassen von antimikrobiellen Substanzen
unempfindlich. Sie kommen in der Lebensmittelkette Mastschwein häufig vor:
26,3 % der Proben aus dem Wartebereich von Zuchtsauen waren positiv für MRSA.
Die Nachweisrate von MRSA in Proben aus dem Aufzuchtbereich von Läufern war
mit 41,3 % noch signifikant höher. Dieses Ergebnis verdeutlicht, dass von den
weiter vermarkteten Läufern ein Risiko für die Einschleppung von MRSA in die
Mastbetriebe ausgeht. Die Schlachtkörper von Mastschweinen und frisches
Schweinefleisch waren zu etwa 20 % bzw. 13 % mit MRSA kontaminiert. Nach dem
gegenwärtigen Stand der Wissenschaft scheint die Übertragung von MRSA auf den
Menschen über den Verzehr von Lebensmitteln zwar von untergeordneter Rolle zu
sein. Für Menschen, die häufig Kontakt zu Tierbeständen haben, besteht aber
ein erhöhtes Risiko, Träger von Nutztier-assoziierten MRSA-Stämmen zu werden.
•ESBL/AmpC-bildende E. coli
Extended-Spectrum-Beta-Laktamase (ESBL) und AmpC-Beta-Laktamase (AmpC)
bildende Bakterien zeichnen sich dadurch aus, dass sie Enzyme bilden, die die
Wirksamkeit von Penicillinen und Cephalosporinen herabsetzen bzw. aufheben,
sodass sie resistent gegenüber diesen Antibiotika sind. Sie wurden mittels
selektiver Verfahren in etwa der Hälfte der untersuchten Kotproben von
Zuchtsauen, Läufern (47,6 % positive Proben) und Mastschweinen (53,9 %
positive Proben) nachgewiesen. Im Blinddarminhalt von Mastkälbern und
Jungrindern am Schlachthof wurden ESBL/AmpC-bildende E. coli mit 60,6 %
positiver Proben noch häufiger nachgewiesen als bei Schweinen. Frisches
Schweinefleisch und frisches Rindfleisch wiesen eine Kontaminationsrate mit
ESBL/AmpC-bildenden E. coli von 5,7 % bzw. 4,0 % auf. Nach dem derzeitigen
wissenschaftlichen Kenntnisstand ist davon auszugehen, dass
ESBL/AmpC-bildende E. coli auch über Lebensmittel auf den Menschen übertragen
werden können, wobei sich das Infektionsrisiko gegenwärtig nicht genau
abschätzen lässt.
•Dunker'scher Muskelegel
Der Dunker'sche Muskelegel ist die Mesozerkarie (Zwischenstadium) des
parasitischen Saugwurms Alaria alata. Er wurde als Zufallsbefund im Rahmen
der Trichinenuntersuchung bei Wildschweinen wiederholt vereinzelt
nachgewiesen. Im Zoonosen-Monitoring waren insgesamt 4,7 % der untersuchten
Wildschweinproben positiv für den Dunker'schen Muskelegel. Die Ergebnisse
bestätigen, dass Wildschweinfleisch eine potenzielle Quelle für eine
Infektion des Menschen mit dem Dunker'Äschen Muskelegel darstellt. Allerdings
sind bisher nur wenige Erkrankungsfälle beim Menschen aus Nordamerika
bekannt, die nach dem Verzehr von unzureichend erhitztem
mesozerkarienhaltigen Wildfleisch auftraten und u. a. mit Atemwegsbeschwerden
einhergingen. Die Ergebnisse unterstreichen die Empfehlung,
Wildschweinfleisch vor dem Verzehr gründlich durchzuerhitzen. Aus Gründen des
vorbeugenden Verbraucherschutzes sollte Wildschweinfleisch, das mit dem
Dunker'schen Muskelegel infiziert ist, nicht in den Verkehr gebracht werden.
Resistenzlage
Die Resistenzraten waren im Zoonosen-Monitoring 2015 insgesamt gegenüber den
Vorjahren eher rückläufig. Als problematisch wird aber die zu beobachtende
zunehmende Resistenz von MRSA-Isolaten gegenüber dem in der Humanmedizin
wichtigen Wirkstoff Ciprofloxacin und gegenüber weiteren wichtigen
Antibiotika gesehen.
