Schattenblick → INFOPOOL → MEDIZIN → PHARMA


ARTIKEL/404: Pharmaforschung - 5 Fragen an Prof. Dr. Alexander Pfeifer (forsch/Uni Bonn)


forsch 4/2009 - November 2009
Bonner Universitäts-Nachrichten

5 Fragen an...

...Professor Dr. Alexander Pfeifer, Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie


FRAGE: Herr Professor Pfeifer, nur jeder zwanzigste Wirkstoff, der neu zugelassen wird, stammt aus deutschen Labors. Warum wurde die frühere "Apotheke der Welt" international abgehängt?

DR. ALEXANDER PFEIFER: Das stimmt, Deutschland ist zum Importmarkt geworden. Und das ist ein wirkliches Problem. Die Weichen zu dieser Entwicklung wurden bereits in den 90er Jahren gestellt. Damals herrschte hierzulande ein sehr Gentechnologie-feindliches Klima. Zugleich wurde die Entwicklung neuer Arzneimittel immer langwieriger und teurer. Es dauert heute im Schnitt zehn bis fünfzehn Jahre und verschlingt hunderte von Millionen Euro Entwicklungskosten, bis ein neuer Wirkstoff auf den Markt kommt. Als Folge bildeten die Pharmafirmen Allianzen - und das vor allem mit Partnern im industriefreundlicheren Ausland.

FRAGE: Sie sind Sprecher des interdisziplinären Pharma-Zentrums Bonn. Funktioniert Pharmaforschung nur noch im Verbund?

DR. ALEXANDER PFEIFER: Nein, sie funktioniert nicht nur im Verbund. Sie funktioniert aber besser im Verbund. Das hängt natürlich mit der steigenden Komplexität der Wirkstoff-Entwicklung zusammen. Als Antwort darauf wollen wir im Pharma-Zentrum Pharmakologen, Pharmazeuten und Chemiker aus der Universität besser vernetzen. Dabei wollen wir aber auch außeruniversitäre Partner wie die Stiftung caesar mit ins Boot holen.

Zusätzlich streben wir Industriepartnerschaften an, und zwar auf Augenhöhe: Industrieforschung ist oft kurzatmiger als universitäre Forschung; manche Fragen können wir daher besser bearbeiten. Oft haben wir auch einen besseren Überblick über aktuelle Forschungsentwicklungen. Im Idealfall möchten wir uns Patentrechte auf neue Pharmaka sichern, so dass Geld zurück an die Universität fließt. In den USA und anderen Ländern funktioniert das schließlich auch; dort gibt es die Berührungsängste zwischen Universität und Industrie nicht in dem Maße wie bei uns.

FRAGE: Wie profitieren die Studierenden von der starken Pharmaforschung in Bonn?

DR. ALEXANDER PFEIFER: Unsere Studierenden sind am Puls der aktuellen Forschungsentwicklungen. Bonn ist bei der Ausbildung junger Pharmaforscher deutschlandweit vorbildlich: Mit der NRW-Forschungsschule BIOTECH-PHARMA und dem DFG-Graduiertenkolleg 677 haben wir moderne Strukturen der Doktorandenausbildung geschaffen. Damit eröffnen sich unseren Studierenden natürlich gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die Universität profitiert ihrerseits von gut ausgebildeten Nachwuchswissenschaftlern. Und auch die Industrie ist auf gute Leute angewiesen.

FRAGE: Haben Sie noch Interessen jenseits der Pharmakologie?

DR. ALEXANDER PFEIFER: Ich jogge regelmäßig durch den Kottenforst. Und ich lese gerne - momentan beispielsweise die spannende Biografie des zweiten US-Präsidenten John Adams. Gut gefallen hat mir auch "Herr Lehmann" von Sven Regener. Nicht zuletzt sind meine drei Kinder ein guter Ausgleich für manchen Kummer hier (lacht).

FRAGE: Gegen welche Krankheit würden Sie gerne einen Wirkstoff finden?

DR. ALEXANDER PFEIFER: Momentan beschäftigen wir uns vor allem mit neurodegenerativen Erkrankungen wie der Parkinson-Krankheit. Darüber hinaus forschen wir an der Fettleibigkeit. Es gibt in diesem Zusammenhang ganz spannende neue Ergebnisse zu den so genannten braunen Fettzellen. Sie speichern Fett nicht, sondern verbrennen es und erzeugen so Wärme. Wir suchen nun nach Wirkstoffen, die diese braunen Fettzellen aktivieren.

*

Quelle:
forsch - Bonner Universitäts-Nachrichten Nr. 4, November 2009, Seite 19
Herausgeber:
Rektorat und Senat der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Abt. 8.2 - Presse und Kommunikation
Poppelsdorfer Allee 49, 53115 Bonn
Tel.: 0228/73 76 47, Fax: 0228/73-74 51
E-Mail: forsch@uni-bonn.de
 
forsch erscheint viermal pro Jahr


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Januar 2010

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang