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KREBS/839: 8.000 Spezialisten beim Deutschen Krebskongreß in Berlin (SHÄB)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 4/2010

8.000 Spezialisten beim Deutschen Krebskongress in Berlin
Fortschritte in der Krebstherapie sorgen für Aufbruchstimmung

Von Uwe Groenewold


Bei der wissenschaftlichen Tagung wurde deutlich, dass Experten aus Schleswig-Holstein großen Anteil an den Fortschritten in der Therapie haben.


Mehr als 8.000 Krebsspezialisten aus ganz Deutschland haben den 29. Deutschen Krebskongress Ende Februar in Berlin zu einem herausragenden wissenschaftlichen Ereignis gemacht. Dazu beigetragen haben auch eine Reihe schleswig-holsteinischer Ärzte, die in ihren Vorträgen auf die demografische Entwicklung und die damit verbundenen Probleme, die Behandlung von Haut- und Brustkrebs sowie auf die Strahlentherapie eingingen.

In der Onkologie herrscht Aufbruchstimmung: Molekulare Behandlungsmethoden, die zielgerichtet Krebszellen abtöten, und biotechnische Diagnoseverfahren, die exakt die Patienten bestimmen, die von den neuen Therapien profitieren können, eröffnen Krebsmedizinern neue Perspektiven hin zu einer personalisierten Behandlung. Trotz stetig steigender Fallzahlen sinkt die Sterblichkeit. "Wir sind auf dem Weg zu dem Paradigma, dass Krebs eine chronische Erkrankung wird, die wir zwar nicht heilen, wohl aber beherrschen können", sagte Prof. Wolff Schmiegel aus Bochum beim 29. Deutschen Krebskongress in Berlin. Angesichts von 450.000 Neuerkrankungen und 210.000 Todesfällen jährlich in Deutschland "sind wir weit davon entfernt, das Problem Krebs als gelöst zu betrachten", sagte Kongresspräsident Schmiegel. "Doch wir bewegen uns auch längst nicht mehr im Bereich Wunschdenken. Es gibt ganz konkrete Beispiele für eine Erfolg versprechende individualisierte Therapie." Darüber hinaus zeigen die flächendeckenden Früherkennungsuntersuchungen etwa bei Brust- und Darmkrebs sowie die Behandlung möglichst vieler Patienten in zertifizierten Tumorzentren Wirkung: Ein früh erkannter Krebs ist heilbar, so Schmiegel, und Patienten, die sich in einem qualitätsgeprüften Tumorzentrum nach den aktuellsten Empfehlungen der medizinischen Fachgesellschaften behandeln lassen, haben eine nachweisbar bessere Prognose.

Krebserkrankungen nehmen weiterhin zu (siehe Kasten): Dem neuesten Bericht des Schleswig-Holsteinischen Krebsregisters zufolge erkrankten 2007 in Schleswig-Holstein 23.042 Personen (12.072 Männer und 10.970 Frauen) neu an Krebs, rund 800 mehr als im Vorjahr. Brustkrebs ist mit 2.777 Neuerkrankungen das mit Abstand häufigste Krebsleiden bei Frauen, gefolgt von Darmkrebs (1.146) und Lungenkrebs (636). Bei den Männern steht Prostatakrebs (2.583) vor Lungenkrebs (1.384) und Darmkrebs (1.171) an der Spitze. Die Inzidenzraten für Brust-, Prostata- und Lungenkrebs haben sich im Jahr 2007 stabilisiert, liegen aber weiterhin über dem Bundesdurchschnitt - etwa um 20 bis 30 Prozent. Für 2010 rechnen die Epidemiologen mit einem weiteren Anstieg von etwa 6,5 Prozent gegenüber 2007. Die Zahlen unterstreichen die Notwendigkeit neuer Diagnose- und Behandlungsmethoden.


