Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → SOZIALES

INITIATIVE/054: Die Ärzte für Menschenrechte (Israel) erhalten 2010 den Right Livelihood Award (RLAF)


Right Livelihood Award Foundation - Oktober 2010

Die Ärzte für Menschenrechte (Israel) erhalten 2010 den Right Livelihood Award

"... für ihren unbeugsamen Willen im Einsatz für das Recht auf Gesundheit für alle in Israel und Palästina."


Die Ärzte für Menschenrechte (PHRI) sind eine Organisation von israelischen und palästinensischen Ärzten, die an der vordersten Front des Kampfes für Menschenrechte stehen, besonders für das Recht auf Gesundheit in Israel und in den besetzten Gebieten. PHRI nimmt Einfluss auf den Staat Israel und fordert, dass alle Bewohner Israels und Palästinas denselben Zugang und dasselbe Recht auf Gesundheitsfürsorge haben ohne Rücksicht auf ihren rechtlichen Status, Nationalität, Volkszugehörigkeit oder Religion. PHRI lässt auch den Bewohnern Israels und der besetzten Gebiete Gesundheitsdienste zukommen, die sonst keine genügende Gesundheitsversorgung erhalten.

PHR's Auftrag

Die "Ärzte für Menschenrechte" wurden 1988 zu Beginn der Intifada von Dr. Ruchama Marton sowie israelischen und palästinensischen Ärzte aus der Überzeugung heraus gegründet, dass jede Person das Recht auf Gesundheit im weitesten Sinne des Wortes hat, wie es durch die Prinzipien der Menschenrechte, der sozialen Gerechtigkeit und medizinischen Ethik bestimmt ist.

PHRs Aktivitäten sind eine Mischung von direkter medizinischer Hilfe und Gesundheitsdiensten (durch ihre Kliniken) gegenüber benachteiligten Bevölkerungsgruppen und Kampagnen gegen bürokratische Beschränkungen, die diese Bevölkerungsgruppen daran hindern, die üblichen Gesundheitsdienste zu bekommen, und gegen die Politik und Unterdrückung, die diese Nachteile erst schaffen.

Verschiedene Abteilungen

PHRs Arbeit ist in mehreren Abteilungen organisiert

Kliniken: eine Mobilklinik übernimmt Gesundheitsdienste bei entfernt wohnenden/ausgeschlossenen Bevölkerungsgruppen (in entlegenen Dörfern wie Dahariya, südlich von Hebron, wo ich selbst dabei war [Anmerkung der Übersetzerin]) in den besetzten palästinensischen Gebieten; Frauenkliniken, die palästinensische Frauen innerhalb ihrer Gesellschaft ermächtigen, sich gesundheitsbezogener Probleme bewusst zu werden; und eine offene Klinik in Jaffa, in die jeden Abend über 100 Patienten kommen.

Die Abteilung für Gefangene und Verhaftete: sie kämpft für die Gesundheitsrechte von Gefangenen und Verhafteten und gegen die schädliche Einzelhaft, gegen Folter und andere unmenschliche Behandlung von Gefangenen.

Die Abteilung für Migranten und solche ohne gültige Papiere. Sie arbeitet für das Konzept, dass jede Person, die in Israel lebt, soziale Rechte haben sollte (Gesundheit, Sozialhilfe und Bildung) ohne Rücksicht auf seinen/ihren legalen Status.

Die Abteilung für staatenlose Personen, einschließlich der offenen Klinik, die über 250.000 Personen behandelt, die in Israel ohne zivilen Status leben, wie Gastarbeiter und ihre Familien, Asylsuchende aus aller Welt, palästinensische Frauen und Kinder in Israel, die nach dem Bürgerschaftsgesetz von 2003 ihren Status verloren haben, Kollaborateure oder angebliche Kollaborateure von der Westbank und Gaza, Opfer von Menschenhandel und viele andere, die ohne rechtlichen Status in Israel leben.

Die Abteilung für die Bewohner Israels, die sich für ein öffentliches Gesundheitssystem einsetzt, das alle einschließt und die Gesundheitsunterschiede zwischen Bewohnern der Randbezirkende und der weiter im Zentrum lebenden Bürger, zwischen arabischen und jüdischen Bürgern, zwischen armen und reichen Gemeinden eliminiert - und das schließt ein breiteres Angebot von Gesundheistdienstleistungen ein.

Die Abteilung, die sich um das Recht auf Gesundheit für die nicht anerkannten Dörfer bemüht, d.h. für Recht auf Gesundheit für die 180.000 Beduinen, die in Israel leben. Die meisten haben in ihren Dörfern keinen Zugang zur medizinischen Grundversorgung, weder für Mütter noch für Kinder oder andere fachärztliche Versorgung. Außerdem leben die Beduinen ohne grundlegende Voraussetzungen für Gesundheit wie z.B. sauberem Wasser, Strom und risikoloser Umgebung.

