Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, Sonja Opitz, Abteilung, 28.02.2018
Wasser in der Brust - neue Erkenntnisse zum Pleuraerguss
Vor allem Lungenkrebspatienten leiden an malignem Pleuraerguss, bei dem sich Flüssigkeit zwischen Lungen- und Rippenfell ansammelt. Forscherinnen und Forscher am Helmholtz Zentrum München, Partner im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL), hatten vergangenes Jahr einen neuen Mechanismus entdeckt, wie es dazu kommt. Die aktuelle Arbeit in 'Nature Communications' verfeinert das mechanistische Bild weiter.
Ein maligner Pleuraerguss (MPE) tritt häufig bei Patientinnen und Patienten mit metastasierendem Brust- beziehungsweise Lungenkrebs auf. Dabei handelt es sich um eine übermäßige Flüssigkeitsansammlung im Brustkorb zwischen Lungen- und Rippenfell, begleitet von bösartigen Zellen. Die Lunge ist von Flüssigkeit umgeben, was unter anderem zu Atemnot und Brustschmerzen (bis hin zum Tod) führen kann.
"Nach wie vor ist die Ursache nicht vollends verstanden, was die Suche nach geeigneten Therapien erschwert", erklärt Prof. Dr. Georgios Stathopoulos, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Lungenbiologie (ILBD) und Comprehensive Pneumology Center (CPC) am Helmholtz Zentrum München. "Allerdings sind wir auf diesem Weg nun ein gutes Stück weitergekommen."
In der aktuellen Arbeit baute das Team auf Erkenntnissen auf, die sie im Mai 2017 ebenfalls in 'Nature Communications' publiziert hatten. "Damals konnten wir zeigen, dass Krebszellen mit einer bösartigen Mutation im KRAS-Gen* den Pleuraerguss auslösen", so Dr. Antonia Marazioti, Erstautorin vom Labor für Molecular Respiratory Carcinogenesis der Universität Patras in Griechenland, welches Georgios Stathopoulos in enger Vernetzung mit seiner ILBD/CPC-Tätigkeit am Helmholtz Zentrum München ebenfalls leitet.
Dieses Wissen konnten die Autoren nun erweitern. "Unsere Versuche zeigen, dass in den mutierten Krebszellen durch Entzündungsbotenstoffe des Immunsystems - vor allem das sogenannte Interleukin-1β - ein Signalweg aktiviert wird, der langfristig den Pleuraerguss auslösen kann", erklärt Stathopoulos. Bei dem Signalweg spielt das Molekül IKKα** eine entscheidende Rolle, indem es wiederum weitere Botenstoffe (CXCL1) aussendet, die zu einer starken Entzündungsreaktion führen (siehe Grafik). "In der Folge wandern Immunzellen über die Milz in die Pleurahöhle ein und verursachen dort die Flüssigkeitsansammlung", erklärt der Lungenkrebsexperte.
Um zu überprüfen, inwieweit die Ergebnisse künftig auch für die Therapie relevant sein könnten, versuchten die Forscher den entdeckten Signalweg im Versuchsmodell von zwei Seiten zu unterbinden. Dazu setzten sie sowohl einen Hemmstoff für KRAS, als auch für IKKα ein. "Tatsächlich ließ sich durch diese Doppelstrategie sowohl das Auftreten, als auch das Voranschreiten eines MPE signifikant reduzieren", beschreibt Stathopoulos die Ergebnisse. Auch ließen sich so Resistenzen gegen eine Einzelbehandlung reduzieren.
"Fast zwei Drittel aller MPEs sind die Folge einer Lungenkrebserkrankung. Angesichts der nach wie vor zahlreichen Raucher sind entsprechende Therapien dringend nötig", so Georgios Stathopoulos. "Unsere Ergebnisse lassen vermuten, dass Medikamente gegen den von uns gefundenen Mechanismus eine Therapieoption werden könnten. Hier wollen wir künftig weiter in die Tiefe gehen und die Ergebnisse zusammen mit der Asklepios Klinik in Gauting auch im translationalen Ansatz an Lungentumorpatienten weiter bestätigen."
* KRAS ist bekannt dafür, eine entscheidende Rolle für das Wachstum verschiedener bösartiger Tumoren zu besitzen.
** IKKα steht für inhibitor of nuclear factor-κΒ kinase α
Hintergrun
d:
Die Koautoren Malamati Vreka und Georgia A. Giotopoulou sind Doktoranden
in der CPC Research School und Teilnehmer am
Doktoranden-Ausbildungsprogramms Helmholtz Graduate School Environmental Health, kurz
HELENA.
Original-Publikation:
Marazioti, A. et al. (2018): Myeloid-derived Interleukin-1β drives
oncogenic KRAS-NF-κΒ addiction in malignant pleural effusion. Nature
Communications
DOI: 10.1038/s41467-018-03051-z
Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für
Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose,
Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes
mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das
Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz
des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum
München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der
Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und
medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören.
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Das Institut für Lungenbiologie (ILBD) gehört dem Comprehensive Pneumoloy
Center (CPC) an, einem Zusammenschluss des Helmholtz Zentrums München mit
dem Universitätsklinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München und
den Asklepios Fachkliniken München-Gauting. Ziel des CPC ist die
Erforschung chronischer Lungenerkrankungen, um neue diagnostische und
therapeutische Strategien zu entwickeln. Das ILBD führt mit der
Untersuchung zellulärer, molekularer und immunologischer Mechanismen von
Lungenerkrankungen den Schwerpunkt der experimentellen Pneumologie an. Das
CPC ist ein Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL).
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Das Deutsche Zentrum für Lungenforschung (DZL) ist ein nationaler Verbund,
der Experten auf dem Gebiet der Lungenforschung bündelt und
Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung verzahnt.
Standorte sind Borstel/Lübeck/Kiel/Großhansdorf, Gießen/Marburg/Bad
Nauheim, Hannover, Heidelberg und München. Ziel des DZL ist es, über einen
neuartigen, integrativen Forschungsansatz Antworten auf offene Fragen in
der Erforschung von Lungenkrankheiten zu finden und damit einen
wesentlichen Beitrag zur Verbesserung von Prävention, Diagnose und
Therapie zu leisten.
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*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt
Sonja Opitz, Abteilung, 28.02.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2018
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