Soziale Psychiatrie Nr. 161 - Heft 03/18, 2018
Rundbrief der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V.
Psychisch erkrankte Menschen im Asylverfahren
Von Michaela Hoffmann
Geflüchtete Menschen mit psychischen Erkrankungen sind besonders schutzbedürftig - aber ihre Rechte im Asylverfahren werden missachtet.
Laut EU-Aufnahme- und EU-Asylverfahrensrichtlinie (1) müssen für
besonders schutzbedürftige Personen unter den Flüchtlingen besondere
Bedingungen in der Aufnahmesituation und im Asylverfahren eingehalten
werden. Hierzu gehören u.a. neben Minderjährigen, körperlich und
kognitiv behinderten Menschen und Opfern schwerer Gewalt auch Menschen
mit psychischen Störungen. Sie haben das Recht auf bedarfsgerechte
Unterstützung. Bei der vorgeschriebenen Erstuntersuchung (u.a. auf
ansteckende Krankheiten) werden psychische Störungen jedoch in der
Regel nicht erkannt. Wie aber soll ein Mensch mit psychotischer
Wahrnehmung, bipolarer Erkrankung oder schwerster Traumatisierung im
Anhörungsverfahren vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
(BAMF) seine Fluchtgründe ohne Beistand überzeugend darlegen? Wie kann
er seine Rechte auf besonderen Unterstützungsbedarf wahrnehmen?
Der DGSP-Fachausschuss Migration hat sich in seiner letzten Sitzung im März 2018 mit dieser Problematik befasst. Ausgehend von einem Impuls-Skript von Aiche Westermann (Kölner Flüchtlingsrat) wurden Erfahrungen ausgetauscht, die verdeutlichten, dass die Rechte psychisch erkrankter Flüchtlinge auf gesetzeskonformes Vorgehen in der Aufnahmesituation und später im Asylverfahren häufig nicht zum Tragen kommen:
Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) verpflichtet staatliche Stellen dazu, die Rechte von geflüchteten Menschen mit Behinderung zu verwirklichen. Dass dies überwiegend nicht geschieht, hat die Monitoring-Stelle UN-BRK (2018) dargestellt.
Bund, Länder und Kommunen sind aber in der Verantwortung, die Vorgaben der EU-Asylrichtlinien und der UN-BRK umzusetzen. Einige Voraussetzungen hierfür hat der DGSP-Fachausschuss benannt:
Die DGSP hat es immer auch als ihre Aufgabe angesehen, sich für die »Schwächsten« unter den psychisch erkrankten Menschen einzusetzen. Hierzu gehören auch die Migrantinnen und Migranten mit psychischen Störungen.
Die meisten der o.a. Voraussetzungen sind trotz rechtlicher Grundlagen nicht oder nur lückenhaft erfüllt. Um darauf aufmerksam zu machen und nähere Angaben über die Praxis in den einzelnen Bundesländern zu erhalten, hat die DGSP beschlossen, eine Befragung der Psychiatrie-Referenten der Länder und der politisch Verantwortlichen für die Bereitstellung und Durchführung der Hilfen zu starten. Die Ergebnisse sollen im Rahmen der Interkulturellen Woche zum »Tag des Flüchtlings« am 28. September 2018 veröffentlicht werden.
Der DGSP-Fachausschuss Migration besteht seit Mai 2017 und hat bisher drei Mal getagt. Er will fachlich und politisch darauf einwirken, die Rechte psychisch erkrankter Migranten zu stärken und ihre Integration zu fördern. An den bisherigen Treffen haben Fachkräfte aus Initiativen und Einrichtungen verschiedener Bundesländer sowie Delegierte der Sozialpsychiatrischen Kompetenzzentren (SPKOM) im Rheinland teilgenommen.
Alle, die in der Betreuung von Migrantinnen und Migranten psychosozial beratend, psychotherapeutisch oder ehrenamtlich tätig sind und Interesse an einem Erfahrungsaustausch und einer Mitarbeit haben, sind herzlich willkommen. Das nächste Treffen findet am 7. September in Köln statt.
Michaela Hoffmann, DGSP-Geschäftsstelle
E-Mail: michaela.hoffmann@dgsp-ev.de
Anmerkung
(1) Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU und Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU
Weiterführende Informationen
www.koelner-fluechtlingsrat.de
www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/show/gefluechtete-menschen-mit-
behinderungen/
www.interkulturellewoche.de
www.dgsp-ev.de
Michaela Hoffmann, Dipl-Sozialarbeiterin, Dipl.-Politologin, ehemalige stellv. Geschäftsführerin der DGSP
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Quelle:
Soziale Psychiatrie Nr. 161 - Heft 3/18, Juli 2018, Seite 43-44
veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Redaktion
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V.
Zeltinger Str. 9, 50969 Köln
Telefon: 0221/511 002, Fax: 0221/529 903
E-Mail: info@dgsp-ev.de
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Bezugspreis: Einzelheft 10,- Euro
Jahresabo: 34,- Euro inkl. Zustellung
Für DGSP-Mitglieder ist der Bezug im Mitgliedsbeitrag enthalten.
veröffentlicht im Schattenblick zum 2. April März 2019
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