Zahl der Neuerkrankungen steigt 2050 um 27 Prozent

Vor ganz neue Probleme stellt das Gesundheitssystem die steigende Zahl langzeitüberlebender Krebspatienten: Bereits heute gibt es einen gewaltigen Versorgungsbedarf, der weit über die Primärtherapie hinausgeht. Dieser Bedarf an medizinischer Nachsorge, psychoonkologischer Betreuung und Rehabilitation wird in den nächsten Jahren noch deutlich zunehmen, erklärte Prof. Alexander Katalinic aus Lübeck. Epidemiologe Katalinic - er ist Leiter der Registerstelle des Krebsregisters Schleswig-Holstein (im Internet: www.krebsregistersh.de) - geht davon aus, dass in Deutschland etwa vier Millionen Menschen leben, die aktuell an Krebs erkrankt sind oder eine Erkrankung hinter sich haben - angesichts der besseren Überlebenschancen mit weiter steigender Tendenz. Diese Entwicklung kommt nicht ganz überraschend und wird im von der Deutschen Krebsgesellschaft, der Bundesregierung, der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren und der Deutschen Krebshilfe 2008 initiierten Nationalen Krebsplan, in dem der Kampf gegen die Volkskrankheit Krebs besser strukturiert werden soll, thematisiert.

Katalinics Berechnungen zufolge wird die Zahl der Krebsneuerkrankungen bis 2020 um 16 Prozent auf 535.000 und bis 2050 um 27 Prozent auf 588.000 jährlich steigen. Dies hat ausschließlich mit dem demografischen Wandel zu tun: "Das altersspezifische Erkrankungsrisiko ist bei unseren Berechnungen über die Zeit konstant geblieben; verändert hat sich nur die Bevölkerung, die immer älter wird." Drei der vier häufigsten Tumorarten, so Katalinic bei einem Symposium in Berlin, werden von dem Anstieg in besonderem Maße betroffen sein: Darmkrebs mit 109.000 jährlichen Neuerkrankungen (+ 40 Prozent von heute bis 2050), Prostatakrebs (88.000, + 39 Prozent) und Lungenkrebs (62.000, + 26 Prozent). Lediglich die Zahl der Brustkrebsneuerkrankungen wird sich nach einem weiteren Anstieg in den nächsten Jahren bis 2050 auf das derzeitige Niveau von knapp 60.000 Neuerkrankungen einpendeln. Das liegt vor allem daran, dass Brustkrebsneuerkrankungen eher im mittleren Alter (50 bis 70 Jahre) auftreten. Im Gegensatz zur Zahl der älteren Frauen, die deutlich ansteigen wird, bleibt das mittlere Alterssegment zahlenmäßig relativ konstant.


Das maligne Melanom der Haut ist die bösartigste Form von Hautkrebs, erklärte Prof. Axel Hauschild von der Universitätsklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie Kiel beim Kongress in Berlin. Es tritt bei Männern am häufigsten am Rücken, bei Frauen bevorzugt an den Unterschenkeln auf. Jedes Jahr erkranken hierzulande fast 14.000 Menschen an einem malignen Melanom, die Inzidenz beträgt in Deutschland etwa 1:200, in Australien bereits 1:50. Besonders oft betroffen sind Menschen im mittleren Lebensalter zwischen 45 und 60 Jahren. Melanome können trotz fehlender Beschwerden und geringer Größe bereits frühzeitig Metastasen in Lymphknoten und anderen Organen bilden. Im Zentrum der Melanomforschung stehen insbesondere Immuntherapien, die die Körperabwehr gegen die Krebszellen aktivieren sollen, sowie monoklonale Antikörper und Signaltransduktionshemmer, die sich zielgenau gegen Tumorzellbestandteile richten ("targeted therapy").

Dermatoonkologe Hauschild stellte verschiedene neue Behandlungsansätze beim Krebskongress vor: In der adjuvanten Therapie des Melanoms befindet sich das pegylierte Interferon alpha 2b (PegIntron®) vor der klinischen Einführung. In der Zulassungsstudie der EORTC Melanomgruppe zeigte sich beim primären Endpunkt der Studie - rezidivfreies Überleben - eine statistisch signifikante Überlegenheit für die mit Interferon behandelte Gruppe im Vergleich zu den unbehandelten Kontrollpatienten. Ein signifikanter Unterschied im Gesamtüberleben wurde allerdings nicht beobachtet.

