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STELLUNGNAHME/005: Niedrigere Impfstoffpreise von GlaxoSmithKline und Pfizer gefordert (Ärzte ohne Grenzen)


Ärzte ohne Grenzen - 20. Januar 2015

Ärzte ohne Grenzen fordert niedrigere Impfstoffpreise von GlaxoSmithKline und Pfizer

Bericht: Kostenexplosion behindert Immunisierung von Kindern in ärmeren Ländern



Berlin, 20. Januar 2015 - Kurz vor der Wiederauffüllungskonferenz der internationalen Impfallianz Gavi am kommenden Dienstag in Berlin fordert die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen Pharmaunternehmen auf, überteuerte Preise von Impfstoffen für ärmere Länder deutlich zu senken. Die Firmen GlaxoSmithKline (GSK) und Pfizer müssten den Preis für die Pneumokokken-Impfung gegen Lungenentzündung von aktuell bis zu 21 US-Dollar auf 5 US-Dollar in ärmeren Ländern reduzieren. Der heute veröffentlichte Bericht von Ärzte ohne Grenzen über den Impfstoff-Markt "The Right Shot" zeigt, dass die Kosten für die vollständige Immunisierung eines Kindes in den ärmsten Ländern in den vergangenen Jahren explodiert sind.

"Ein Kind vollständig zu immunisieren, kostet heute 68 Mal so viel wie im Jahr 2001. Der Hauptgrund liegt darin, dass eine Handvoll Pharmafirmen für ihre Impfstoffe zu viel von den ärmeren Ländern und den internationalen Gebern verlangen, obwohl sie in den reichen Ländern ohnehin Milliardenumsätze erzielen", sagt Rohit Malpani von der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen.

Für die Immunisierung eines Kindes sind heute Impfstoffe gegen insgesamt 12 Krankheiten von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen, unter anderem gegen Durchfallerkrankungen, Lungenentzündung, Masern, Keuchhusten, Röteln und Polio. Der Pneumokokken-Impfstoff gegen Lungenentzündung ist allein für 45 Prozent der Kosten verantwortlich. Seit der Markteinführung haben GSK und Pfizer mit ihren Pneumokokken-Impfstoffen einen Umsatz von mehr als 19 Milliarden US-Dollar erzielt.

"Gavi braucht von den Geberländer bis 2020 zusätzlich 7,5 Milliarden US-Dollar für die Finanzierung von Impfprogrammen in ärmeren Ländern. Über ein Drittel dieser Summe würde allein für einen einzigen Impfstoff gegen Pneumokokken ausgegeben werden", erklärt Malpani. "Ein niedrigerer Preis für diesen Impfstoff würde es ermöglichen, von diesen Steuergeldern deutlich mehr Kinder vollständig zu impfen. GlaxoSmithKline und Pfizer sollten ihren Beitrag dazu leisten, Impfstoffe bezahlbar zu machen. Die Nachlässe, die sie bislang gewähren, reichen einfach nicht aus."

Ärzte ohne Grenzen kritisiert darüber hinaus die mangelhafte Transparenz des Impfstoffmarkts. Wegen fehlender Vergleichsmöglichkeiten wird eine effektive Preisverhandlung der Staaten mit den Herstellern erschwert. Das führt beispielsweise dazu, dass Tunesien und Marokko deutlich mehr für einen Impfstoff bezahlen als Frankreich.

"Wir rufen die Geberländer und insbesondere die Bundesregierung dazu auf, mehr Druck auf die Pharmaindustrie auszuüben, die Preise für Impfstoffe transparent zu machen und diese deutlich zu senken, damit auch Kinder in ärmeren Ländern durch neue Impfstoffe geschützt werden können", sagt Philipp Frisch, Koordinator der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland. "Wir begrüßen die Erhöhung des deutschen Beitrags zu Gavi. Dies sollte aber auch Anlass für die Bundesregierung sein, sehr genau hinzuschauen, wie effizient das Geld eingesetzt wird - sie sollte deshalb auf eine Preissenkung für den Pneumokokken-Impfstoff hinwirken."

Die globale Impfallianz Gavi ist eine öffentlich-private Partnerschaft aus den Regierungen von Industrie- und Entwicklungsländern, internationalen Organisationen, Impfstoffherstellern und einigen Nichtregierungsorganisationen. Bei der Wiederauffüllungskonferenz am 27. Januar in Berlin unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel sollen Geberbeiträge für die Jahre 2016 bis 2020 eingesammelt werden.

Ärzte ohne Grenzen impft jedes Jahr Millionen von Kindern. Im Jahr 2013 wurden mehr als 6 Millionen Impfstoffdosen in die Projekte geliefert. Impfkampagnen finden meist statt, um Ausbrüche von Masern, Meningitis, Gelbfieber und Cholera einzudämmen. Die Organisation unterstützt aber auch Routineimpfungen in Projekten zu Mütter- und Kindergesundheit. Ärzte ohne Grenzen plant, die Impfaktivitäten auszuweiten.


Der Bericht "The Right Shot" steht hier zum Download bereit:
http://www.aerzte-ohne-grenzen.de/the-right-shot-report

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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen e. V. / Medecins Sans Frontieres
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Januar 2015


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