Die Abteilung für die besetzten palästinensischen Gebiete: An den Checkpoints gibt es oft große Probleme für Bewohner, die aus medizinischen Gründen durch den Checkpoint müssen, um eine Klinik in Jerusalem oder Israel aufzusuchen.

PHR hat auch eine Kampagne gegen die Experimente mit Anti-Anthrax an Soldaten gestartet.

Von Januar bis Juli 2009 hat PHRI (alle Abteilungen) 2259 Hilferufe von Individuen aus den verschiedensten Gemeinden erhalten, deren Recht auf Gesundheit verletzt worden war und die gegenüber den Behörden eine Vertretung benötigten. Diese Gesuche um Beistand kommen zusätzlich zu den Personen (16.599), die in die Kliniken zur direkten medizinischen Behandlung kommen. Der medizinische Freiwilligenstab von PHRI arbeitet 9179 Stunden und die Freiwilligen der Verwaltung - einschließlich Übersetzer - arbeiteten 3886 Stunden.

Ende 2009 hatte die Organisation 1000 Mitglieder.

Gaza Blockade: Fortsetzung der Arbeit unter schwierigsten Umständen

Mit der Gaza-Blockade und Israels Angriff auf den Gazastreifen 2008 ist die Arbeit von PHRI noch viel schwieriger geworden. Es wurde für palästinensische Patienten äußerst schwierig, die Grenze zu überqueren, da Israel die Grenzen geschlossen hat. In jenem Jahr begann PHRI mit seiner mobilen Klinik nach Gaza und in die Westbank zu gehen. Es waren acht medizinische Trips und viermal Lieferungen von medizinischen Geräten in den Gazastreifen. Hunderte von Patienten wurden untersucht und beraten und drei Operationen und zwei Schulungen durchgeführt, um Traumatisierte zu behandeln. 2009 erhielt PHRI nur für drei solcher Fahrten die Erlaubnis, in den Gazastreifen reinzukommen.

Zwischen Januar und Juni 2010 erhielten 5620 Palästinenser medizinische Versorgung durch die mobilen Kliniken. PHRI half 787 Palästinensern aus der Westbank und Gaza, eine Ausreisegenehmigung zu bekommen, um medizinische Behandlung außerhalb der besetzten Gebiete zu erhalten und half 454 Palästinensern in israelischen Krankenhäusern für die nötige medizinische Versorgung.

Die Gründerin, Preise und Netzwerk

Die Gründerin und Präsidentin von PHRI ist Dr. Ruchama Marton. In den späten 90er Jahren war sie besonders aktiv im Kampf gegen Folter palästinensischer Gefangener. Ihre Kampagne hatte 1999 ihren Höhepunkt, als der Oberste Gerichtshof Folter für illegal erklärte. In jenem Jahr erhielt sie und PHRI Israels höchsten Menschenrechtspreis, den Emil-Grünzweig-Preis für Menschenrechte. Dr. Marton und der Palästinenser Salah Haj Yehiya, der PHRI-Field Work Director erhielten 2002 den Jonathan-Mann-Preis.

PHRI ist ein Mitglied des Internationalen Bündnisses für Gesundheit und Menschenrechtsorganisationen. Sie werden von einer Reihe nationaler und internationaler Stiftungen und Gesellschaften finanziert.


Zitat von Dr. Ruchama Marton:
"Das Hauptanliegen der PHRI ist es, eher gegen die Übel menschlicher Haltung zu kämpfen, als gegen durch Bazillen und Viren verursachte Krankheiten."



Englischer Originaltext:
http://www.rightlivelihood.org/phri.html
Übersetzung ins Deutsche von Ellen Rohlfs



Der "Alternative Nobelpreis"

Der sogenannte "Alternative Nobelpreis" - offiziell "Right Livelihood Award" - ehrt Menschen und Initiativen, die Lösungen für die dringendsten Probleme unserer Zeit finden und erfolgreich umsetzen. Diese Menschen sollten die eigentlichen Stars unserer Zeit sein, doch stattdessen wird ihre Arbeit oft bekämpft, belächelt oder ignoriert. Der Right Livelihood Award unterstützt seine Preisträger und macht sie weltweit bekannt - damit wir nicht mit Problemen leben, die wir lösen können.


*


Quelle:
Right Livelihood Award Foundation
PO Box 15072, 104 65 Stockholm, Schweden
Telefon: 0046 8 702 03 40 oder 702 03 39, Fax: 0046 8 702 03 38
E-Mail: info(at)rightlivelihood.org
Internet: www.rightlivelihood.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Oktober 2010