Die Beeinflussung von co-stimulatorischen Molekülen zur Verstärkung der Immunantwort beim Melanom stellt aktuell einen der hoffnungsvollsten Therapieansätze dar. Beim fernmetastasierten Melanom werden in diesem Jahr die Ergebnisse der Zulassungsstudie zum CTLA-4-Antikörper Ipilimumab erwartet. In der Zulassungsstudie wurde das konventionelle Zytostatikum Dacarbazin (DTIC) mit Ipilimumab im Vergleich zu einer ausschließlichen DTIC-Monotherapie verglichen. Die Ergebnisse der Zulassungsstudie werden wesentlich für die weitere Entwicklung von CTLA-4-Antikörpern in der Melanomtherapie sein.

Der Nachweis von c-Kit-Mutationen bei etwa 15 Prozent der Patienten führte zur Anwendung von c-Kit-Inhibitoren wie Imatinibmesylat. Liegt eine aktivierende c-Kit-Mutation vor, besteht die hohe Wahrscheinlichkeit eines therapeutischen Ansprechens. Nicht weniger als drei Studien mit Tyrosinkinase-Inhibitoren werden in Kürze für dieses eher schmale Patientensegment mit Hochrisiko-Melanomen initiiert. PLX4032 ist ein selektiver Inhibitor von mutagenem B-Raf, das bei etwa 60 Prozent aller Primärtumoren eines Melanoms und bei Metastasen gefunden wird. In einer Pilotstudie zeigten 70 Prozent der behandelten Patienten eine partielle oder komplette Remission, wenn bei ihnen eine V600E-Mutation des B-Raf-Gen detektiert wurde und sie nachfolgend mit PLX4032 als Monotherapeutikum behandelt wurden. Im Januar 2010 wurde eine weltweite Zulassungsstudie von der Herstellerfirma initiiert, die PLX4032 im Vergleich zu einer Standardtherapie mit Dacarbazin vergleicht; mit Ergebnissen ist jedoch nicht vor 2011 zu rechnen.

Eine hoffnungsvolle Therapieinnovation gibt es auch für das Basalzellkarzinom: Schon länger ist bekannt, dass beim Basalzellkarzinom und insbesondere beim Gorlin-Goltz-Syndrom der Hedgehog-Signaltransduktionsweg in der Tumorgenese von Beeutung ist. Hier konnten mit einem spezifischen Hedgehog-Inhibitor (GDC-0449) bei der Mehrzahl der behandelten Patienten mit metastasierenden oder austherapierten Basalzellkarzinomen therapeutische Erfolge im Sinne einer Tumorremission erzielt werden. In der Phase I-Studie zeigte sich nur eine geringe Toxizität dieses neuen, oral zu verwendenden Therapieverfahrens. Eine Phase II-Zulassungsstudie wird auch in Deutschland durchgeführt. Die drei deutschen Zentren, in denen geeignete Patienten vorgestellt werden können, befinden sich in Würzburg, Essen und Kiel (Studienzentrale der Hautklinik des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel; Tel. 0431/597-3994 oder -1852).

Mit den zielgerichteten Therapien stehen nun erstmals Substanzen zur Verfügung, die ganz offenbar bessere Ergebnisse als konventionelle Therapieverfahren bringen. "Die klinische Überprüfung dieser Substanzen im Rahmen randomisierter Zulassungsstudien bleibt allerdings noch abzuwarten", warnt Hauschild vor zu großen Erwartungen. Schließlich wurden hier, insbesondere beim malignen Melanom, auch bereits enttäuschende finale Studienergebnisse publiziert.

Größeren Effekt als alle therapeutischen Innovationen haben Früherkennung und Prävention von Hautkrebs, betonte Prof. Hauschild. Ein Meilenstein sei die Einführung des gesetzlichen Hautkrebsscreenings zum 1. Juli 2008 gewesen, die in Deutschland zu einer hohen Akzeptanz bei Ärzten und in der Bevölkerung geführt hat. "Grundlage für die Einführung war ein Modellversuch in Schleswig-Holstein in den Jahren 2003 und 2004", erinnerte Hauschild. Damals wurden 366.000 Frauen und Männer von Dermatologen und anderen Ärzten gescreent. Bei den insgesamt 425.000 Untersuchungen konnten mehr als 3.000 Tumoren diagnostiziert werden, darunter auch 568 Melanome.

