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SCHMERZ/614: Clusterkopfschmerz - Schwerste Schmerzattacken zeitlich gehäuft (SHÄB)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 11/2011

Schmerztherapie
Clusterkopfschmerz: Schwerste Schmerzattacken zeitlich gehäuft

Von Prof. Hartmut Göbel


Clusterkopfschmerz stand im Fokus eines bundesweiten Symposiums der Kieler Schmerzklinik.


"Bei mir hat es fünfeinhalb Jahre gedauert, bis die Diagnose gestellt wurde. Ich hatte zwischendurch angeblich alles Mögliche - und wurde natürlich auch immer mit den verschiedensten Medikamenten und Therapien behandelt. Ich weiß gar nicht mehr, was ich da alles bekommen habe", erinnert sich Chemiker Harald Müller. Er ist Präsident des Bundesverbandes der Clusterkopfschmerz-Selbsthilfegruppen, CSG e.V. Bundesweit gibt es mittlerweile 32 Selbsthilfegruppen, die vernetzt sind und eng mit Ärzten zusammenarbeiten. "Das ist wirklich unglaublich wichtig - auch für die Ärzte. Schließlich tauschen wir uns in der Selbsthilfegruppe intensiv aus. Und da diese Krankheit so selten ist, ist es natürlich gut, den Verlauf bei allen Betroffenen zu vergleichen und Daten zu sammeln." Das betont auch Prof. Hartmut Göbel, Chefarzt der Schmerzklinik Kiel. In Deutschland sind schätzungsweise 240.000 Menschen betroffen. Zusammen mit dem CSG e.V. hat Göbel vor fünf Jahren das überregionale Clusterkopfschmerz-Competenz-Centrum gegründet, um auch bundesweit gemeinsame Forschungsprojekte zur Verbesserung der Versorgung umsetzen zu können. Noch immer ist der Clusterkopfschmerz auch vielen Ärzten unbekannt. Im Schnitt dauert es acht Jahre, bis die Diagnose gestellt wird. Acht Jahre, in denen Patienten unnötige Therapien ausprobieren, die Schmerzen trotzdem nicht besser werden und die psychische Belastung zunimmt. Dabei sei die Diagnose eigentlich ganz einfach, so Prof. Hartmut Göbel: "Der Arzt muss nur wissen, dass es diese Krankheit gibt und wie sie abläuft. Dann ist die Diagnose oft eindeutig: Hinter dem Auge treten plötzlich ganz starke Schmerzen auf, so als ob das Auge mit einem glühenden Messer herausgestochen wird. Das Auge ist hochrot, tränt, die Nase läuft und der Betroffene verspürt einen starken Bewegungsdrang. Es sind die schwersten Schmerzattacken, die Menschen erleiden müssen. Und diese Attacken können dann bis zu acht Mal täglich auftreten." Daher hat der Clusterkopfschmerz auch seinen Namen. Cluster heißt wörtlich "Haufen" und meint in diesem Zusammenhang: zeitlich gehäuft. Denn die Attacken treten periodisch auf. Monate lang hat der Patient keine Beschwerden und dann plagen ihn wochenlang die Schmerzen. In so einer Schmerzphase sei an ein normales Arbeitsleben nicht zu denken, so Harald Müller. "Diese Krankheit zieht so vieles nach sich - auch im sozialen Umfeld, im Arbeitsleben, überall. Aber man kann die Krankheit sehr gut in den Griff bekommen - auch wenn sie noch nicht heilbar ist." So nimmt Müller vorbeugend Medikamente, trägt eine Sonnenbrille, wenn es hell ist und weiß, was er einnehmen muss, wenn er eine akute Attacke bekommt. Und genau dieses Wissen möchten er und die CSG e.V. weitergeben - an Betroffene, Ärzte und Öffentlichkeit. Deswegen wird er auch beim nächsten Symposium wieder dabei sein. Denn es ist ein langer Weg, bis Clusterkopfschmerz auch in den Köpfen der Menschen angekommen ist, die ihn nicht selber erleben.


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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 11/2011 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2011/201111/h11114a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Clusterkopfschmerzen treten einseitig im Augenbereich auf. Die Attacken dauern 15 Minuten bis drei Stunden an und können bis zu achtmal pro Tag ausbrechen. Das Auge ist gerötet und tränt, die Nase ist verstopft und läuft.


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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt November 2011
64. Jahrgang, Seite 53
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Dezember 2011