Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → SOZIALES

PFLEGE/546: Altenpflege - Spenden für Stricksocken, damit die Ausbildung möglich wird (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 6/2012

Altenpflege
Spenden für Stricksocken, damit die Ausbildung möglich wird

Von Jörg Feldner



Die Arbeiterwohlfahrt Schleswig-Holstein (AWO) hat Spenden gesammelt, um drei Bewerbern das Schulgeld für die Altenpflege-Fachausbildung zu finanzieren.


Es ist weitgehend unbekannt: Angehende Altenpfleger in Schleswig-Holstein zahlen Schulgeld, wenn sie keinen der 1.200 vom Land finanzierten Ausbildungsplätze erhalten. Drei Jahre lang 290 Euro monatlich, also 10.440 Euro insgesamt, sind fällig für die Vollzeitausbildung zur examinierten Altenpflegerin. Für eine vierjährige berufsbegleitende Weiterbildung von der Altenpflegehelferin zur examinierten Kraft sind insgesamt 9.552 Euro zu zahlen.

Solche Einstiegshürden passen nicht zum Personalbedarf. In den 660 stationären Pflegeeinrichtungen und 400 ambulanten Diensten arbeiten 8.000 Fachkräfte, 1.800 Helferinnen und 3.000 ungelernte Kräfte. Hinzu kommen in ihren praktischen Ausbildungsphasen 2.022 Auszubildende. In acht Jahren werden weitere 11.000 Mitarbeiter benötigt.

Nun herrscht im gesamten Altenpflegesektor und auch in der dazu gehörenden Ausbildung ein scharfer Wettbewerb zwischen den Trägern der Einrichtungen bzw. Schulen. Warum der Staat sich aus diesem Sektor fast völlig zurückgezogen und ihn privaten und freigemeinnützigen Trägern übertragen hat? Die Antwort dürfte irgendwo im ordnungspolitischen Dunkel der Geschichte zu finden sein.

In der Bevölkerung jedenfalls ist der Gedanke angekommen, dass Altenpflege als Beruf attraktiver gemacht werden muss. Sonst wäre es der AWO mit ihrer Spendenkampagne nicht gelungen, von mehreren Tausend Menschen 30.000 Euro für die Finanzierung von drei Ausbildungsplätzen zu sammeln. Zu den Unterstützern zählten die ehemalige Ministerpräsidentin Heide Simonis und Wetterexperte Meeno Schrader. Der Berufsverband der bildenden Künstler ließ Sachspenden seiner Mitglieder versteigern, der Landesfischereiverband ließ sich ebenso einspannen wie das Museum Tuch und Technik in Neumünster. Sportler und Schauspieler schlossen sich an. Aber, so Heide Simonis zum Abschluss der Kampagne: "Spenden reichen nicht. Ich hoffe, dass die Politik das Problem jetzt angeht."

Das Problem ist nicht nur das Schulgeld. AWO-Landeschef Wolfgang Baasch forderte, mehr unterschiedliche Zugänge zu den Berufen zu schaffen, um die Personallücke zu schließen. Das Sozialministerium hat Pläne dazu vorgelegt: Schaffung einer Möglichkeit zur Externenprüfung für erfahrene, aber ungelernte Kräfte; Verkürzung der Altenpflegehilfeausbildung und leichterer Zugang zur Fachausbildung für bewährte Altenpflegehelferinnen. Die Nachfrage sei da, betonte Baasch; gegenwärtig gingen viele Interessentinnen für den Beruf verloren, weil sie das Schulgeld abschrecke.


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 6/2012 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2012/201206/h12064a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen
Ärzteblatts:

www.aerzteblatt-sh.de

*

Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Juni 2012
65. Jahrgang, Seite 17
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
Telefon: 04551/803-119, -127, Fax: -188
E-Mail: aerzteblatt@aeksh.org
www.aeksh.de
www.arztfindex.de
www.aerzteblatt-sh.de
 
Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juni 2012