"Brustkrebs bleibt die interdisziplinäre Herausforderung der Zukunft", sagte Prof. Walter Jonat, Direktor der Universitätsfrauenklinik Kiel, beim abschließenden Symposium, das sich mit der Onkologie im Jahre 2020 beschäftigte. "Aber wir dürfen nicht vergessen, was wir schon erreicht haben: zum einen auf dem Gebiet der Krebsfrüherkennung und zum anderen mit der beinahe vollständigen Behandlung aller Patientinnen in zertifizierten Brustzentren, in denen eine leitliniengerechte Therapie nach dem neuesten Stand der Wissenschaft angeboten werden kann."

Brustkrebs ist mit etwa 28 Prozent die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Rund 57.000 Mal im Jahr wird die Diagnose Mammakarzinom gestellt, über 17.000 Frauen sterben jährlich daran. Das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter. Jüngere Frauen sind nur selten betroffen; ab dem 40. und besonders ab dem 50. Lebensjahr erhöht sich das Risiko. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 63 Jahren.

Wenn auch die häufigste, so ist Brustkrebs nicht die gefährlichste Krebsart bei Frauen. Rechtzeitig erkannt und behandelt sind die meisten Erkrankungen heilbar. Die Mortalität sinkt seit einigen Jahren; die Fünf-Jahres-Überlebensrate beträgt inzwischen 81 Prozent. Das Mammakarzinom ist heute erfolgreicher behandelbar als früher - und das mit gezielteren und oft weniger belastenden Methoden.

Prof. Jonat erwartet in den nächsten zehn Jahren weitere bahnbrechende Fortschritte, zum Beispiel:

in der Früherkennung: Bildgebende Verfahren werden verstärkt zur Früherkennung auch bei jüngeren Frauen eingesetzt. Bislang wendet sich das gesetzliche Mammografiescreening an Frauen ab 50. "Wir werden erfahren, welche Bedeutung auch andere Verfahren wie Ultraschall, MRT oder PET für die Früherkennung haben und welche Frau von welcher Methode am meisten profitiert."

bei der Chemoprävention: Antiöstrogene werden vor und nach den Wechseljahren angewendet. Nach einer Operation können sie - in der adjuvanten, vorbeugenden Therapie - das Rezidivrisiko reduzieren. Bei fortgeschrittenen und metastasierten Tumoren verhindern oder verlangsamen sie das weitere Fortschreiten der Krankheit. "Auch hier werden wir in Zukunft besser wissen, welches Medikament für welche Patientin geeignet ist und wie lange es gegeben werden sollte."

in der Chirurgie: "Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass wir das normale Karzinom, das wir in der Früherkennung sehen, gar nicht mehr operativ angehen." Mit minimal-invasiven Verfahren wie einer gezielten Stanzbiopsie sowie begleitenden medikamentösen Therapien könne man auf herkömmliche Operationen verzichten. "Der klassische Operateur beim Brustkrebs wird dann der plastische Chirurg, der die fortgeschrittenen, größeren Tumoren behandelt."

in der systemischen Therapie: Die zielgerichteten, medikamentösen Verfahren - erster Vertreter war das Brustkrebs-Medikament Trastuzumab (Herceptin) - werden in Kombination mit einer adjuvanten Chemotherapie oder einer adjuvanten endokrinen Behandlung die weitere Reduktion der Mortalität begünstigen. "Ziel der Zukunft wird es sein herauszufinden, wie wir die Medikamente richtig miteinander kombinieren."

in der Tumorbiologie: Über- und Untertherapien werden mehr als bisher vermieden; prädiktive Marker spielen hier eine bedeutende Rolle. "Wir verstehen die Biologie des Tumors heute besser als noch vor einigen Jahren, können genauer vorhersagen, welche Behandlung für wen geeignet ist. In Zukunft wird es weitere Therapieselektionen geben; die Behandlung wird weiter individualisiert."