Die E. coli-Isolate aus der Schweinefleischkette waren zu 50 % bis 70 % resistent gegenüber mindestens einer der getesteten antibiotischen Substanzen. Isolate von Läufern wiesen gegenüber vielen antibiotischen Substanzen die höchsten Resistenzraten auf, was vermutlich mit der häufigen Gabe von Antibiotika bei dieser Tiergruppe im Zusammenhang steht. E. coli-Isolate aus dem Blinddarminhalt von Mastkälbern und Jungrindern wiesen eine höhere Resistenzrate (46,1 %) auf als Isolate aus Rindfleisch, die nur zu 11,5 % gegenüber mindestens einer der antibiotischen Substanzen resistent waren. Auch dies spiegelt Unterschiede in der Häufigkeit der Behandlung von Mastkälbern/Jungrindern und Mastrindern - von denen in der Regel das Rindfleisch stammt - mit Antibiotika wider.
Bei der Interpretation der Ergebnisse der Resistenzuntersuchungen muss beachtet werden, dass die minimalen Hemmkonzentrationen (MHK) anhand der epidemiologischen Cut-Off-Werte bewertet wurden. Diese bestimmen den Anteil mikrobiologisch resistenter Isolate und geben frühzeitig Hinweise auf eine beginnende Resistenzentwicklung, erlauben aber keine unmittelbare Aussage über die Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolges mit einem Antibiotikum.
Der vollständige Bericht zum Zoonosen-Monitoring 2015 ist online
abrufbar unter:
www.bvl.bund.de/ZoonosenMonitoring
Verbrauchertipps zum Schutz gegen lebensmittelbedingte Infektionen sind
dargestellt unter:
www.bvl.bund.de/lebensmittelhygiene
Eine Empfehlung zum Umgang mit rohem Fleisch kann hier eingesehen werden:
www.bfr.bund.de/de/presseinformation/2012/11/hackepeter_und_rohes_mett_sind_nichts_fuer_kleine_kinder_-129122.html
• Hintergrund
Zoonosen sind Krankheiten bzw. Infektionen, die auf natürlichem Weg direkt oder indirekt zwischen Tieren und Menschen übertragen werden können. Zoonoseerreger können von Nutztieren zum Beispiel während der Schlachtung und Weiterverarbeitung auf das Fleisch übertragen werden. Mit Zoonoseerregern kontaminierte Lebensmittel stellen eine wichtige Infektionsquelle für den Menschen dar. Häufige Erreger lebensmittelbedingter Infektionen sind Campylobacter spp. und Salmonella spp. Infektionen mit Listeria monocytogenes oder verotoxinbildende E. coli (VTEC) treten seltener auf. Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) und ESBL/AmpC-bildende E. coli sind weltweit verbreitete Erreger von zum Teil schwerwiegenden Krankenhausinfektionen. Bei Nutztieren hat sich ein spezifischer Typ von MRSA ausgebreitet. Eine Besiedlung des Menschen mit diesen "Nutztier-assoziierten" MRSA-Stämmen scheint jedoch nur in seltenen Fällen zu schweren Krankheitserscheinungen zu führen.
Basierend auf der Richtlinie 2003/99/EG zur Überwachung von Zoonosen und Zoonoseerregern sind alle EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, repräsentative und vergleichbare Daten über das Auftreten von Zoonosen und Zoonoseerregern sowie diesbezüglicher Antibiotikaresistenzen in Lebensmitteln, Futtermitteln und lebenden Tieren zu erfassen, auszuwerten und zu veröffentlichen, um so Aufschluss über Entwicklungstendenzen und Quellen von Zoonosen und Zoonoseerregern zu erhalten. Dabei werden vor allem diejenigen Zoonoseerreger überwacht, die eine besondere Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen. Das Zoonosen-Monitoring wird von den Bundesländern seit dem Jahr 2009 auf Grundlage einer Verwaltungsvorschrift bundesweit einheitlich jährlich im Rahmen der amtlichen Lebensmittel- und Veterinärüberwachung durchgeführt. Die von den Bundesländern erhobenen Untersuchungsergebnisse werden vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gesammelt, ausgewertet und zusammen mit den Ergebnissen der Typisierung und Resistenztestung sowie der Bewertung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) im Bericht über die Ergebnisse des jährlichen Zoonosen-Monitorings veröffentlicht. Das BfR übermittelt die Ergebnisse gemäß den Bestimmungen des Artikels 9 der Richtlinie 2003/99/EG an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).
Im Zoonosen-Monitoring werden repräsentative Daten zum Vorkommen von Zoonoseerregern bei den wichtigsten Lebensmittel liefernden Tierarten und Produkten gewonnen, die es ermöglichen, das Infektionsrisiko für Verbraucher durch den Verzehr von Lebensmitteln abzuschätzen. Die Resistenzuntersuchungen verbessern die Datenlage in diesem Bereich und tragen dazu bei, Beziehungen zwischen dem Antibiotikaeinsatz in der Tierproduktion und der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen besser analysieren zu können.
Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/de/attachment53881
PI Zoonosen-Monitoring 2015
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution914
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Nina Banspach, 21.11.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 24. November 2016
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