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SCHMERZ/484: Spiegeltherapie - Mit dem Spiegel gegen Schmerzen (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Donnerstag, 25. Juni 2009

Mit dem Spiegel gegen Schmerzen


fzm - Die Spiegeltherapie ist eine noch junge Methode der Schmerzbehandlung. Vor 13 Jahren erst hat der amerikanische Mediziner Vilayanur Ramachandran entdeckt, wie Schmerzpatienten vom Einsatz eines Spiegels profitieren können. Seitdem hat die Methode sich bereits in zahlreichen wissenschaftlichen Studien bewährt. In der Fachzeitschrift "ergopraxis" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2009) schildert die Stuttgarter Ergotherapeutin Silja Naumann, wie sich die Methode bei Patienten mit Nervenverletzungen an den Extremitäten, Phantomschmerzen nach Amputationen oder bei anderen Schmerzsyndromen einsetzen lässt.

Im Rahmen der Therapie wird ein Spiegel so an der Körpermitte des Patienten platziert, dass dieser seine gesunde Seite gespiegelt sieht und so den optischen Eindruck zweier gesunder Extremitäten bekommt. Die Methode ist für die Behandlung von Schmerzen in den Armen oder Händen ebenso gut geeignet wie für die Therapie von Bein- oder Fußschmerzen.

Bei Armpatienten wird der Spiegel auf einen Tisch gestellt, bei Beinverletzungen auf den Boden, so dass der Patient bequem auf einer Behandlungsliege sitzen kann, der gesunde Fuß jedoch Bodenkontakt hat. In der Regel beginnt der dieser von alleine, die gesunde Extremität - etwa die rechte Hand - leicht zu bewegen. Das Spiegelbild suggeriert ihm dann, dass sich zugleich auch die linke Hand völlig schmerzfrei mitbewegt.

Das Konzept hinter der Spiegeltherapie ist recht einfach. "Der Patient soll lernen, die Seite, die er im Spiegel sieht, wahrzunehmen und zu spüren. Die betroffene Seite kann so durch die visuelle und sensorische Wahrnehmung der gesunden Seite überschrieben werden", erläutert Silja Naumann. Wie am Beispiel der Phantomschmerzen deutlich wird, findet die Therapie hauptsächlich im Kopf des Patienten statt: Denn in der Tat schmerzt ja nicht der amputierte Arm oder das fehlende Bein. Vielmehr wird das anhaltende Schmerzgefühl von den Gehirnbereichen vermittelt, in denen zuvor die sensorische Information aus dem amputierten Glied verarbeitet wurde. Die optische Information aus dem Spiegel kann nun dabei helfen, diese Areale mit "gesunden" Gefühlen zu versorgen und so die negativen Empfindungen zu überschreiben.

"Für manche Patienten ist es ein komisches Gefühl, die betroffene Extremität wieder gesund oder - nach einer Amputation - überhaupt zu sehen", sagt Silja Naumann. Darauf müsse der Patient sich einlassen können. Nur wenigen Patienten gelinge dies nicht, berichtet die Ergotherapeutin, die seit drei Jahren mit der Spiegeltherapie arbeitet.

Die therapeutische Wirkung der Spiegelbehandlung vergleicht Silja Naumann mit dem mentalen Training von Sportlern: ein Slalomläufer etwa, der den Weg durch die Tore vor dem Rennen gedanklich immer wieder durchspielt, kann den gedachten Ablauf bei der Abfahrt besser umsetzen. Ebenso wird bei der Spiegeltherapie die betroffene Extremität trainiert, ohne sie bewegen zu müssen. "Genau das kommt Schmerzpatienten sehr entgegen", betont Naumann - denn ein rein passives, völlig schmerzfreies Training sei auf andere Weise kaum möglich.


S. Naumann:
Spieglein, Spieglein an der Hand...
ergopraxis 2009; 2 (6): S. 16-19


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Quelle:
FZMedNews - Donnerstag, 25. Juni 2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juni 2009