Deutliche Fortschritte hat auch die Strahlentherapie beim Mammakarzinom gemacht. "Wir verfügen inzwischen über neuere Techniken, die effektiver sind, bessere Ergebnisse erzielen und weniger Nebenwirkungen verursachen", erklärte Prof. Jürgen Dunst, Direktor der Universitätsklinik für Strahlentherapie in Lübeck. Als Beispiel nannte Dunst beim Kongress in Berlin die sogenannte Hypofraktionierung. Darunter versteht man die Verringerung der Zahl der Fraktionen in einer Behandlungsserie durch Erhöhung der Einzeldosis pro Fraktion. Hohe Einzeldosen wurden wegen des Risikos für Spätreaktionen bisher nur in der Palliativtherapie eingesetzt. Bei kurativer Intention ist die konventionelle Fraktionierung - dass heißt, fünfmal pro Woche 1,8 bis 2,0 Gy - deshalb bisher Standard. Prof. Dunst: "Durch die heute erreichte bessere Dosishomogenität erscheint Hypofraktionierung aber möglich und attraktiv. In vier randomisierten Studien wurden quasi identische Ergebnisse wie mit der konventionellen Fraktionierung erreicht; die Behandlungsdauer der externen Strahlentherapie konnte dadurch um zwei Wochen verkürzt werden." Inzwischen sind auch im deutschsprachigen Raum Studien mit hypofraktionierter Bestrahlung geplant, in der die Behandlungszeit auf bis zu drei Wochen verkürzt werden soll. Eine davon findet unter Leitung von Prof. Dunst statt; die Dokumentation erfolgt über das Krebszentrum Nord am UK S-H.

Ebenfalls Gegenstand klinischer Studien ist die alleinige Teilbrustbestrahlung. Weil hierbei nur ein kleines Volumen von Normalgewebe bestrahlt wird, kann die Dosis pro Fraktion erhöht und dadurch die Behandlungszeit wesentlich verkürzt werden. Diese sogenannte akzelerierte Teilbrustbestrahlung wird derzeit auch als intraoperative Einzeitbestrahlung erprobt. Die nebenwirkungsärmere Bestrahlungsvariante ist jedoch nicht für jede Patientin geeignet, wie Prof. Dunst betonte. "Unstrittig ist auf der Basis von Phase-II-Daten, dass eine sorgfältige Patienten selektion nötig ist und ein Verzicht auf die großvolumige Nachbestrahlung nur bei Patientinnen mit sehr günstigen Tumoren in Betracht kommt." Die bisher publizierten randomisierten Studien zeigen identische intramammäre Rezidivraten nach Teilbrustbestrahlung und Ganzbrustbestrahlung bei identischen Überlebensraten; allerdings sind zur Bewertung der Methode wesentlich längere Nachbeobachtungszeiten erforderlich, so der Lübecker Strahlenexperte. Insgesamt ergeben sich durch die technischen Weiterentwicklungen interessante Optionen für die Therapieoptimierung beim Mammakarzinom. "Diese müssen allerdings in den nächsten Jahren in großen Studien weiter überprüft werden", erklärte Prof. Dunst.

Doch nicht nur bei Brustkrebserkrankungen hat die Strahlentherapie an Bedeutung gewonnen. Bei verschiedenen Darmkrebsformen, bei Lungenkrebs, Gebärmutterkörper-, Blasen- oder Prostatakarzinomen sowie bei Kopf-Hals-Tumoren werden innovative Bestrahlungen vermehrt eingesetzt. In kaum einem anderen Bereich hat es in der jüngeren Vergangenheit so viele Fortschritte wie in der Strahlentherapie gegeben, glaubt der Lübecker Klinikdirektor. Und diese Entwicklung gehe mit unvermindertem Tempo weiter. "Strahlen können heute zum Segen von krebskranken Patienten mit einer bisher nicht gekannten Präzision und Sicherheit eingesetzt werden. In den nächsten Jahren erwarten wir weitere Fortschritte." Bei 60 bis 70 Prozent aller Tumorpatienten werden im Verlauf der Erkrankung strahlentherapeutische Verfahren angewandt. Und das sehr erfolgreich: "Die Strahlentherapie, die meistens mit Operation oder Chemotherapie kombiniert wird, ist nach der Operation das wichtigste Therapieverfahren zur Heilung bösartiger Tumoren."


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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 4/2010 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2010/201004/h10044a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Prof. Axel Hauschild
- Prof. Jürgen Dunst


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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt April 2010
63. Jahrgang, Seite 14 - 18
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juni 2010